Politik

Brasilien versinkt völlig im politischen Chaos

Lesezeit: 2 min
10.05.2016 00:06
Brasilien versinkt völlig im politischen Chaos: Der Senat hat sich gegen die Entscheidung der Übergangspräsidenten gestellt, der die Abstimmung gegen Dilma Rousseff anulliert hatte. Es ist völlig unklar, wie es jetzt weitergehen soll.
Brasilien versinkt völlig im politischen Chaos

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Streit um eine mögliche Amtsenthebung von Präsidentin Dilma Rousseff stürzt Brasilien immer tiefer ins Chaos: Am Montag legte zunächst der Übergangspräsident des Abgeordnetenhauses, Waldir Maranhao, das Verfahren zum Sturz der Staatschefin auf Eis. Wenige Stunden später erklärte dann aber Senatspräsident Renan Calheiros, dass das Verfahren wie geplant fortgesetzt werden solle. Er stellte sich damit offen gegen die Entscheidung Maranhaos.

Maranhao erklärte zunächst völlig überraschend die Mitte April im Abgeordnetenhaus erfolgte Zustimmung für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff für ungültig. Er ordnete zugleich eine Wiederholung der Beratungen und damit einen Neustart des gesamten Prozesses an. Zur Begründung bezeichnete er den bisherigen Prozess als „extrem irregulär“. Die Beratungen des Abgeordnetenhauses im April seien durch eine „Vorverurteilung“ der Präsidentin gekennzeichnet gewesen.

Bei der Abstimmung Mitte April hatten sich 367 Abgeordnete für die Amtsenthebung der Präsidentin ausgesprochen, 137 dagegen. Maranhao stimmte damals gegen die Amtsenthebung. Er übernahm am vergangenen Donnerstag die Leitung des Abgeordnetenhauses, nachdem der reguläre Kammerpräsident Eduardo Cunha vom Obersten Gerichtshof wegen Korruptionsvorwürfen des Amtes enthoben worden war.

Die Abgeordneten hatten vor drei Wochen mit Zweidrittelmehrheit die Übergabe des Amtsenthebungsverfahrens an den Senat beschlossen. Die Obere Kammer wollte am Mittwoch über die Suspendierung der Präsidentin für 180 Tage abstimmen. Binnen dieser Zeit sollten dann die Vorwürfe gegen Rousseff im Senat juristisch geprüft werden. Dabei geht es vor allem um Bilanztricks im Staatshaushalt. Vizepräsident Michel Temer (75) würde Rousseff an der Staatsspitze nachfolgen. Er ist Chef der Partei der demokratischen Bewegung (PMDB), die mit der Regierung gebrochen hat. Temer hatte zuvor einflussreiche US-Senatoren in Washington kontaktiert. Er erhofft sich eine Allianz. Die US-Konzerne wollen Einfluss auf den brasilianischen Öl-Sektor gewinnen. Rousseff lehnt dies strikt ab.

Maranhaos Entscheidung zur Annullierung des Abstimmungsergebnisses kam völlig überraschend. Das Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff sollte in dieser Woche eigentlich in seine entscheidende Phase gehen. Für Mittwoch ist eine Beratung der 81 Senatoren angesetzt, die Calheiros auch stattfinden lassen will. Er kündigte in einer Sondersitzung des Senats an, dass er die „absolut unangebrachte“ Anweisung von Maranhao „ignorieren“ werde. Der Präsident des Abgeordnetenhauses „spielt mit der Demokratie“, warnte Calheiros.

Der Showdown der beiden Politiker löste in Brasilien zunächst vor allem Konfusion aus. Es blieb vorerst unklar, ob die Senatsabstimmung am Mittwoch wirklich stattfinden wird. Spekuliert wurde unter anderem, ob der Oberste Gerichtshof einschreiten müsse.

Der brasilianischen Staatschefin wird Korruption im Zusammenhang mit dem Skandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras zur Last gelegt. Sie soll zudem Haushaltszahlen geschönt haben, um vor der Präsidentschaftswahl 2014 ihre Chancen zu verbessern. Die Politikerin der gemäßigt linken Arbeiterpartei (PT) sieht sich selbst als Opfer einer „Verschwörung“ und wirft ihren Gegnern einen „Putsch“ vor. In den Petrobras-Korruptionsskandal sind in eine Reihe weiterer Politiker verwickelt.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
18.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Politik
Politik G7-Gipfel auf Capri: Militärische Signale für Ukraine und Nahost
18.04.2024

Inmitten eskalierender Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten kommen die G7-Außenminister auf Capri zusammen, um gemeinsam Strategien...

DWN
Politik
Politik Russische Agenten in Bayern festgenommen: Sabotagepläne aufgedeckt
18.04.2024

Zwei Russland-Deutsche sollen für einen russischen Geheimdienst spioniert haben. Einer der beiden soll sich auch zur Durchführung von...

DWN
Politik
Politik Kampf am Himmel: Ukrainische Verteidiger unter Druck
18.04.2024

Die militärische Lage der Ukraine verschlechtert sich weiter. Es fehlen Mittel, Soldaten und Luftabwehrsysteme, um sich gegen neue...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Halving: Die nächste Evolutionsstufe im digitalen Geldsystem
18.04.2024

Am 20. April 2024 ist es wieder soweit: Das nächste Halving steht vor der Tür. Doch um was geht es bei diesem Event, auf das die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Wirtschaftsstandort Deutschland: 7 Maßnahmen, die den Wohlstand sichern
18.04.2024

Kein Wirtschaftswachstum, Fachkräftemangel, Bürokratie und hohe Energiekosten: Die deutsche Wirtschaft hat viele Baustellen. Im aktuellen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch verhandelt über Stellenabbau: Fokus auf Alternativen und Standortsicherung
18.04.2024

Bosch will massiv Stellen streichen, um im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dagegen gingen zuletzt Tausende...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldvermögen privater Haushalte hat einen neuen Höchststand erreicht
18.04.2024

Die gestiegenen Kurse an den Aktienmärkten und die erhöhten Sparzinsen haben zusammen dazu geführt, dass das Geldvermögen der deutschen...