Politik

Schock für die EU: Boris Johnson wird britischer Außenminister

Lesezeit: 1 min
13.07.2016 21:06
Die neue britische Premierministerin Theresa May ernennt den Brexit-Star Boris Johnson überraschend zum neuen Außenminister. Johnson kennt Brüssel aus seiner Zeit als Korrespondent und dürfte für die EU ein harter Verhandler werden.
Schock für die EU: Boris Johnson wird britischer Außenminister

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Brexit-Anchorman Boris Johnson wird neuer britischer Außenminister. Das teilte das Büro von Premierministerin Theresa May am Mittwoch mit. Johnsons Einsatz galt als entscheidend für den Erfolg der Brexit-Kampagne. Der ehemalige Londoner Bürgermeister selbst hatte sich überraschend nicht für den Posten des Regierungschefs beworben. Die ehemalige Innenministerin May steht seit Mittwoch an der Spitze der britischen Regierung.

Das Britische Pfund ging am Mittwochabend auf Talfahrt - allerdings nicht nur wegen der spektakulären Ernennung, sondern wohl vor allem wegen der erwarteten Zinssenkung der BoE:

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Johnson dürfte in den Verhandlungen eine wichtige Rolle spielen, auch wenn de Nachrichtenagentur Reuters bereits unmittelbar nach seiner Ernennung zu verkünden wusste, dass Johnson nicht wichtig sei und „nur eine geringe Rolle spielen“ soll. Reuters geht offenbar davon aus, dass die Hauptverantwortung beim neuen Brexit-Beauftragten liegen wird: David Davis soll den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union organisieren. Premierministerin Theresa May hat ihm das neu geschaffene Brexit-Ministerium übertragen. Davis hatte im Wahlkampf die EU vor allem kritisiert, wie sie wirtschaftlich nicht erfolgreich und undemokratisch sei. Vor allem die unterschiedlichen Ziele zwischen der Euro-Zone und den Nicht-Euro-Ländern seien struktureller Art und nicht durch Reformen zu überwinden.

Johnson wird in jedem Fall eine zentrale Rolle spielen: Dem Außenminister untersteht der Geheimdienst MI6, der in den kriegerischen Aktivitäten des Vereinigten Königreichs eine zentrale Rolle spielt. Viele Medien hatten sich in den vergangenen Tagen Gedanken über die Intrige gemacht, mit der Johnson angeblich aus dem Weg geräumt worden sein soll. Seine Ernennung lässt die Entwicklungen der Tage nach dem Referendum eher wie ein ziemlich gut abgekartetes Spiel erscheinen.

Johnson, der mit vollem Namen Alexander Boris de Pfeffel Johnson heißt und von seiner Familie immer noch „Al“ genannt wird, wurde in New York geboren und war bis vor kurzem amerikanischer Staatsbürger. Er hat, wie die BBC berichtete, türkische Vorfahren: Sein Urgroßvater Ali Kemal war kurzzeitig Innenminister im Kabinett von Ahmed Tevfik Pasha, dem Großwesir des Ottomanischen Reichs. Johnson konnte seine Kenntnisse der Türkei nutzen: Im Zug der Böhmermann-Affäre gewann er den ersten Preis für das aggressivste Gedicht gegen Erdogan.

Seine außenpolitische Unberechenbarkeit bereitet schon manchem Transatlantiker Kopfzerbrechen: So alteriert sich das US-Magazin Politico in einem seiner Newsletter über einen Artikel von Johnson, in dem er den syrischen Präsidenten für die Rettung von Palmyra lobte. Johnson ist allerdings sicher keine Taube, er wird auch auf den geopolitischen Einsatz von MI6 nicht verzichten. Immerhin: Er nimmt sich kein Blatt vor den Mund, wie sein beißender Spott zeigt, mit dem er vor Jahren seine Unterstützung für Hillary Clinton bekanntgegeben hatte. Er wolle Clinton unbedingt, weil er Bill Clinton wieder im Weißen Haus sehen wolle – und sei es auch nur, wie dieser als „First Husband“ seiner Frau den Tee serviert. 

Sein Vater bekam – Ironie der Geschichte – einen Job bei der EU-Kommission, weshalb Johnson einen wichtigen Teil seiner Kindheit in Brüssel verbrachte. Er arbeitete später als Journalist, wo er seine Lust an der Übertreibung nicht immer in Griff hatte: Die Times feuerte ihn, weil er ein Zitat erfunden hatte. 

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Tatsächlich kennt Johnson Brüssel aus seiner Zeit als Journalist. Er war Korrespondent des Daily Telegraph und kennt die EU-Interna daher gut. Vor allem wird er diplomatisch eine zentrale Rolle spielen: Bis zum offiziellen EU-Austritt Großbritanniens ist Johnson im Ministerrat und kann faktisch mit seiner Stimme jede Entscheidung blockieren, die nicht im nationalen Interesse Großbritanniens ist. In der Brexit-Debatte sagte er den Untergang voraus, weil sich Großreiche in Europa in der Geschichte noch nie lange gehalten hätten. 

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der bisherige Außenminister Philip Hammond übernimmt das Finanzressort von George Obsborne. Hammond will der heimischen Finanzbranche trotz des Brexit-Votums den Zugang zum EU-Binnenmarkt erhalten. Er befürchtet, dass andernfalls viele Finanzunternehmen in andere europäische Städte abwandern könnten. Osborne war einer der engsten Vertrauten des ehemaligen Premierministers David Cameron, der nach dem verlorenen Brexit-Referendum sein Amt niedergelegt hatte.

Energieministerin Amber Rudd wird Innenministerin. Das teilte das Büro der Premierministerin mit. Verteidigungsminister Michael Fallon behält sein Amt.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Finanzen
Finanzen Der große Schuldenerlass wirft seinen Schatten voraus
05.06.2023

Angesichts stark steigender Schulden erwarten einige Analysten einen großen Schuldenerlass. Möglich sei, dass dieser global ausfällt....

DWN
Politik
Politik Hat von der Leyen Bulgarien Euro- Beitritt unter „Umgehung der Regeln“ in Aussicht gestellt?
05.06.2023

Ein angebliches Telefonat sorgt in Bulgarien für erhebliche politische Unruhe. Dabei soll EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jeder sechste Industriebetrieb verlagert Jobs und Produktion ins Ausland
05.06.2023

Der Industrieverband BDI schlägt Alarm: Jedes sechste Industrieunternehmen will Jobs und Produktion aus Deutschland abziehen. Die Politik...

DWN
Panorama
Panorama US-Kampfjets fangen Flugzeug nahe Washington D.C. ab
05.06.2023

Ein Kleinflugzeug nähert sich der US-Hauptstadt. Der Pilot reagiert nicht auf Ansprachen. Auch nicht auf Leuchtraketen. Kampfjets des...

DWN
Politik
Politik Grüne Planwirtschaft: Energie-Effizienz-Gesetz wird zum „Wachstumskiller“
05.06.2023

Das Ifo-Institut sieht durch das neue Energie-Effizienz-Gesetz eine Art Wirtschafts-Schrumpfungsprogramm auf uns zurollen. Das eigentliche...

DWN
Unternehmen
Unternehmen EU-Data-Act: Innovativ und souverän oder eher schädlich?
05.06.2023

Kleinen und mittelständischen Unternehmen werden laut Bestrebungen der EU-Kommission durch den Data Act bessere Wettbewerbsbedingungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Aufträge für deutsche Maschinenbauer brechen ein
05.06.2023

Deutsche Maschinenbauer haben mit einer anhaltend schlechten Auftragslage zu kämpfen. Nach einer leichten Erholung im Vormonat gab es im...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unternehmen können sich bald für „Klimaschutzverträge“ bewerben
05.06.2023

Mit sogenannten „Klimaschutzverträgen“ will Wirtschaftsminister Habeck Unternehmen subventionieren, die auf eine klimafreundliche,...