Politik

Chaos bei EU-Gipfel: Wallonen verweigern Zustimmung zu CETA

Die Wallonen haben den EU-Gipfel ins Chaos gestürzt: Auch nach heftigem Drängen lehnen sie es ab, dem CETA-Abkommen zuzustimmen. Nun wollen die Wallonen mit der kanadischen Handelsministerin direkt sprechen.
21.10.2016 01:54
Lesezeit: 1 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Streit um den Handelspakt Ceta überschattet den EU-Gipfel in Brüssel. Die belgische Region Wallonie erneuerte am Donnerstagabend ihre Ablehnung, obwohl die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten Kompromisse angeboten hatten. Damit ist das Abkommen der EU mit Kanada, das eigentlich schon nächste Woche unterzeichnet werden soll, fürs erste weiter blockiert. EU-Ratspräsident Donald Tusk fürchtet um die Glaubwürdigkeit der Gemeinschaft.

Während die 28 Staats- und Regierungschefs tagten, eskalierte laut dpa am Rande des Treffens der scheinbar endlose Streit um den Freihandelspakt Ceta. Die belgische Region Wallonie hatte Nachbesserungen gefordert und hat vorige Woche ihr Veto gegen eine Unterschrift Belgiens eingelegt.

Die EU-Kommission vermittelte einen Kompromiss, wonach in der ohnehin geplanten Zusatzerklärung zum Abkommen weitere Punkte aufgenommen werden sollten. Darunter waren Zusicherungen für die Landwirtschaft, für die belgische Krankenversicherung und für Umwelt- und Sozialstandards, wie Diplomaten berichteten. Die anderen EU-Länder wollten demnach den Kompromiss mittragen.

Doch kam am späten Donnerstagabend die Absage aus der Wallonie. Regionalregierungschef Paul Magnette sagte nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Belga zwar, es habe echte Fortschritte gegeben, aber nicht genügend. Allerdings sehe er weitere Verhandlungsspielräume mit Kanada, das in manchen Punkten flexibler sei als die europäischen Instanzen. Freitagfrüh soll Magnette mit Abgeordneten der Wallonie zusammentreffen. Zudem will er direkt mit der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland sprechen.

Ohne das Einverständnis der 3,6 Millionen Einwohner zählenden Wallonie muss die belgische Föderalregierung ihre Zustimmung zum Abkommen verweigern. Dies könnte letztlich das Aus für Ceta bedeuten, da es von allen 28 EU-Staaten unterzeichnet werden muss.

Mit den neuen Zusatzdokumenten hatte die EU-Kommission noch einmal deutlich machen wollen, dass die Wallonie durch das Abkommen keine Nachteile fürchten müsse. Für den Haupttext wurde nach Angaben aus Verhandlungskreisen die ursprünglich geplante Erklärung zu Bereichen wie Umwelt-, Daten und Beschäftigungsschutz überarbeitet. Sie sollte zudem nicht mehr «Gemeinsame Zusatzerklärung» sondern «Gemeinsames Auslegungsinstrument» genannt werden, um die «Rechtskraft» zu stärken.

In separaten Dokumenten sollten Sorgen der Wallonen vor Hormonfleisch, gentechnisch veränderten Lebensmitteln und einer zu starken Reglementierung der öffentlichen Auftragvergabe ausgeräumt werden.

Der belgische Premierminister Charles Michel wollte sich nicht zu den Erfolgsaussichten der Verhandlungen mit der Regionalregierung der Wallonie äußern. «Wir nähern uns dem Moment der Wahrheit», sagte er.

Ob und in welcher Form weiterverhandelt wird, blieb zunächst unklar. Regierungschef Magnette erklärte, zunächst direkt mit der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland sprechen zu wollen. Die Staats- und Regierungschefs warnte er davor, ihn und die Ceta-Kritiker im französischsprachigen Teil Belgiens unter Zeitdruck zu setzen. «Das wird nicht funktionieren», sagte er.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Daimler Truck-Aktie trotz Prognosesenkung an DAX-Spitze: Lkw-Bauer wehrt sich erfolgreich gegen US-Zölle
14.05.2025

Die Daimler Truck-Aktie trotzt schlechten Nachrichten, überrascht Anleger – doch bleibt der Aufwärtstrend stabil? Zwischen US-Zöllen,...

DWN
Politik
Politik Trumps Arznei-Schock: USA wollen Europas Medikamentenpreise diktieren
14.05.2025

US-Präsident Donald Trump kündigt einen Preissturz bei Arzneimitteln um bis zu 90 Prozent an – doch der Widerstand wächst, auch aus...

DWN
Politik
Politik Regierungserklärung: Merz ruft zum gemeinsamen Aufbruch auf – "Der Staat, das sind wir alle"
14.05.2025

Die erste Merz-Regierungserklärung verspricht klare Antworten auf große Herausforderungen. Doch wie viel Wandel steckt wirklich hinter...

DWN
Politik
Politik Zollschock für Ukraine – EU will Agrarimporte drastisch begrenzen
14.05.2025

Ausgerechnet mitten im Krieg plant Brüssel drastische Zollgrenzen für ukrainische Agrarprodukte – ein Signal der Schwäche, das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Preisdruck lässt nach: Inflation schwächt sich im April auf 2,1 Prozent ab
14.05.2025

Die Inflation in Deutschland hat im zweiten Monat nacheinander an Dynamik verloren. Dahinter steckt vor allem ein Faktor. Im Alltag fällt...

DWN
Finanzen
Finanzen Schenkung statt Erbe: Steuern sparen durch die Nutzung der Freibeträge
14.05.2025

Nicht erst beim Erbe kann man Vermögen innerhalb der Familie übertragen. Oft ist es sinnvoll, bereits Vermögenswerte zu Lebzeiten an...

DWN
Finanzen
Finanzen Tui-Aktie verliert deutlich nach Quartalszahlen - wie geht's weiter beim Reisekonzern?
14.05.2025

Die Tui-Aktie ist nach Veröffentlichung der Zahlen für das zweite Geschäftsquartal deutlich unter Druck geraten. Am Mittwochmorgen...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Unklare Details vor Friedensgesprächen in Istanbul
14.05.2025

Kurz vor dem geplanten Dialog zur Lösung des Ukraine-Kriegs bleibt unklar, in welchem Rahmen die Friedensgespräche in Istanbul...