Politik

Bundesregierung zögert bei Sanktionen gegen die Türkei

Grüne und Linke fordern Sanktionen gegen die Türkei. Die Bundesregierung zögert.
08.11.2016 01:33
Lesezeit: 1 min

Die Bundesregierung hat für einen differenzierten Umgang mit der Türkei geworben. Die Verhaftung von Oppositionellen und die Einschränkung der Pressefreiheit müssten deutlich kritisiert werden, sagte Innenminister Thomas de Maiziere am Montagabend in Berlin auf dem Deutschland-Kongress der Union zur inneren und äußeren Sicherheit. Aber gleichzeitig sei die Türkei ein wichtiger Partner im Antiterrorkampf. "Ein differenzierter Blick unter Wahrung unserer Interessen ist der richtige Weg", sagte der CDU-Politiker. Zuvor hatte sich Regierungssprecher Steffen Seibert gegen den Vorstoß von Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn ausgesprochen, dass die EU nun Sanktionen gegen die Türkei erwägen sollte. "Das ist ein absolutes Druckmittel, und in einem gewissen Moment kommen wir auch nicht daran vorbei, dieses Druckmittel einzusetzen", hatte Asselborn im Deutschlandfunk gefordert. Er erhielt Unterstützung von Politikern von Grünen und Linkspartei.

Nötig sei jetzt eine "klare und gemeinsame europäische Haltung" zur Türkei, sagte Regierungssprecher Seibert. "Dafür ist es richtig, Gesprächskanäle offenzuhalten." Innenminister de Maiziere sagte, dass die Türkei etwa mithelfe, deutsche IS-Kämpfer auf dem Weg nach Syrien oder nach der Rückkehr zu melden. Dies könnte allerdings besser funktionieren. Er betonte, dass die Kurdische Arbeiterpartei PKK auch in Deutschland verboten sei. Seibert hatte gesagt, die Bundesregierung habe schon wegen der rund drei Millionen türkischstämmigen Menschen in Deutschland kein Interessen an einer Eskalation zwischen Kurden und Türken.

Tatsächlich könnten die Überlegungen der Bundesregierung aber die Intentionen der Türkei im Hinblick auf die Flüchtlinge aus der Türkei falsch einschätzen: Die Türkei hat offenkundig keine Absichten, insbesondere die Flüchtlinge aus Syrien nach Europa zu schicken. Die Zuwanderer könnten in den Arbeitsmarkt integriert werden. Das könnte dazu führen, dass die Flüchtlinge und Migranten aus anderen Teilen der Welt nicht mehr über die Türkei einreisen, sondern über das Mittelmeer in die EU kommen. Schon jetzt meldet Italien einen deutlichen Anstieg der Flüchtlinge.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Dieter Janecek, sagte, die Androhung von Sanktionen sei "das Stoppschild, das Erdogan jetzt braucht". Ebenfalls im Handelsblatt sagte die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen, es müsse gezielte Sanktionen gegen Erdogan und sein Umfeld geben. Allgemeine Sanktionen würden die Bevölkerung treffen. Grünen-Chefin Simone Peter bekräftigte, die Bundeswehr müsse vom türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik abgezogen werden. Zudem solle das Flüchtlingsabkommen zwischen der Türkei und der EU aufgekündigt werden.

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