Politik

CIA räumt erstmals US-Verantwortung in Syrien-Krieg ein

Die CIA räumt ein, in Syrien eine militärische Rolle gespielt zu haben. Sie tritt offenbar den Rückzug an, um nicht mit jüngst von den Russen entdeckten Gräueltaten in Verbindung gebracht zu werden.
26.12.2016 19:15
Lesezeit: 3 min

CIA-Direktor John Brennan hat erstmals eingeräumt, dass die CIA direkt in die Kämpfe in Syrien verwickelt sei: Er sagte dem Sender NPR, dass er "einige Verantwortung für das grausame Blutvergießen im Krieg um Syrien verspürt": "Wir würden gerne sagen, dass wir den Unterschied hätten ausmachen können, in einer Weise, die verhindert hätte, dass sich die Situation so entwickelt. Man kann sich nicht emotional und mental von diesen Situationen verabschieden, in denen man eine Rolle gespielt hat."

Die meisten der in Syrien kämpfenden internationalen und islamistischen Söldner werden entweder von den mit dem Westen Verbündeten Golfstaaten oder westlichen Geheimdiensten direkt unterstützt. Die CIA hatte unmittelbar vor der US-Wahl in Erwägung gezogen, die syrischen Flughäfen mit verdeckten Operationen anzugreifen.

Brennan sagte NPR, dass er nicht glaube, dass mit dem Ende der Belagerung von Aleppo durch die Söldner die Gewalt in Syrien beendet sei: "Der Fall von Aleppo ist für mich kein Zeichen dafür, dass es ein Ende dieses Konfliktes gibt. Ich bin überzeugt, dass viele, viele dieser Oppositionellen weiter kämpfen werden, und zwar jene, die ihr Land für ihre Familien, ihre Nachbaren und und Kinder zurückgewinnen wollen und daher weiterkämpfen werden."#

Diese Aussage ist eine klassische Desinformation: Der Krieg in Syrien wurde, wie der indische Botschafter in einem eindrucksvollen Bericht erklärt hatte, von außen angezettelt. Die "Oppositionellen" oder "Rebellen" sind in der Regel genau jene Gruppen, die von ausländischen Staaten nach Syrien geschickt wurden.

Unklar ist, ob die CIA weiter eine aktive Rolle an der Seite der islamistischen und internationalen Söldner spielen kann: Der designierte US-Präsindet Donald Trump hatte angekündigt, den syrischen Präsidenten im Kampf gegen den IS als Verbündeten zu betrachten. Die scheinbare "Reue" von Brennan dürfte auch damit in Zusammenhang stehen, dass die US-Regierung den Kurs der CIA in Syrien nicht so fortsetzen wird wie bisher.

Schon Barack Obama hatte vor zwei Jahren eingeräumt, dass das Konzept der Söldner-Kriege gescheitert sei. Obama hatte jedoch nicht die Stärke, diese Erkenntnis in politische Taten umzusetzen.

Einer der Gründe für den verbalen Rückzug der CIA liegt in der Tatsache, dass die Geheimdienste und Militärführungen nach der Niederlage bei Aleppo versuchen müssen, ihre Söldner aus dem Kampfgebiet zu holen. Sie müssen auch damit rechnen, dass das Wirken der Söldner nun ans Licht der Öffentlichkeit kommt - und es ist alles andere als ruhmreich: Nach der vollständigen Eroberung von Aleppo haben Moskau und Damaskus den aus dem Ostteil der syrischen Stadt vertriebenen Söldner Gräueltaten an der Zivilbevölkerung vorgeworfen. Es seien "mehrere Massengräber mit dutzenden Leichen" entdeckt worden, erklärte am Montag das russische Verteidigungsministerium. Moskau kündigte zudem eine noch stärkere Kooperation mit dem Iran an - beide Länder unterstützen in Syrien Staatschef Baschar al-Assad.

Zu den entdeckten Massengräbern sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, Igor Konaschenkow, die Menschen seien "grausam gefoltert und hingerichtet" worden. Es müssten nun genaue Untersuchungen folgen. Diese würden aber mit Sicherheit dazu führen, dass der Westen "seine Verantwortung für die Grausamkeiten" der syrischen Rebellen anerkennen müsse. Konaschenkow sagte laut Independent, der von einem "Massaker" schreibt, dass die Verbrechen der Söldner in Syrien öffentlich gemacht werden müssen, „damit europäische Beschützer der sogenannten Oppositionellen in London und Paris gut begreifen, wer tatsächlich ihre Schützlinge sind und damit sie ihre Verantwortlichkeit für die Gräueltaten der Opposition begreifen können.“

Die amtliche syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete, dass die Rebellen bei ihrem Rückzug aus Ost-Aleppo mindestens 21 Zivilisten getötet hätten. Die Leichen der Opfer, unter ihnen mindestens fünf Kinder und vier Frauen, seien in Gefängnissen der inzwischen vertriebenen "Terrorgruppen" entdeckt worden, zitierte Sana den leitenden Gerichtsmediziner in Aleppo, Saher Hadscho. Sie seien "durch Schüsse aus sehr kurzer Distanz hingerichtet" worden.

Die den Muslimbrüdern nahestehende "Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte" erklärte, dass mehrere Leichen auf den Straßen Ost-Aleppos gefunden worden seien. Sie konnte aber keine Angaben darüber machen, wie die Menschen zu Tode kamen. Diese Quelle ist mit Vorsicht zu genießen, weil es sich im wesentlichen um einen Ein-Mann-Betrieb in Coventry handelt, dessen Hintergründe weitgehend unbekannt sind.

Die syrischen Regierungstruppen hatten am Donnerstag nach wochenlangen Kämpfen mit russischer Unterstützung Aleppo wieder komplett unter Kontrolle gebracht. Auch ihnen werden Gräueltaten zur Last gelegt. Nach UN-Angaben hatten sie in den Tagen vor der Rückeroberung des Ostteils der Stadt mindestens 82 Zivilisten getötet. Die Opfer seien regelrecht hingerichtet worden.

"Der Sieg der syrischen Armee sendet die Botschaft, dass die Terroristen ihre Ziele nicht erreichen können", sagte der iranische Präsident Hassan Ruhani nach Angaben iranischer Staatsmedien am Samstagabend in einem Telefonat mit dem Kreml-Chef.

Moskau und Teheran sind Verbündete des syrischen Staatschefs Assad und bezeichnen alle Rebellen in Syrien als "Terroristen". Die Kooperation zwischen Russland und dem Iran in Syrien werde fortgesetzt, sagte Putin. Er und Ruhani kündigten Friedensgespräche für Syrien an, die in Kasachstan stattfinden sollen. Einzelheiten nannten sie nicht.

Neben Russland fliegt auch eine US-geführte Militärkoalition Luftangriffe in Syrien. Deren Einsatz forderte nun die Türkei auch bei den Gefechten um die Stadt Al-Bab im Norden des Landes. "Die internationale Koalition muss ihrer Verantwortung nachkommen, vor allem durch Luftangriffe", sagte am Montag der Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Die Türkei führt seit Ende August zusammen mit syrischen Rebellen eine Offensive gegen den IS in Nordsyrien. Die von Ankara unterstützten Kämpfer eroberten mehrere Ortschaften. In Al-Bab, das etwa 25 Kilometer von der türkisch-syrischen Grenze entfernt liegt, leisten IS-Kämpfer aber erbitterten Widerstand, mehrere türkische Soldaten wurden getötet.

Am Sonntag verstärkte Ankara den Truppenaufmarsch an der Grenze zu Syrien - offenbar mit Blick auf die Gefechte um Al-Bab. Zudem warf die türkische Armee den IS-Kämpfern vor, mindestens 30 Zivilisten bei dem Versuch getötet zu haben, aus der Stadt zu fliehen.

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