Politik

Analysten: Pentagon wird Katar nicht fallenlassen

Analysten gehen davon aus, dass die US-Regierung Katar in der Krise stützen werde. Das Land beherbergt einen wichtigen US-Militärstützpunkt.
08.06.2017 22:46
Lesezeit: 3 min

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Der saudisch-amerikanische Analyst und Gründer des in Washington ansässigen Institute for Gulf Affairs (IGA), Ali Abbas al-Ahmed, ist der Ansicht, dass Saudi-Arabien eine Invasion Katars vorbereite. "Ich habe Berichte über saudische Militärbewegungen in der Nähe der Katarischen Grenze erhalten. Die Saudis bereiten sich vor", zitiert die Zeitung Türkiye al-Ahmed.

Al-Ahmed wörtlich: "Checken sie die Häufigkeit der Bombenanschläge im Jemen (…) Ein Schlüsselhinweis wird eine Beendigung oder eine größere Verringerung der Zahl der saudischen Luftangriffe sein, die gegen die Rebellenkräfte im Jemen ausgeführt werden. (Anm.d.Red. Wenn die Luftangriffe im Jemen zurückgehen), würde dies darauf hindeuten, dass die Saudis ihre Truppen für ein plötzliches Vorgehen gegen Katar mobilisieren."

Der Analyst ist der Meinung, dass vor allem US-Präsident Donald Trump und sein Außenminister Rex Tillerson eine Invasion Katars billigen würden. Trump und Tillerson hätten sehr enge und gute Beziehungen zur saudischen Königsfamilie. "Die Saudis haben zwei Ziele: Erstens wollen sie Katar in eine unterwürfige Beziehung zu drängen, die mit Sklavenarbeit vergleichbar ist. Es gibt keine halben Maßnahmen. Zweitens haben es die Saudis auf die massiven Bargeldreserven der Kataris abgesehen. Sie wollen die Bargeldreserven einkassieren (...) Die Saudis brauchen unbedingt finanzielle Mittel. Trump hat neue finanzielle Forderungen an sie gestellt. Sie werden bald kein Geld mehr haben. Aufgrund dieser Verpflichtungen sind sie auf Bargeld-Spritzen angewiesen", so al-Ahmed.

Der syrisch-türkische Analyst Hüsnü Mahalli sagte dem türkischen Sender Halk TV bereits kurz nach Ausbruch der Krise zwischen Riad und Doha, dass Saudi-Arabien Katar unter allen Umständen kontrollieren möchte. "Es gibt kein Land mehr, das Katar heißt. Sie werden Katar versklaven", so der Nahost-Analyst.

Marwa Maziad, Nahost-Expertin an der George Washington University, geht ebenfalls von einer Kriegsgefahr aus. "Entweder Katar macht Zugeständnisse, um diesen Riss zu umgehen, oder die Situation eskaliert", sagte sie den Financial Times.

Am Dienstag hatte das Pentagon als Reaktion auf die Aussage von US-Präsident Donald Trump, wonach er die Schritte von Saudi-Arabien gegen Katar unterstützt und das Emirat als einen Förderer des Extremismus einstuft, die Wichtigkeit Katars für die USA unterstrichen. Das Pentagon bedankte sich beim Emirat für sein "dauerhaftes Engagement für die regionale Sicherheit", berichtet der englischsprachige Dienst von Reuters. Auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Al Udeid in Katar sind mehr als 11.000 US-Soldaten stationiert. Zudem befinden sich dort mehr als 100 Kampfjets. Etwa 1.000 der US-Soldaten in Al Udeid arbeiten in einem Luftverkehrszentrum. Sie beaufsichtigen die militärischen Missionen im Irak, Afghanistan und Syrien. Nach Angaben des Pentagon-Sprechers Jeff Davis gebe es keine Pläne, die US-Truppen aus Katar abzuziehen.

Nach der Stellungnahme des Pentagons änderte Trump am Mittwoch seinen Ton gegenüber Katar. Er bot dem Emir von Katar in der diplomatischen Krise seine Unterstützung an. Der Präsident habe in einem Telefongespräch mit Tamim bin Hamad al-Thani betont, dass die Zusammenarbeit aller Staaten in der Region im Kampf gegen Terror wichtig sei, teilte das US-Präsidialamt am Mittwoch mit. Trump habe ein Treffen im Weißen Haus vorgeschlagen, um die Krise zu lösen.

Auf Nachfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten, ob es eine saudische Invasionsgefahr Katars gibt, sagte der deutsche Nahost-Experte Andreas Krieg vom King's College London, der an der Ausbildung von britischen Offizieren an der UK Defence Academy mitwirkt: "Nein. Mit den beiden wichtigsten Beratern des US Präsidenten auf der Seite Katars  - aus pragmatischen Gründen - kann es nicht zu einer Invasion kommen. Es macht auch militärisch keinen Sinn. Man würde nur mehr eskalieren ohne mehr zu erreichen. Der Druck ist momentan groß genug. Bei den beiden Unterstützer Katars handelt es sich um US-Verteidigungsminister James Mattis und um den nationalen Sicherheitsberater H.R. McMaster."

Der Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Katar hatte mit einem Terrorismusvorwurf Riads gegen Doha begonnen. Die Saudis werfen den Kataris Unterstützung für die ägyptische Muslimbruderschaft vor, die auch in anderen nahöstlichen Staaten vertreten ist.

Dazu sagte Krieg: "Katar unterstützt nicht die Muslimbruderschaft per se, beherbergt aber führende Mitglieder der Muslimbruderschaft, die Katar als Plattform nutzen um in ihren jeweiligen Ländern Einfluß zu erlangen und auszuüben. In Doha lebt beispielsweise der ägyptische Geistliche Yusuf al Qardawi, dem Katar Unterschlupf gewährt hat. Al Qardawi ist einer der bekanntesten Geistlichen in der arabischen Welt und gehört der Muslimbruderschaft an. Falls Katar Al Qardawi ausweisen müsste, würde der Geistliche höchstwahrscheinlich in der Türkei Unterschlupf finden. Es besteht die Option, dass auch weitere führende Muslimbrüder in die Türkei flüchten. Die türkische AKP-Regierung und das Emirat Katar galten bisher als die vehementesten Unterstützer der Muslimbruderschaft im Nahen Osten. Die nahöstliche Außenpolitik der Türkei und Katars ist nahezu identisch."

Allerdings können sich Riad und die anderen Golf-Staaten keine direkte Konfrontation mit der Türkei leisten. Krieg meint: "Ich gehe davon aus, dass Saudi-Arabien, die VAE und weitere Staaten gegen die Türkei nicht denselben Druck aufbauen können wie gegen Katar. Dazu hat die Türkei viel zu enge Handelsbeziehungen mit all diesen Staaten und ist weitaus stärker. Grundsätzlich ist zu beobachten, dass der Einfluss der Türkei und Katars im Nahen Osten zurückgeht. Während der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im Verlauf des Arabischen Frühlings relativ populäre war bei den arabischen Massen, ist dem aktuell nicht mehr so."

Es sei fraglich, ob die Muslimbruderschaft wirklich als Terrororganisation einzustufen sei. Krieg sagt dazu: "Wenn man die Muslimbruderschaft als Terrororganisation einstufen möchte, stellt sich die Frage nach der Definition von Terror. Innerhalb der Muslimbruderschaft gibt es zwei Strömungen. Die eine Strömung befürwortet Gewalt und die anderen ist für Gewaltverzicht und unterstützt politische Überzeugungsarbeit. Wichtig ist zu verstehen, dass es einen großen Unterschied zwischen den regulären Islamisten und ISIS und Al-Qaida gibt."

 

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