Politik

EU-Konservative wollen Ablösung der Regierung in Griechenland

Lesezeit: 2 min
22.06.2017 01:49
Die Bundesregierung ist prinzipiell zu einem Schuldenschnitt in Griechenland bereit. Bedingung dafür soll sein, dass die Griechen ihre linke Regierung abwählen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Bundesregierung scheint sich einen Schuldenschnitt für Griechenland prinzipiell vorstellen zu können. Dies geht aus der Wortmeldung des deutschen Fraktionsvorsitzenden der konservativen Parteien im Europaparlament, Manfred Weber, hervor. Weber stößt damit in dasselbe Horn wie die Bundesregierung, die die Entwicklung der Euro-Zone hin zu einer Transfer-Union für denkbar hält. Bereits in den vergangenen Wochen hatte Bundesfinanzminister Schäuble angekündigt, sich einen Kurswechsel vorstellen zu können. 

Geknüpft sei ein Schuldenerlass jedoch an einen Regierungswechsel in Athen, sagte Weber in einem Interview mit dem Magazin Politico. Mit dem indirekten Aufruf an die Griechen, die Syriza-Partei von Premierminister Alexis Tsipras abzuwählen, mischt sich die Bundesregierung direkt in die innenpolitischen Verhältnisse Griechenlands ein.

„Alle Fragen zu Schuldenerleichterungen hängen eng zusammen mit dem Vertrauen in die griechische Regierung“, sagte Weber zu Florian Eder von Politico. „Es hat einen massiven Vertrauensverlust gegeben in einer ganzen Reihe von Fällen. Deswegen gibt es derzeit kaum eine Alternative, als Griechenland an der kurzen Leine zu halten. Wenn wir hier eine andere Regierung bekommen und neues Vertrauen entsteht, muss man darüber immer wieder neu nachdenken“, sagte Weber.

Eine weitere Front gegen Griechenland machte der FDP-Vorsitzende Patrick Lindner auf. Er forderte bei Politico, dass das Land zeitweise aus dem Euro austreten solle. Mit Blick auf das jüngste Übereinkommen zu Kredithilfen sagte Lindner: „Es gibt keine Lösung und keinen echten Fortschritt. Es gibt einen Deal, um über die deutsche Bundestagswahl zu kommen. Es ist eine Missachtung unseres Parlaments, dass der Deutsche Bundestag dazu nicht erneut befragt wird. Die jetzigen Auszahlungen entsprechen nicht den Bedingungen, die der Bundestag vor zwei Jahren in seinem Entschluss getroffen hat, unter anderem zur Frage, ob sich der Internationale Währungsfonds (IWF) mit Kapital beteiligt.

Wenn Griechenland seine Schulden nicht tragen kann, wie der IWF sagt, dann muss man sich unabhängig von Wahlen ehrlich machen. Ein Schuldenschnitt muss verbunden werden mit einem zumindest zeitweiligen Verlassen der Eurozone. Eine eigene Währung für Griechenland ist mit Risiken verbunden, aber zugleich ein chancenreicher Strategiewechsel für Athen.“

Lindner zufolge sind die neuesten Geldzahlungen an Griechenland nur pro forma Kredite und in Wahrheit Subventionen, da sie nie mehr zurückgezahlt werden. „Die Idee ist also: Griechenland verlässt den Euro, aber bleibt weiter in der EU und erhält weiter Unterstützung aus Brüssel. Diese Summen sind dann aber nicht mehr als Kredit getarnt, der irgendwann zurückgezahlt werden muss. Sie sind Subventionen, die nicht zurückgezahlt werden müssen, die aber eine Zweckbindung für Investitionen in Infrastruktur, Mittelstand und die Modernisierung des Staates haben.“

Während Webers Aussagen den Druck auf die von der Bundesregierung von jeher abgelehnte linke Syriza-Regierung in Athen erhöhen soll, zielen Lindners Vorschläge primär auf potentielle Wähler der FDP im Vorfeld der Bundestagswahl ab. Diese sollen offenbar durch die demonstrierte harte Haltung in Fragen des Euro und der Umverteilung in Europa für die Partei mobilisiert werden. Bisher hat die FDP allerdings alle Euro-Beschlüsse der Bundesregierung mitgetragen. Es ist daher nicht klar, ob es sich um einen Kurswechsel oder um reine Wahltaktik handelt.

Die Euro-Finanzminister hatten am vergangenen Donnerstag den Weg für weitere Kredite und eine prinzipielle Mitwirkung des Internationalen Währungsfonds freigemacht. Die Eurogruppe einigte sich in Luxemburg darauf, dass die Regierung in Athen zusätzlich 8,5 Milliarden Euro aus dem bis zu 86 Milliarden schweren Kreditprogramm erhalten soll. Die Bundesregierung und der Internationale Währungsfonds streiten seit Monaten darüber, ob Griechenland ein Schuldenschnitt gewährt werden soll. Der IWF ist nicht an Bord, sondern will sich die Entwicklung aus der Ferne ansehen, ohne sich offiziell aus dem Vorgang zu verabschieden.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brain Drain in Deutschland? 20 Prozent der Studenten wollen nach Abschluss auswandern
25.12.2024

Laut einer Umfrage sehen viele Studenten bessere berufliche Chancen im Ausland. Auch die Zahl der deutschen Auswanderer war zuletzt hoch....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Arbeitsmarkt: „Null-Bock-Tage“ im Job? Auszeiten im Arbeitsalltag – ein Arbeitsmodell für Deutschland?
24.12.2024

Der Krankenstand in Deutschland bleibt weiterhin auf einem hohen Niveau. Und das nicht ohne Grund: „Einfach mal durchatmen“ ist für...

DWN
Politik
Politik Wahlen in Deutschland: Anteil von Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund steigt
24.12.2024

Viele Menschen mit Migrationshintergrund sind wahlberechtigt. Diese Zahl steigt stetig und wird das Land in Zukunft entscheidend...

DWN
Technologie
Technologie Kirche und Künstliche Intelligenz: KI-Jesus im Beichtstuhl verblüfft Kirchenobere
24.12.2024

Avatar direkt in der Kirche: Eine Schweizer Kirche hat in diesem Jahr mit künstlicher Intelligenz einen sprechenden Jesus kreiert, der in...

DWN
Panorama
Panorama Inklusion im Fußball: Wie Manchester United mit Pflegeprodukten für Männer vorangeht
24.12.2024

Manchester United setzt mit der Einführung von Pflegeprodukten für Männer mit Blasenschwäche ein wichtiges Signal für Inklusion im...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Investitionen für deutschen Mittelstand: Hidden Champions kämpfen um Aufmerksamkeit am Kapitalmarkt
24.12.2024

Investitionen für deutschen Mittelstand sind der Schlüssel, um die Innovationskraft der Hidden Champions zu stärken. Diese weltweit...

DWN
Panorama
Panorama Spendenbereitschaft Deutschland 2024: Einfluss von Einkommen und Alter auf die Spendenhöhe
24.12.2024

Die Spendenbereitschaft in Deutschland ist 2024 gesunken, trotz eines hohen Spendenvolumens von 12,5 Milliarden Euro. Der Rückgang...

DWN
Panorama
Panorama Klimawandel: 2024 wird das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen
24.12.2024

2024 wird das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen und markiert eine Rekordabweichung von über 1,5 Grad Celsius zum...