Siemens zieht Konsequenzen aus der Affäre um die Lieferung von Turbinen auf die Krim, berichtet Reuters. Der Konzern werde sich von seiner Minderheitsbeteiligung an dem russischen Unternehmen Interautomatika trennen, das Produkte und Dienstleistungen für Steuerungs- und Kontrollsysteme in Kraftwerken anbietet, teilte Siemens am Freitag mit.
Zudem sei die Beendigung eines Lizenzabkommens mit russischen Unternehmen in Gang gesetzt worden, das die Lieferung von Ausrüstung für Kombikraftwerke betreffe. Bei bestehenden Verträgen mit staatlich kontrollierten Kunden in Russland werde Siemens die Lieferung von Kraftwerksausrüstung bis auf Weiteres stoppen. Das Unternehmen werde zudem künftige Lieferungen kontrollieren, die Installation erfolge durch eigene Mitarbeiter.
„Siemens hat glaubhafte Informationen erhalten, dass alle vier für das Projekt Taman, Südrussland, im Sommer 2016 gelieferten Gasturbinen lokal modifiziert und rechtswidrig, entgegen klarer vertraglicher Vereinbarungen, auf die Krim verbracht worden sind“, erklärten die Münchener. Der Konzern habe „alle in seiner Macht stehenden Maßnahmen ergriffen, dies zu verhindern“ und bekräftige sein Angebot, die Ausrüstung zurückzukaufen und den ursprünglichen Vertrag zu annullieren. „Dieses Vorgehen stellt einen eklatanten Bruch der Lieferverträge mit Siemens, des Vertrauens und der EU-Regularien dar", heißt es weiter in einer Stellungnahme des Konzerns.
Reuters hatte bereits von einem Insider erfahren, dass Siemens sein Engagement in Russland überdenkt. Hintergrund: Mehrere Siemens-Gasturbinen, die eigentlich für ein Projekt auf der südrussischen Halbinsel Taman bestimmt waren, sind auf der Halbinsel Krim aufgetaucht, die 2014 an Russland angegliedert wurde und deshalb Wirtschaftssanktionen des Westens unterliegt.
Siemens reichte daher in Moskau Klage gegen seinen russischen Abnehmer Technopromexport (TPE) ein. Dieser ist Generalunternehmer sowohl für das nie gebaute Kraftwerk auf Taman, für das Siemens insgesamt vier Turbinen lieferte, als auch für die auf der Krim geplanten Projekte. Die Regierung in Moskau steht auf dem Standpunkt, dass es sich um Turbinen aus russischer Produktion handele, die deshalb keinen Sanktionen unterlägen.
Das Hauptmotiv, das Siemens zur Abkehr von seinen russischen Partnern veranlasst, liegt in der Furcht vor Strafen aus den USA begründet. Denn mit Verweis auf die gegen Russland gültigen Wirtschaftsbeschränkungen könnte die US-Regierung Ansatzpunkte für solche Strafen finden. Prinzipiell gilt, dass alle in US-Dollar abgewickelten Geschäfte weltweit potentiell der US-Jurisdiktion unterliegen und damit dem Risiko unterliegen, gegen US-Sanktionen zu verstoßen. Das Geschäftsvolumen von Siemens in Russland betrug im Jahr 2016 nach Angaben eines Sprechers 1,2 Milliarden Euro – das sind zwei Prozent des gesamten Konzernumsatzes. In früheren Jahren war der Russland-Umsatz doppelt so hoch.