Politik

Österreich und Bulgarien schicken Soldaten an ihre Grenzen

Zahlreiche europäische Staaten verstärken ihren Grenzschutz gegen Flüchtlinge und Migranten mit militärischen Mitteln.
18.08.2017 01:12
Lesezeit: 2 min

Die dpa-Korrespondenten berichten über verstärkte Grenzschutz-Aktivitäten in Europa:

Bulgarien will im Kampf gegen illegale Migration den Schutz seiner Grenze zur Türkei massiv ausbauen. „Zur Stärkung unseres Grenzschutzes werden wir künftig verstärkt das Militär einsetzen“, sagte der bulgarische Verteidigungsminister und Vizeregierungschef Krassimir Karakatschanow der „Welt“ (Donnerstag). Insgesamt sollen demnach bis zu 600 Soldaten eingesetzt werden.

Die bulgarisch-türkische Grenze solle in fünf Zonen eingeteilt werden, sagte Karakatschanow. „In jede dieser Zonen werden wir jeweils eine bewaffnete Truppe in Kompaniestärke schicken, die den entsprechenden Grenzabschnitt bewachen soll.“ Auch hochspezialisierte Kampftruppen sollen dabei sein. Karakatschanow gehört zum nationalistischen Koalitionspartner Vereinigte Patrioten.

Die 259 Kilometer lange bulgarische EU-Außengrenze zur Türkei wird durch Zäune mit Stacheldraht geschützt. In Bulgarien sind auch Beamte der europäischen Grenzschutzagentur Frontex eingesetzt.

Das bulgarische Parlament hatte bereits Anfang 2016 den Einsatz des Militärs an den Grenzen des Landes erlaubt. Nach der Schließung der Balkanroute hatte das etwas abseits gelegene Bulgarien seinen Grenzschutz durch Soldaten verstärkt, damit durch das südosteuropäische Land keine neuen Flüchtlingswege entstehen.

In diesem Jahr ist die Zahl der Migranten, die illegal von der Türkei nach Bulgarien gelangten, stark geschrumpft. Im ersten Halbjahr 2017 wurden nach Angaben des bulgarischen Innenministeriums lediglich 1.461 Menschen wegen illegalen Grenzübertritts festgehalten – dies sei oft im Landesinneren geschehen.

Auch im österreichischen Bundesland Tirol wird die Polizei im Kampf gegen illegale Migration von Soldaten unterstützt. 70 Armeeangehörige würden ab sofort bei Zug- und Schwerpunktkontrollen im Hinterland des österreichisch-italienischen Grenzpasses Brenner eingesetzt, teilten die Behörden mit. Im Juli seien deutlich mehr illegal eingereiste Migranten in Güterzügen gestellt worden, sagte Landespolizeidirektor Helmut Tomac. Derzeit würden rund 700 bis 1.000 Migranten pro Monat in Tirol aufgegriffen. „Es gilt, nicht nur illegaler Migration vorzubeugen, sondern vor allem Menschenleben zu retten“, sagte Tomac.

Österreich vertraue weiter darauf, dass Italien die Situation im Griff hat und Migranten nicht über den Brenner weiterreisen lasse, hieß es. Prinzipiell seien für den Einsatz am Brenner in Österreich aber insgesamt 750 Soldaten verfügbar. Im Falle einer Alarmierung soll die Truppe binnen drei Tagen voll einsatzfähig sein.

In Ungarn stehen die regulären Streitkräfte seit September 2015 an den Südgrenzen zu Serbien und Kroatien im Einsatz gegen Flüchtlinge. Ungarn liegt an der sogenannten Balkanroute, die durch das EU-Türkei-Abkommen, das im März 2016 in Kraft trat, weitgehend – aber nicht zur Gänze – dicht ist.

In Tschechien hielten Armee und Polizei bereits mehrfach gemeinsame Übungen zur Grenzsicherung gegen Migranten ab. Die erste fand im September 2015 an der Grenze zu Österreich statt, die jüngste im März an der Grenze zu Polen. Einen regulären Einsatz gab es noch nicht, auch weil die Flüchtlingsrouten an Tschechien vorbeiführen. Im vorigen Jahr wurden nach Behördenangaben 5.261 Ausländer ohne Papiere aufgegriffen, gut 3.000 weniger als noch im Jahr 2015.

In Griechenland alarmieren Soldaten die Polizei, wenn eine Patrouille etwa Migranten am Grenzfluss Evros (türkisch: Meric) entdeckt. Die Militärs werden selbst nicht tätig. Es gilt das Rückführungsabkommen zwischen der EU und der Türkei vom März 2016, wonach alle Flüchtlinge und Migranten, die aus der Türkei auf den griechischen Inseln ankommen, zurückgeschickt werden können, falls sie kein Asyl erhalten – seit April 2016 waren das 1.307 Menschen. Zudem gibt es ein bilaterales Rückführungsabkommen zwischen Athen und Ankara, wonach auch andere Migranten, die auf dem Landweg kommen, zurückgeschickt werden – seit dem 1. Januar 2016 waren das 1.197 Menschen.

In der Schweiz werden die Grenzen nur vom zivilen Grenzwachtkorps geschützt, wie Armeesprecher Daniel Reist sagte. Ein Armeeeinsatz sei möglich, wenn es einen Migrantenansturm gebe. Das sei derzeit nicht der Fall. Auch in der Slowakei und in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen ist kein Militäreinsatz geplant.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...