Politik

Magazin: USA haben die Stärke der Regierung von Assad unterschätzt

In den USA beginnt die kritische Aufarbeitung der gescheiterten Syrien-Strategie.
27.08.2017 17:02
Lesezeit: 2 min

Das der Intelligence Community nahestehende Magazin Foreign Policy führt in einer Analyse aus, dass sich westliche Politiker nicht darüber wundern sollten, warum ihre Syrien-Politik erfolglos geblieben ist. Die westliche Unterstützung für den „Aufstand in Syrien“ sei von Anfang an von Wunschdenken bestimmt gewesen. Die meisten westlichen Politiker seien der Überzeugung gewesen, dass der Syrien-Konflikt nur dann gelöst werde, wenn es zum Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad komme. „Die Stärke des Regimes wurde völlig unterschätzt – teils aus Unwissenheit und mangelndem Wissen über das syrische Regime sowie durch falschen Optimismus“, schreibt Foreig Policy. Akademiker, Journalisten und Politiker, die argumentierten, dass die syrische Regierung eine realistische Chance habe, zu überleben, seien zu Beginn des Konfliktes per se als Assad-Unterstützer gebrandmarkt worden.

Der Westen wollte Assad zwar stürzen, doch es habe „keine realistischen oder klaren Vorstellungen“ darüber gegeben, wer an seine Stelle treten sollte. Der Aufbau einer Demokratie westlicher Prägung unter der Voraussetzung eines Assad-Sturzes sei unrealistisch gewesen. Foreign Policy wörtlich: „Auch die militärische Unterstützung des Westens für die syrische Opposition stimmte nicht mit ihrer Rhetorik überein und gefährdete damit die Erwartungen der Opposition. Ihr wurde niemals eine ausreichende militärische Unterstützung gegeben, um das Regime in die Knie zu zwingen – auch wenn ein solch militärischer Druck notwendig gewesen wäre, um die politische Lösung zu erreichen, die der Westen im Sinn hatte. Mit dieser Kombination war die syrische Revolution zum Scheitern verurteilt – insbesondere, solange das Regime militärische Unterstützung von seinen Verbündeten Russland, Iran und der Hisbollah erhielt. Das erklärte Ziel der westlichen Länder, die Opposition zu bewaffnen, erwies sich als ziemlich eingeschränkt, wenn es um die Realität ging. Als das EU-Waffenembargo gegen Syrien im Jahr 2013 auf das Drängen des Vereinigten Königreichs und Frankreichs aufgehoben wurde, gab es – im Gegensatz zu den Erwartungen – keine große Veränderung, was die Waffenlieferungen an die Opposition betrifft.“

Bei den Waffenlieferungen habe es noch weitere Probleme gegeben. Es habe nämlich niemals eine Garantie dafür gegeben, dass die gelieferten Waffen nicht in die Hände von Organisationen wie der Al-Nusra-Front, ISIS oder Al-Qaida geraten. Eine klare Strategie der USA und der EU sei nicht sichtbar gewesen – außer dem Ziel, ISIS zu bekämpfen. Die Freie Syrische Armee (FSA), die auf Wunsch des Westens der Träger des bewaffneten Aufstands in Syrien sein sollte, sei durch radikale Islamistengruppen übertrumpft worden. Länder wie Saudi-Arabien und Katar konzentrierten ihre Unterstützung auch auf islamistische bewaffnete Organisationen wie Ahrar al-Sham und Dschaisch al-Islam. Zudem sei es im Verlauf des Syrien-Konflikts zu einer Radikalisierung der FSA-Mitglieder gekommen.

Als das syrische Regime mehr als fünf Jahre später den östlichen Teil der Stadt Aleppo im Dezember 2016 zurückeroberte, der seit mehr als vier Jahren unter der Kontrolle der Söldner und angeblichen „Oppositionskräfte“ stand, sei der Großteil der internationalen Gemeinschaft zu „ohnmächtig“ gewesen, um politisch oder militärisch zu intervenieren. „Es dauerte lange, bis die Opposition sich hinreichend darüber bewusst wurde, dass sie das Opfer falscher Erwartungen geworden war, die von ihren angeblich freundlichen Unterstützern aus dem Westen genährt wurden, die sich wiederum nicht mit der Realität der Situation vor Ort auseinandersetzen wollten“, führt das Magazin aus.

Die Analyse könnte darauf hinweisen, dass nach dem Kurswechsel von US-Präsident Donald Trump auch bei den Geheimdiensten eine kritische Betrachtung Platz greift. Trump hatte kürzlich angeordnet, dass die CIA keine Waffenlieferungen mehr an Söldner-Truppen durchführen darf. Der neue CIA-Chef Mike Pompeo trägt die Strategie offenkundig mit. Er hatte bereits bei seiner Anhörung vor dem Senat deutlich gesagt, dass es nicht die Aufgabe der CIA sei, Politik zu machen, sondern die Regierung mit zutreffenden Informationen zu versorgen, damit diese dann Entscheidungen treffen könne. US-Verteidigungsminister James Mattis hatte in einem Interview erklärt, dass die US-Armee mit regulären Truppen in Syrien und im Irak dafür sorgen werde, den IS zu besiegen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik US-Zölle als Wirtschaftskrieg: Trump zielt auf Europas Wohlstand
15.07.2025

Mit 30-Prozent-Zöllen will Donald Trump die europäische Wirtschaft in die Knie zwingen – und trifft damit ausgerechnet die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas seltene Chance: Schwedisches Metallvorkommen soll Abhängigkeit von China brechen
15.07.2025

In Schwedens Norden liegt Europas größte Hoffnung auf Rohstoffsouveränität. Doch der Fund der Seltenen Erden birgt Zielkonflikte,...

DWN
Immobilien
Immobilien Grunderwerbsteuer sparen: So zahlen Käufer weniger beim Immobilienkauf
15.07.2025

Der Kauf einer Immobilie wird schnell teurer als geplant – oft durch hohe Nebenkosten. Besonders die Grunderwerbsteuer kann kräftig...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Zuckerberg kündigt Mega-Rechenzentren an
15.07.2025

Mark Zuckerberg treibt den KI-Wettlauf in eine neue Dimension. Der Meta-Chef kündigt gigantische Rechenzentren an und will dabei selbst...

DWN
Politik
Politik Jetzt unterstützt Trump die Ukraine: Ist das die Wende?
15.07.2025

Donald Trump vollzieht die Wende: Plötzlich verspricht er der Ukraine modernste Waffen – auf Europas Kosten. Russland droht er mit...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche fahren wieder mehr Auto
15.07.2025

Deutschland erlebt eine Kehrtwende beim Autofahren: Nach Jahren des Rückgangs steigen die gefahrenen Kilometer wieder – obwohl einzelne...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldverbot 2025: Panikmache oder reale Gefahr für Ihr Gold?
15.07.2025

Mehrere Goldhändler warnen vor einem staatlichen Zugriff auf Barren und Krügerrands – Millionen Anleger fürchten um ihre Ersparnisse....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zölle sollen bleiben – weil er sie als Erfolg verbucht
15.07.2025

Donald Trump sieht seine Zollpolitik als Erfolg – und will sie verschärfen. Was der transatlantische Handelskrieg für Europa,...