Finanzen

Gegen den Dollar: Venezuela stellt Erdöl-Handel auf Yuan um

Lesezeit: 2 min
18.09.2017 17:02
Das ölreiche Venezuela wickelt seinen Erdöl-Handel fortan nicht mehr in US-Dollar ab.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Das erdölreiche Venezuela wickelt seinen Handel mit Erdöl fortan nicht mehr in US-Dollar ab. Wie das Wall Street Journal berichtete, forderte die Regierung des Landes sowohl einheimische als auch ausländische Ölhändler vor einigen Tagen auf, Rechnungen nur noch in Euro auszustellen.

Die staatliche Ölgesellschaft Petróleos de Venezuela SA (PdVSA) forderte ihre Partner dazu auf, Konten in Euro zu eröffnen oder bestehende Guthaben von Dollar in Euro umzutauschen, berichtet der Finanzblog Zerohedge. „Um gegen die Wirtschaftsblockade zu kämpfen, nutzen wir fortan einen Korb verschiedener Währungen, um uns vom Dollar zu befreien“, wird der Vize-Präsident von PdVSA, Tareck El Aissami, zitiert.

Aus aktuellen Dokumenten der Regierung geht nun jedoch hervor, dass der Handel derzeit mit chinesischen Yuan abwickelt wird. In der Woche vom 4. September bis zum 8. September wurde ein Barrel (159 Liter) Rohöl demnach zum ersten Mal in Yuan abgerechnet. Der Preis betrug 300,91 Yuan (rund 38 Euro). In der Woche vom 11. September bis zum 15. September stieg der Preis auf 306,26 Yuan (rund 39 Euro).

Vergangene Woche hatte Venezuelas Präsident Nicolas Maduro die Änderungen der Zahlungsmodalitäten angekündigt. „Venezuela wird ein neues System der internationalen Zahlungen einführen und einen Währungskorb kreieren, um uns vom Dollar zu befreien. Wenn sie uns mit dem Dollar verfolgen, werden wir den Rubel, den Yuan, den Yen, die indische Rupie und den Euro nutzen.“

Die Abkehr des unter einer Wirtschaftskrise und bürgerkriegsähnlichen Zuständen leidenden Landes vom Dollar ist signifikant, weil Venezuela wahrscheinlich noch vor Russland und Saudi-Arabien über die größten Ölreserven der Welt verfügt. Die Rohstoff-Plattform Goldcore berichtet unter Verweis auf die Ölorganisation OPEC, dass sich die Reserven Venezuelas auf etwa 300 Milliarden Barrel Rohöl summieren – etwa 10 Mal so viel wie die Reserven der USA und rund 30 Milliarden Barrel mehr als die Vorräte Saudi-Arabiens.

Die Entscheidung der venezolanischen Regierung ist auch deswegen bemerkenswert, weil sie einem Trend der Abkehr vom US-Dollar entspricht, der seit einigen Monaten weltweit zu beobachten ist. Seit Jahren versuchen die beiden großen Wirtschaftsmächte China und Russland, ihren Handel von der Weltleitwährung unabhängiger zu machen. Auf dem Treffen der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) im chinesischen Xiamen wurde diese Strategie in einer Stellungnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin deutlich: „Russland teilt die Sorge der BRICS-Staaten hinsichtlich der Unfairness der gegenwärtigen globalen Wirtschafts- und Finanzarchitektur, welche das wachsende Gewicht der aufstrebenden Länder nicht berücksichtigt. Wir sind bereit, mit unseren Partnern an Reformen der internationalen Finanzregulierung zu arbeiten und die massive Vorherrschaft einer begrenzten Anzahl an Reservewährungen zu überwinden.“

Mit dieser Äußerung zielte Putin auf den Dollar und das diesen stützende Petrodollar-System, welches eng mit dem Erdölhandel in Verbindung steht. Die Bewertung des Ölpreises in US-Dollar hat eine enorm wichtige Funktion für die Rolle des Dollar als weltweit akzeptierte Leitwährung. Denn solange der wichtigste Rohstoff der Weltwirtschaft in Dollar gehandelt wird, besteht eine permanente Nachfrage nach der US-Währung von Staaten, die Erdöl kaufen wollen. Das Petrodollar-System geht wahrscheinlich auf Absprachen der US-Regierung mit der saudi-arabischen Führung zurück, die Anfang der 1970er Jahre getroffen wurden. Während die Saudis ihr Erdöl seitdem nur gegen US-Dollar verkaufen, hätten die USA dem Königshaus im Gegenzug militärische Unterstützung zugesichert, sagen Beobachter. Diese militärische Unterstützung wurde erst vor wenigen Monaten durch den Abschluss eines Waffenhandels von enormem Umfang sichtbar. Saudi-Arabien wiederum hat in den vergangenen Jahrzehnten einen großen Teil seiner Dollar-Einnahmen aus dem Ölgeschäft in US-amerikanische Staatsanleihen investiert und finanziert so die US-Regierung. Sollte dieses System in Schieflage geraten, hätte dies wahrscheinlich weitreichende Konsequenzen für die Macht der US-Regierung in der Welt.

Vor wenigen Tagen erst wurde bekannt, dass die chinesische Regierung künftig in Yuan bewertete Öl-Handelskontrakte herausbringen wird, die den Dollar im chinesischen Öl-Handel überflüssig machen könnten. Die Papiere sind zudem in physisches Gold eintauschbar.

Auch die massiven Zukäufe von Gold in den zurückliegenden Jahren – insbesondere durch China und Russland, aber auch durch Staaten wie Indien und die Türkei – interpretieren einige Beobachter als Vorbereitungen auf eine (teilweise) Abkopplung vom Dollar-System.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...