Griechenland bekommt den nächsten Milliarden-Kredit der Euro-Länder nicht sofort ausgezahlt. Das Land habe große Fortschritte bei seinen Austeritätsprogramme gemacht und die allermeisten Maßnahmen umgesetzt, teilten die Finanzminister der Euro-Staaten am Montagabend mit. Jedoch bedürfe es noch weiterer Anstrengungen seitens der griechischen Regierung. "Die Euro-Gruppe ruft die griechische Regierung auf, die ausstehenden vorrangigen Maßnahmen schnell umzusetzen." Der Euro-Rettungsfonds ESM beginne bereits mit der Vorbereitung für die Auszahlung der ersten Tranche im Februar. Insgesamt geht es nun noch um Kredite von 6,7 Milliarden Euro.
Die Finanzminister der 19 Euro-Länder berieten zuvor mit Experten über die Freigabe. Bedingung für die Auszahlungen des Geldes ist die Erfüllung von 110 Reformschritten. Dies verlangen die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und der ESM. Derzeit liege das Land bei 95, doch würden es ständig mehr, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici.
Um die Hürde zu nehmen, verabschiedete das griechische Parlament kürzlich neue Gesetze. Die Ratingagentur S&P setzte vorige Woche die Bonitätsbewertung hoch. Bei der Bevölkerung ist davon aber noch nicht viel angekommen: Mit einer Quote von 21 Prozent ist die Arbeitslosigkeit in Griechenland so hoch wie in keinem anderen Euro-Land. Das Land hängt seit 2010 am Tropf internationaler Geldgeber. Das dritte Kreditpaket im Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro läuft im August aus.
Anders als bei früheren Auszahlungen ist Athen derzeit nicht in akuter Finanznot. Es stehen in absehbarer Zeit keine großen Rückzahlungen von Krediten an internationale Gläubiger an.
3,3 der 6,7 Milliarden Euro der Finanzspritze sind für den Schuldendienst vorgesehen, wie der Chef des Euro-Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, sagte. Mit 1,5 Milliarden Euro kann Athen Zahlungsrückstände im Inland begleichen – was de facto wie ein kleines Konjunkturprogramm wirken soll. Weitere 1,9 Milliarden Euro sollen dazu dienen, einen "Cash-Puffer" für die Zeit nach dem Kredit-Programm aufzubauen.
Die 86 Milliarden Euro aus seinem dritten Hilfsprogramm wird das Land dann nach Einschätzung eines Eurozonen-Vertreters laut AFP bei weitem nicht gebraucht haben. Aus dem Programm würden "mindestens 25 Milliarden Euro" übrig bleiben.
Geleitet wurde das Euro-Gruppentreffen erstmals vom neuen Chef Mario Centeno. Der portugiesische Finanzminister übernahm das Amt vor kurzem vom Niederländer Jeroen Dijsselbloem. Centeno gab auch Einblick in die nächste wichtige Personalentscheidung der Eurozone. Die EZB sucht nämlich einen neuen Vize-Präsidenten. Der Portugiese Vitor Constancio wird Ende Mai nach acht Jahren Amtszeit die Notenbank verlassen. Hier könnten die Mitgliedstaaten Kandidaten bis zum 7. Februar vorschlagen, sagte Centeno. Die Euro-Gruppe werde am 19. abstimmen. Danach müssten noch die Mitgliedsländer grünes Licht geben. Der gesamte Prozess soll bis Ende Mai abgeschlossen sein.
Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos ist bislang der einzig öffentlich bekannte Kandidat. Die Besetzung dürfte ein ganzes Personalkarussel in Gang setzen. Höhepunkt wird 2019 das Ringen um die Nachfolge von Notenbank-Präsident Mario Draghi.