Auf dem Hannoveraner Parteitag wurden die Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock und der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck zu neuen Vorsitzenden der Grünen gewählt. Baerbock erreichte 64,45 Prozent, Habeck 81,3 Prozent. Die Parteilinke Anja Piel unterlag Baerbock mit knapp 35 Prozent.
Auf Habeck entfielen 636 von 782 Stimmen, es gab 107 Nein-Stimmen und 39 Enthaltungen. Baerbock erhielt 504 von 782 Stimmen. Es gab eine Nein-Stimme und fünf Enthaltungen. Die bisherigen Parteichefs Simone Peter und Cem Özdemir waren nicht mehr angetreten.
Habeck sprach sich in seiner etwas kryptisch formulierten Rede unter anderem für eine härtere Besteuerung von Kapital und Vermögen aus. Er betonte zugleich, Armut könne heutzutage nicht mehr mit der "linken Politik des letzten Jahrtausends" begegnet werden.
Habeck sagte, dass die Grünen an die Regierung wollen: "Macht kommt von machen, nicht von wollen", rief er den Delegierten zu.
Habeck hatte sich um den Parteivorsitz beworben, nachdem es ihm der Parteitag am Freitagabend mit einer Satzungsänderung ermöglicht hatte, sein Kieler Regierungsamt neben dem Parteivorsitz für eine achtmonatige Übergangszeit zu behalten. Damit lockerten die Delegierten die bisherige Trennung von Partei- und Regierungsamt.
Baerbock rief ihre Partei dazu auf, sich auch vor Ort für den Kohleausstieg einzusetzen: "Wir müssen raus auf die Straße."
Baerbock attackierte die Linke-Politikern Sahra Wagenknecht und warf ihr vor, die "Internationale nur mehr national zu singen". Sie rief die Grünen auf, die EU zu verteidigen und zu verbessern und daher "Beethovens Neunte zu singen". Die EU hat einen Teil eines Satzes aus der 9. Symphonie Beethovens zur Hymne der EU erklärt.
Insgesamt bleiben beide Vorsitzende in ihren programmatischen Aussagen vage. Zwar setzte beide einen Akzent in der Flüchtlingspolitik, ließen jedoch ein klares Plädoyer gegen die globalen Kriege vermissen. Habeck sagte, dass sich auch die in Deutschland Geborenen in die Gesellschaft integrieren müssten. Baerbock sagte, dass man in Härtefällen bei Flüchtlingsnachzug keine Auswahlentscheidungen treffen könne.
Beide neuen Vorsitzenden wollen an der Gründungszeit der Grünen in den achtziger Jahren anknüpfen. Die engagierte und leidenschaftliche Anti-Kriegs-Politik, die die Grünen für viele Bürgerliche damals zu einer politischen Alternative gemacht hat, war in keiner der beiden Bewerbungsreden zu erkennen.