Politik

Niels Annen: Der „ewige Student“ wird Staatssekretär von Heiko Maas

Der langjährige Juso-Politiker Niels Annen soll Staatssekretär im Außenministerium werden.
12.03.2018 09:24
Lesezeit: 2 min

Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen wird nach Medieninformationen neuer Staatsminister im Auswärtigen Amt (AA). Wie mehrere Hamburger Medien melden, soll sich Annen um die "klassische Außenpolitik" kümmern. Der aus Hamburg stammende ehemalige Juso-Chef war bislang außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Annen wird damit Heiko Maas unterstützen, der überraschend auf den Posten des Außenministers berufen wurde.

Mit Annen wird es künftig drei statt bisher zwei Staatsminister im AA geben. Der bisherige Staatsminister für Europa, Michael Roth, führt seine Arbeit fort. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering aus Nordrhein-Westfalen wird Maria Böhmer (CDU) als Staatsministerin für auswärtige Kulturpolitik beerben.

Annen stammt von den Jusos und war vor seinem Aufstieg in der Bundespolitik vor allem durch seine lange Studiendauer bekannt geworden. Die Bild-Zeitung nannte ihm 2008 den "ewigen Studenten im Bundestag" und fragte: "Warum flog Niels Annen nicht schon längst von der Uni?" Er sei "Deutschlands bekanntester Bummel-Student" und unterbrach nach 14 Jahren sein Studium. Die Bild berichtete: "Der SPD-Politiker studierte Geschichte, musste für den Abschluss Lateinkenntnisse nachweisen. Doch trotz Intensivkurs schaffte er das sogenannte Latinum nicht. Kein Einzelfall: Im Schnitt rasseln 20% durch die Prüfung. Hinzu kam der öffentliche Druck: Annen musste sich in Diskussionen und im Internet (u.a. auf „Abgeordnetenwatch.de“) immer wieder für sein langes Studium rechtfertigen."

2010 beendete Annen schließlich laut der ihm freundlich gesonnenen Wikipedia sein Studium an der Humboldt-Uni mit einem Bachelor in Geschichte ab. Von 2010 bis 2011 war er Senior Transatlantic Fellow beim German Marshall Fund in Washington und von 2011 bis 2013 arbeitete er für das Referat Internationale Politikanalyse der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin.

Nach seinem Aufenthalt in Washington schrieb Annen im Deutschlandradio:

"Die erratische und zunehmend von innenpolitischen Erwägungen geleitete Außenpolitik Deutschlands will so gar nicht zu der beherrschenden Stellung passen, die Berlin inzwischen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik einnimmt. Dabei eröffnet die unter Sparzwang stehende amerikanische Außenpolitik den Europäern neue Spielräume.

Berlin und Washington sind aufeinander angewiesen, gerade wenn es um Fragen globaler Sicherheit oder um die Finanzkrise geht. Obama versucht es bei Merkel inzwischen mit Charme und überhäuft sie mit Ehrungen. Die Botschaft aber ist eindeutig: Deutschland muss seine Rolle in der internationalen Politik definieren und sich stärker engagieren.

Das deutsche Interesse an "Partnerhip in Leadership" ist durch die gute wirtschaftliche Entwicklung offenbar nicht befördert worden. So betrachtet sind Amerika und Deutschland ein merkwürdiges Paar, Amerika leidet darunter, Macht zu verlieren, und Deutschland leidet darunter, Macht zu gewinnen."

Welche Haltung Annen - und damit Maas - in der Russland-Politik vertreten wird, ist noch nicht abzusehen: Annen unterstützte im Februar 2018 den Vorstoß des damaligen Bundesaußenministers Sigmar Gabriel, die Sanktionen gegen Russland bei Fortschritten im Friedensprozess in der Ukraine zu lockern. Annen sagte in der ARD, man brauche eine neue Dynamik, um den Konflikt in der Ostukraine zu lösen. Grundsätzlich gelte unverändert die offizielle deutsche Position, dass die westlichen Straßmaßnahmen erst bei einer Umsetzung der Vereinbarungen von Minsk abgebaut werden können. Die Idee Gabriels, dass man "quasi als Anreiz" bei nachprüfbaren Fortschritten einen Teil der Sanktionen aufhebt, sei aber "im Kern eine sehr vernünftige Idee". Unstrittig sei, dass man so etwas europäisch abstimmen müsse.

Annen sagte zu seiner neuen Aufgabe laut Hamburger Abendblatt: "In dieser Funktion an der deutschen Außenpolitik mitwirken zu dürfen, ist eine sehr reizvolle Aufgabe. Aber ich habe auch Respekt davor.

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