Vor zwei Jahren wurde die Haupt-Flüchtlingstraße über den Balkan geschlossen. Nun haben Migranten von Nordafrika einen anderen Weg bis nach Europa über Bosnien gefunden. In Bosnien wird mit einer Flüchtlingskrise gerechnet.
Rund 700 Flüchtlinge aus Syrien, Pakistan, Libyen und Afghanistan sind seit Anfang des Jahres illegal in Bosnien eingereist, weitere 800 wurden an den Grenzen abgefangen. Wie Euraktiv berichtet, warnen bosnische Behörden bereits vor einer Flüchtlingskrise.
Der Grund: Die Flüchtlinge haben eine neue Route über den Balkan gefunden, über die sie von Nordafrika bis nach Europa einreisen können.
Bis März 2016 verlief die Hauptfluchtroute von Griechenland und der Türkei über die Balkanstaaten Albanien, Mazedonien, Bulgarien, Kroatien und Slowenien bis nach Österreich oder Ungarn. Auf einem EU-Gipfel im März hatten Vertreter Sloweniens, Österreichs und Ungarns die Schließung ihrer Grenzen bekannt gegeben. Die Zahl der geflüchteten Menschen nahm daraufhin stark ab.
Seit Beginn des neuen Jahres nutzen Migranten nun ehemalige Schmugglerpfade quer durch die bosnischen Gebirge, um nach Europa zu kommen. Die Route verläuft über Albanien, Montenegro, Bosnien und Herzegowina und Kroatien. Flüchtlingshelfer erwarten jedoch, dass sich die Zahl der Neuankömmlinge in den kommenden Wochen mit dem Einsetzen wärmeren Wetters und der damit leichteren Passierbarkeit der Bergpfade deutlich erhöhen wird. Auch nach Ansicht des bosnischen Sicherheitsministers, Dragan Mektic, wird sich die Lage zuspitzen. So seien bereits jetzt 45.000 bis 50.000 Flüchtlinge zwischen Griechenland und Bosnien unterwegs. Viele von ihnen beabsichtigten, sich in Bosnien niederzulassen.
Für Bosniens Premierminister Denis Zvizdic Grund zur Sorge. So habe das Land keine Kapazitäten, um tausende Flüchtlinge auch nur vorübergehend aufzunehmen.
Stephan Moissaing, Vorsitzender von Ärzte ohne Grenzen auf dem Balkan, mahnte, mit der aktuellen Situation vernünftig umzugehen und das Aufkommen einer Flüchtlingskrise unbedingt zu vermeiden.
Aktuell betreibt Bosnien eine Erstaufnahmeeinrichtung nahe Sarajewo mit Kapazitäten für 154 Menschen. Zwischen 2015 und 2016 hat das Land nur einige hundert Menschen dauerhaft aufgenommen. Im Jahr 2016 sind 3.151 Menschen aus Bosnien und Herzegowina geflohen und haben einen Asylantrag in anderen Ländern gestellt. Das entspricht laut Bundestatistikamt rund 0,09 Prozent aller Einwohner. Bei den Geflüchteten wurde nicht nach Herkunftsländern unterschieden. Aufgenommen wurden die meisten Menschen aus Bosnien und Herzegowina in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. Insgesamt wurden ganze 100 Prozent der Asylanträge abgelehnt. Am erfolgreichsten waren hierbei die Asylbewerber in Belgien und in Frankreich.