Politik

Russland fürchtet Konfrontation an seinen Grenzen

Lesezeit: 3 min
29.03.2018 01:03
Russland warnt in ungewöhnlich deutlichen Worten vor einer militärischen Auseinandersetzung mit dem Westen.
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Großbritannien habe eine Kampagne gestartet, um eine "Konfrontation in der Nähe von Russlands Grenzen zu schüren", teilte das russische Außenministerium am Mittwoch in einer Erklärung laut TASS mit. "London startet eine Kampagne auf der ganzen Welt, um Russlands Schuld festzustellen", sagte das Ministerium. "Die Konfrontation wird bewusst geschürt, um eine Machtdemonstration an der russischen Grenzen durchzuführen. Es werden Anstrengungen unternommen, um absichtlich Konfrontationen auszulösen und an den russischen Grenzen Stärke zu demonstrieren." London wolle politischen Druck aufbauen und sei nicht an einer umfassenden Aufklärung der angeblichen Vergiftung eines britisch-russischen Doppelagenten interessiert.

Welche genauen Aktivitäten von britischen Spezialkräften an der russischen Grenze geplant seien, führte das Außenministerium nicht aus.

Russische Spitzendiplomaten warnten vor einer Konfrontation: "Der Westen muss verstehen, dass die antirussische Kampagne keine Zukunft hat", sagte der russische Botschafter in Australien, Grigori Logwinow, vor Reportern in Canberra laut Reuters. Russlands Botschafterin in Indonesien, Lyudmila Georgievna Vorobieva, sagte laut Reuters, die Situation um den Fall Skripal und die Vertreibungen russischer Diplomaten sei "absolut absurd": "Was ist schlimmer als ein Eiskrieg? Es ist ein heißer Krieg ", sagte sie. "Wollen wir das? Nun, ich kann Ihnen von russischer Seite aus sagen, dass wir das nicht wollen, denn wenn wir die Zahl der Atomwaffen berücksichtigen, die das Land angehäuft hat, wäre diese Entwicklung für unseren Planeten fatal. "

Vor Reportern in der Hauptstadt Jakarta warnte sie, dass die Konfrontation nicht zu einem Kalten Krieg, sondern zu einem "Eiskrieg" führen könne. "Wenn es weitergeht, werden wir tief in einer Situation des Kalten Krieges sein."

Die Analyse der Vergiftung des ehemaligen russischen Geheimdienstoffiziers Sergei Skripal und seiner Tochter Yulia in Salisbury deutet auf eine mögliche Beteiligung des britischen Geheimdienstes an dem Vorfall hin, so das russische Außenministerium.

Die Sprecherin des Außenministeriums kündigte an, am Donnerstag neue Fakten über den Fall vorlegen zu wollen.

Regierungssprecher Dmitri Peskow sagte am Mittwoch in Moskau, Präsident Wladimir Putin sei weiter zu einem Gipfeltreffen mit US-Präsident Donald Trump bereit. Allerdings wisse man nicht, ob für die USA ein solches Treffen immer noch auf der Agenda stehe. Eine konkrete Reaktion auf die Ausweisung Dutzender russischer Diplomaten ließ Russland weiter offen. Man werde erst das Ausmaß der Feindseligkeiten gegen sein Land bewerten, bevor Vergeltungsmaßnahmen ergriffen würden, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax den stellvertretenden Außenminister Sergej Rjabkow. Die Präsidentin des Föderationsrats, Walentina Matwijenko, sagte laut der Nachrichtenagentur Ria, es sei diplomatische Praxis, mit Reziprozität auf eine solche Maßnahme zu reagieren.

Am Mittwoch schloss sich das NATO-Mitglied Montenegro, das sich traditionell eng an Russland anlehnt, der westlichen Strafaktion an. Ein russischer Diplomat muss das Land verlassen.

Die Regierung in Moskau weist jede Verwicklung in den Anschlag zurück und spricht von einer massiven Provokation. Das Außenministerium verlangte von Großbritannien am Mittwoch erneut, Beweise zu präsentieren. Solange diese nicht vorlägen, betrachte Russland den Vorfall im britischen Salisbury als einen "versuchten Anschlag auf das Leben unserer Staatsbürger", hieß es in einer Erklärung des Ministerium. Skripals Tochter Yulia hat die russische Staatsbürgerschaft. Nach Auswertung der Tatumstände erscheine eine Beteiligung des britischen Geheimdienstes an dem Giftanschlag als möglich, erklärte das Ministerium. Die britische Regierung hatte ähnlich lautende Vorhaltungen Russlands als absurd zurückgewiesen.

Neue Erkenntnisse von Scotland Yard haben ergeben, dass Skripal in seiner Wohnung vergiftet worden sein soll.

Die britische Regierung hatte zuvor bereits harsche Töne in Richtung Moskau geschickt. Um das Land zu verteidigen, würden alle zur Verfügung stehenden Ressourcen eingesetzt, wie Polizei, Geheimdienste und das Militär. Auch wirtschaftliche Hebel und der politische Einfluss des Landes sollten genutzt werden, heißt es in einer Untersuchung zur Sicherheitslage der Regierung.

Der ehemalige EU-Kommissar Günter Verheugen hat das Vorgehen des Westens kritisiert. "Generell sollten Sanktionen faktenbasiert sein und nicht auf Vermutungen aufbauen", sagte er der Augsburger Allgemeinen. "Die Argumentation im Fall Skripal erinnert mich ein bisschen an eine Urteilsverkündung nach dem Motto 'Die Tat war dem Beschuldigten nicht nachzuweisen, aber es war ihm zuzutrauen'", kritisierte der SPD-Politiker.

Verheugen war von 1999 bis 2010 EU-Kommissar, zunächst für die Erweiterung der Europäischen Union, später für Industrie. Er mahnte: "Die Haltung, dass Putin und die Russen im Zweifel für alles verantwortlich sind, ist eine Vergiftung des Denkens, die aufhören muss." Im ZDF sagte Verheugen: „Wir müssen runter von dieser Konfrontation und zurück zu einer Situation, in der Kooperation wieder möglich ist.“

Auch der Grünen-Außenexperte Jürgen Trittin kritisierte die Ausweisung russischer Diplomaten aus Deutschland und anderen EU-Staaten. Es sei "leichtfertig, ohne belastbare Beweise und nur aufgrund von Indizien so gegen Russland vorzugehen und in einen neuen Kalten Krieg zu stolpern", sagte Trittin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Im Ergebnis wird der Westen durch die Ausweisungen nichts gewinnen: Russland weist wahrscheinlich seinerseits europäische Diplomaten aus und weitere Gesprächskanäle nach Moskau werden verschüttet", sagte der Bundestagsabgeordnete, der amtierender Vorsitzender der deutsch-russischen Parlamentariergruppe ist.

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