Der ehemalige katalanische Regierungschef Carles Puigdemont soll nach dem Willen deutscher Staatsanwälte an Spanien ausgeliefert werden. Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein habe einen Auslieferungshaftbefehl beim Oberlandesgericht in Schleswig beantragt, teilte die Justizbehörde am Dienstag mit. Nach intensiver Prüfung des Europäischen Haftbefehls der Justizbehörden in Madrid sei man zu dem Schluss gekommen, dass eine Überstellung berechtigt sei. Puigdemont, der in Spanien wegen der Ausrufung der Unabhängigkeit Kataloniens der Rebellion sowie der Veruntreuung von Staatsgeldern angeklagt ist, droht dort eine Haftstrafe von bis zu 25 Jahren.
Der Generalstaatsanwalt in Schleswig-Holstein folgt im Kern der Argumentation der spanischen Ermittler, Der Vorwurf der Rebellion komme dem deutschen Straftatbestand des Hochverrats gleich, argumentiert er. Die deutschen Strafverfolger kommen zu dem Schluss, dass Puigdemont und die anderen führenden Separatisten trotz des Hinweises der Polizei auf befürchtete gewaltsame Auseinandersetzungen für den 1. Oktober eine verfassungswidrige Abstimmung über die Abspaltung Kataloniens angeordnet hätten.
Auch dem Vorwurf der Veruntreuung öffentlicher Gelder folgen die deutsche Strafermittler, indem sie Puigdemont zur Last legen, für das Referendum über die Unabhängigkeit über anderthalb Millionen Euro öffentlicher Mittel ausgegeben zu haben. „Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr“, stellte die Generalstaatsanwaltschaft fest. Damit wird Puigdemont zunächst in Haft bleiben.
Der 55-Jährige war nach der Ausrufung der Unabhängigkeit Kataloniens vergangenen Oktober vor den Ermittlungen der spanischen Justiz nach Belgien geflohen. In Deutschland wurde er auf der Durchreise am 25. März festgenommen und sitzt seitdem in Neumünster im Gefängnis.
Nach Medienberichten will die Bundesregierung keinen Einfluss auf die Entscheidung der schleswig-holsteinischen Justiz auf das Auslieferungsverfahren nehmen. Anhänger der Separatisten wollen eine Auslieferung mit dem Argument verhindern, in Spanien könne Puigdemont nicht mit einem fairen Prozess rechnen. Regierungssprecher Steffen Seibert hat dagegen erklärt, Spanien sei ein demokratischer Rechtsstaat. Der Katalonienkonflikt müsse „innerhalb der spanischen Rechtsordnung“ gelöst werden.
Die Madrider Zentralregierung unter den konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy weist seit Jahren alle Versuche der Separatisten zurück, Katalonien von Spanien abzuspalten. Nach der Flucht Puigdemonts setzte Rajoy Neuwahlen in der Autonomen Region Katalonien kurz vor Weihnachten durch. Entgegen seinen Hoffnungen konnten die Separatisten allerdings ihre knappe Mehrheit im Regionalparlament in Barcelona behaupten.
Seitdem ist es den katalanischen Nationalisten aber nicht gelungen, eine neue Regierung zu bilden. Versuche, Puigdemont wieder zu Regierungschef zu wählen, scheiterten daran, dass ein Kandidat persönlich bei der Wahl im Regionalparlament anwesend sein muss. Katalonien wird derzeit kommissarisch von Madrid aus regiert.