Politik

Türkei fliegt Luftangriff im Irak ohne Abstimmung mit den USA

Lesezeit: 2 min
18.08.2018 01:13
Die türkische Luftwaffe hat im Irak ein führendes Mitglied der PKK getötet. Die US-Armee wurde über den Vorgang offenbar nicht informiert.
Türkei fliegt Luftangriff im Irak ohne Abstimmung mit den USA

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Am 15. August 2018 führte die türkische Luftwaffe Angriffe gegen Stellungen der PKK in der irakischen Region Sindschar aus. Dabei wurde das führende PKK-Mitglied Mâm Zekî (Ismail Özden) getötet. Die Zeitung Aydinlik führt aus: „Diese Operation hat aus Sicht der türkisch-amerikanischen Beziehungen eine große Bedeutung. Die Türkei hatte in der Vergangenheit bei all ihren Luftangriffen im Irak den US-Militärs die Koordinaten der Gebiete, die bombardiert werden sollen, übergeben, und zwar vor jedem Luftangriff. Aus türkischen Sicherheitskreisen geht hervor, dass die Türkei erstmals eine Luftoperation durchgeführt hat, ohne die USA zuvor informiert zu haben. Diesmal teilte das türkische Militär den US-Militärs die Koordinaten nicht mit.”

Sean Robertson, Sprecher des Pentagon, sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten: "Das US-Militär dient auf Einladung der irakischen Regierung im Irak. Ich verweise auf die irakische Regierung, um einen Kommentar zu türkischen Aktionen in ihrem Hoheitsgebiet zu geben."

Der Vorgang ist nicht der erste seiner Art. Eine ähnliche Operation wurde am 25. April 2017 durchgeführt. Damals wurden den USA die Koordinaten für einen Luftangriff im Sindschar-Gebiet mitgeteilt. Parallel dazu lief eine Luftoperation im Karakoc-Gebirge im Nordosten Syriens. Da die Koordinaten für die Operation im Karakoc-Gebirge nur wenige Minuten vor dem Luftangriff mitgeteilt wurden, erlitt die PKK schwere Verluste. Im Karakoc-Gebirge wurden 30 PKK-Mitglieder getötet, während im Sindschar-Gebiet 40 PKK-Mitglieder ums Leben kamen, berichtet der türkischsprachige Dienst der BBC.

Die PKK-nahe Nachrichtenagentur ANF mit Hauptsitz in Amsterdam zitiert die PKK aus einer Mitteilung: „Für die Eziden war Mâm Zekî Şengalî (Ismail Özden) seit 35 Jahren ein militanter Weggefährte und Mitglied des KCK-Exekutivrates. Am 15. August wurde er durch einen gezielten Angriff der türkischen Luftwaffe auf das Fahrzeug, in dem er sich befand, mit Unterstützung lokaler Kollaborateure ermordet.”

Die PKK wirft der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) unter dem kurdischen Präsidenten der Autonomieregierung des Nordirak (KRG), Masud Barzani, und der irakischen Zentralregierung vor, an der Tötung von „Mâm Zekî” mitgewirkt zu haben. “Laut Informationen aus Şengal (Sindschar, Anm. d. Red.) haben die PDK oder der irakischen Regierung nahestehende Kreise an dem Anschlag mitgewirkt. Der Angriff ereignete sich kurz nach einem Besuch des irakischen Ministerpräsidenten Al-Abadi in Ankara”, so die PKK in der Mitteilung.

Tatsächlich hatte Al-Abadi am 10. August 2018 nach Angaben der kurdischen Nachrichtenagentur Rudaw auf einer Pressekonferenz in Bagdad gesagt: „Die Türkei ist unser Nachbarland. Wir werden nicht erlauben, dass von unserem Territorium aus Angriffe auf die Türkei ausgeführt werden.”

Wenige Tage später besuchte Al-Abadi den türkischen Präsidenten in Ankara, berichtet der türkischsprachige Dienst von Voice of America (VoA). Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am 14. August 2018, also einen Tag vor dem Luftangriff gegen die PKK im Nordirak, sagte der irakische Premier: „Wir werden es nicht zulassen, dass von unserem Boden aus Angriffe gegen die Türkei ausgeführt werden. In Bezug auf die Sicherung unserer Grenzen sind wir uns einig. Wir sind dagegen, dass sich irgendwelche Organisationen auf unserem Territorium tummeln.”

Die PKK fordert auf dem Gebiet der KRG ein eigenes Autonomiegebiet „für das ezidische Volk”. Die Eziden sprechen zwar den nordkursichen Kurmandschi-Dialekt, unterscheiden sich aber religiös von den muslimischen Kurden. „Das ezidische Volk kann nach dem IS-Massaker vom 3. August 2014 nur durch einen autonomen Status von Êzîdxan vor einem Genozid geschützt werden. Der Autonomiestatus muss vom Irak und allen internationalen Kräften anerkannt werden”, so die PKK. Allerdings sind die irakische Zentralregierung und die irakischen Kurden gegen dieses Bestreben.

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Ukraines Präsident, Wolodymyr Selenskyj, dankt Deutschland für die Unterstützung. Die Außenminister beider Länder, Baerbock und...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Technologie
Technologie Turbulenzen bei Tesla: Stellenabbau und düstere Prognosen für 2024
19.04.2024

Nach einem Stellenabbau bei Tesla prognostizieren Experten ein „Durchhänger-Jahr“ für Elektromobilität 2024, während Tesla auf...

DWN
Politik
Politik Russische Agenten in Bayern festgenommen: Sabotagepläne aufgedeckt
18.04.2024

Zwei Russland-Deutsche sollen für einen russischen Geheimdienst spioniert haben. Einer der beiden soll sich auch zur Durchführung von...