Politik

Wissenschaftler: Renten-Pläne der SPD sind nicht finanzierbar

Die Rentenpläne von Bundesfinanzminister Scholz dürfte Milliarden kosten und die jüngere Generation erheblich belasten.
22.08.2018 02:33
Lesezeit: 1 min

Wissenschaftler haben den Renten-Vorstoß von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) als zu teuer kritisiert. Die Standardrente bis 2040 bei 48 Prozent zu stabilisieren, sei "unfinanzierbar und unfair gegenüber den Jüngeren", sagte der Ökonom Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg der "Süddeutschen Zeitung" vom Dienstag. Unterstützung bekam Scholz dagegen von SPD-Vizechefin Manuela Schwesig, während die Union vor teuren "Rentenbonbons" warnte.

Raffelhüschen bezifferte die Kosten langfristig auf drei Billionen Euro. Der Beitrag zur Rentenkasse müsste von 18,6 bis 2040 auf 29 Prozent des Bruttoverdiensts steigen. "Die jüngeren Arbeitnehmer würden noch mehr geschröpft. Die Akzeptanz des Rentensystems wird schwinden", warnte er.

Axel Börsch-Supan vom Max-Planck-Institut für Sozialpolitik in München ergänzte, eine Stabilisierung bei 48 Prozent würde bereits 2030 mehr als 40 Milliarden Euro und 2040 dann 100 Milliarden pro Jahr kosten. Um das zu finanzieren, müsse die Mehrwertsteuer von heute 19 auf fast 26 Prozent steigen. "Leichtfertig ein stabiles Rentenniveau zu versprechen als käme das zum Nulltarif, fördert eher den Populismus", sagte Börsch-Supan.

Eine seit Juni arbeitende Kommission soll bis März 2020 Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Rentenversicherung für die Zeit nach 2025 vorlegen. Laut Koalitionsvertrag soll sich ihr Konzept am Ziel einer doppelten Haltelinie für Beiträge und Rentenniveau orientieren. Bis 2025 gilt, dass der Beitragssatz nicht über 20 Prozent steigen und das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent eines Durchschnittslohns sinken soll.

"Es ist gut, dass der Bundesfinanzminister sich dafür einsetzt, dass diese Rentengarantie bis 2040 gelten soll", sagte SPD-Vize Schwesig der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Alle, die seit vielen Jahren jeden Tag fleißig arbeiten gingen, müssten die Gewissheit haben, dass zumindest das heute geltende Rentenniveau nicht noch weiter absinke.

Der stellvertretende Unions-Fraktionschef Carsten Linnemann (CDU) warnte dagegen in der "Passauer Neuen Presse", am Ende müssten die kleinen Leute heute und 2040 die ganzen Rentenversprechen finanzieren. "Mit teuren Rentenbonbons gewinnt heute niemand mehr eine Wahl", sagte der CDU-Politiker. Die Bürger seien informiert. "Und niemand aus der älteren Generation will, dass die Jüngeren die Zeche zahlen." Scholz' Vorstoß sei ein reines Ablenkungsmanöver, weil die SPD bei der Reform von Riesterrente und betrieblicher Altersvorsorge nicht vorankomme, sagte der Chef der Unions-Mittelstandsvereinigung.

Das Rentenpaket, mit dem die Koalition bis 2025 die doppelte Haltelinie festzurren will, ist auch am Mittwoch noch nicht im Bundeskabinett. "Ein offizieller Kabinettstermin steht noch nicht fest", sagte ein Sprecher von Arbeitsminister Hubertus Heil. Der SPD-Politiker hatte den Gesetzentwurf bereits Mitte Juli vorgelegt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...