Die Abgeordneten in Straßburg stimmten dem Antrag am Mittwoch mit der erforderlichen Zwei-Drittelmehrheit zu. Für einen kritischen Bericht der niederländischen Grünen-Abgeordneten Judith Sargentini stimmten 488 EU-Abgeordnete, dagegen waren 197 Vertreter und 48 enthielten sich
Allerdings ist die Abstimmung nur ein isolierter Schritt, der nicht zwingend zu Konsequenzen führen muss. Der Rat der Mitgliedstaaten ist mit dem Votum lediglich verpflichtet, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Eine Vorentscheidung über eine Einleitung des Verfahrens ist durch den Parlamentsbeschluss nicht getroffen. Die Hürden bis zu einem möglichen Stimmrechtsentzug sind zudem hoch: Um über Sanktionen zu entscheiden, wäre zuerst ein einstimmiger Beschluss der Mitgliedstaaten nötig.
Denn als nächstes muss sich der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs mit dem Thema befassen und die Einleitung offiziell beschließen. Ungarns Regierung höhlt einem EU-Parlamentsbericht zufolge unter anderem den Rechtsstaat aus, weist eine hohe Korruption auf und drängt Nichtregierungs-Organisationen zurück. Gegen Polen läuft bereits ein Verfahren gleicher Art.
Im Rat haben sich seit den Wahlen in Italien und Österreich die Kräfteverhältnisse verschoben. Die Gruppe der Staaten, die die von Deutschland vorangetriebene Migrationspolitik ablehnt, ist deutlich größer geworden. Orban gilt als Symbolfigur der Ablehnung von Zuwanderung. Er wird mittlerweile aber auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel differenzierter gesehen, weil Ungarn mit der Schließung der EU-Außengrenzen dazu beigetragen haben soll, die Migration nach Europa zu begrenzen.
Die EU hatte erstmals Ende vergangenen Jahres ein Artikel-7-Verfahren gegen Polen eingeleitet. Grund waren eine Reihe umstrittener Reformen des polnischen Justizsystems, die nach Einschätzung der EU die Unabhängigkeit der Gerichte des Landes und die Gewaltenteilung in Gefahr bringen. In dem Verfahren hat Ungarn bereits angekündigt, Sanktionen gegen Warschau mit seinem Veto zu blockieren.