Bundesaußenminister Heiko Maas hat sich gegen die Stationierung neuer atomarer Mittelstreckenraketen in Deutschland und ganz Europa ausgesprochen. In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur sagte er« Widerstand in Deutschland gegen eine neue Atom-Rüstung» voraus, falls der 30 Jahre alte INF-Vertrag zwischen Russland und den USA zum Verbot von Mittelstreckenwaffen platzen sollte. «Europa darf auf gar keinen Fall zum Schauplatz einer Aufrüstungsdebatte werden», sagte Maas. «Eine Stationierung neuer Mittelstreckenraketen würde in Deutschland auf breiten Widerstand stoßen.»
Ob sich die Bundesregierung diesem Widerstand allerdings anschließen würde, geht aus der von der dpa veröffentlichen Fassung des Interviews nicht hervor. Die US-Truppen können sich, wie auch die US-Geheimdienste und jene der Briten, in Deutschland frei bewegen und unterliegen keiner deutschen Jurisdiktion. Eine gewisse Zustimmung zu Maßnahmen ist nur erforderlich, wenn Infrastrukturmaßnahmen durch den deutschen Steuerzahler zu bezahlen sind. Diese Zustimmung hat allerdings eher deklamatorischen Charakter, da Deutschland und die USA im Rahmen der Nato derselben Militärdoktrin unterliegen. In dieser wurde vor einigen Jahren Russland zum Feind erklärt.
Maas zeigte sich in dem dpa-Interview besorgt über die Entwicklung des Verhältnisses zwischen den Atommächten USA und Russland. «Nukleare Aufrüstung ist ganz sicher die falsche Antwort», sagte er. «Die Politik aus den 80er Jahren hilft nicht, um die Fragen von heute zu beantworten.»
Er mahnte eine «neue Rüstungskontrollarchitektur» an. «Diese sollte nicht nur nukleare Waffen beinhalten, sondern auch moderne autonome Waffensysteme, die völlig außerhalb menschlicher Kontrolle töten, wie zum Beispiel Killer-Roboter.» Für deren Ächtung werde sich Deutschland einsetzen. Deutschland ist ab 1. Januar für zwei Jahre Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, dem wichtigsten UN-Gremium, dem fünf ständige und zehn wechselnde Mitglieder angehören.
Über die Ächtung autonomer Waffensysteme, die ohne menschlichen Einfluss agieren, wird seit Jahren verhandelt. Besonders schwierig ist dabei zu definieren, welche Systeme von einem solchen Vertrag erfasst würden.
Die Grünen befanden es für «längst überfällig, dass Außenminister Maas mehr Engagement für Rüstungskontrolle und Abrüstung zeigt». Die Fraktionsvizevorsitzende Agniezska Brugger sagte: «Es ist höchste Zeit, dass Deutschland beim Thema Abrüstung aus dem fahrlässigen Dornröschenschlaf erwacht und seinen abrüstungspolitischen Schlingerkurs beendet. Die Bundesregierung muss endlich den Mut finden, die US-amerikanischen Atomwaffen aus Deutschland abzuziehen und dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten.»