Die britische Regierungschefin Theresa May steht in der Brexit-Politik unter wachsendem Druck von allen Seiten: Drei Staatssekretäre drohten der Premierministerin in einem am Dienstag in der "Daily Mail" veröffentlichten Brief mit Rücktritt, sollte May einen EU-Austritt ohne Abkommen nicht definitiv ausschließen. Könne May keine Zugeständnisse aus Brüssel erringen, die dem Austrittsvertrag eine Mehrheit im Unterhaus sichern würden, müsse sie das Austrittsdatum verschieben.
Kulturstaatssekretärin Margot James, die zu den Unterzeichnern gehört, berief sich in einem BBC-Interview auf die "moralische Pflicht, etwas zu tun, um eine solche Katastrophe zu verhindern". Sie sei sich mit ihren Staatssekretärs-Kollegen aus den Ministerien für Wirtschaft und Energie einig gewesen, "dass wir nicht einer Regierung angehören können, die es zulässt, dass das Land die EU ohne einen Vertrag verlässt".
In dem offenen Brief heißt es: "Wir bitten die Regierung inständig, diesen Schritt diese Woche zu tun." Damit meinen die Unterzeichner eine Festlegung Mays, einen Chaos-Brexit ohne Abkommen auszuschließen und notfalls den Austritt zu verschieben. Nach Informationen der "Daily Mail" gelten 15 Regierungsmitglieder als "bereit zum Rücktritt".
EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte am Vortag eine Verschiebung angesichts der festgefahrenen politischen Lage als "vernünftige Lösung" bezeichnet. Das Unterhaus könnte bereits am Mittwoch über eine Vorlage abstimmen, die eine solche Verschiebung verlangt.
Zudem wächst in Großbritannien die Unterstützung für die Forderung von Brexit-Gegnern nach einem zweiten Referendum. Oppositionsführer Jeremy Corbyn schloss sich am Montag dieser Forderung an.
May will am Dienstag das britische Unterhaus über den Stand der Brexit-Beratungen mit der EU informieren. Die Abgeordneten hatten im vergangenen Monat mit großer Mehrheit den mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Vertrag abgelehnt und Nachbesserungen gefordert. Eine Lösung, die mit einer Mehrheit im Unterhaus rechnen kann, ist derzeit nicht in Sicht.
Unter den Parlamentariern herrscht erheblicher Unmut über May. Die Premierministerin will dem Unterhaus erst am 12. März den möglicherweise ergänzten Brexit-Vertrag zur Abstimmung vorlegen - gerade einmal 17 Tage vor dem anvisierten Austrittsdatum.