Politik

EU: Neuer ‚Expertenrat‘ soll Sanktionen gegen Mitgliedsstaaten verhängen

Ein demokratisch nicht legitimierter Rat soll künftig Sanktionen gegen Mitgliedsstaaten verhängen.
18.03.2019 17:34
Lesezeit: 1 min

Der EVP-Spitzenkandidat für die Europawahl, Manfred Weber (CSU), strebt einen neuen Mechanismus zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit von EU-Mitgliedern an. Das bisherige "Artikel-7-Verfahren", das gegen Polen und Ungarn eingeleitet worden war, sei zwar ein starkes Signal, schreibt Weber in einem Beitrag mit dem früheren Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS). Es gleiche aber "einem sehr großen Geschütz, das wenig zielgenau und schwer zu bedienen ist".

Es bestehe außerdem die Gefahr, dass Rechtsstaatlichkeitsverfahren in politische Auseinandersetzungen gezogen würden, heißt es in dem Beitrag. Weber und Di Fabio schlagen stattdessen einen "unabhängigen Expertenrat" vor, der die Verhältnisse in allen Staaten regelmäßig überprüft und eine "objektive Beurteilung" für Sanktionsmaßnahmen liefert. Dazu soll die Kürzung zugesagter Mittel aus dem EU-Haushalt gehören.

Der Expertenrat solle nicht mehr als neun Mitglieder umfassen. Dazu sollten frühere Richter an höchsten nationalen Gerichten oder am Europäischen Gerichtshof gehören. Das Gremium soll politisch "plural ausgewogen" zusammengestellt sein und für eine längere Amtsperiode gewählt werden.

Alle zwei Jahre soll der Expertenrat demnach sämtliche Mitgliedstaaten hinsichtlich der Unabhängigkeit ihrer Justiz, ihrer Korruptionsanfälligkeit und Medienfreiheit evaluieren. Das Gremium soll Verbesserungen vorschlagen, aber auch Konsequenzen, wenn diese scheitern.

Bei "ernsthaften, schweren Verletzungen" soll der betreffende Mitgliedsstaat vor den Europäischen Gerichtshof gebracht werden. Im Fall einer Verurteilung solle die EU-Kommission Sanktionen vorschlagen, die nur durch eine Mehrheitsentscheidung von Parlament oder Rat gestoppt werden könnten. Ein solches Verfahren würde erheblich vom derzeit vorgesehen Prozedere abweichen.

Die EU hatte in der Vergangenheit Strafverfahren gegen Ungarn und Polen eingeleitet. Grundlage ist Artikel 7 des EU-Vertrags, der Sanktionen gegen Länder vorsieht, die angeblich demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien missachten. Über die Verhängung der Strafen müssen die EU-Staaten aber einstimmig - ohne den betroffenen Staat - entscheiden. Sowohl Ungarn als auch Polen hatten erklärt, sie würden Sanktionen gegen das jeweils andere Land mit ihrem Veto blockieren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...