Politik
Ernste politische Krise bahnt sich an

Südkorea kündigt Militärabkommen mit Japan überraschend auf

Südkorea hat ein Militärabkommen mit Japan aufgekündigt. Ein Pentagon-Sprecher ruft zur Mäßigung auf. Doch die USA könnten von dieser Entwicklung auch profitieren.
23.08.2019 12:54
Lesezeit: 2 min

Aufgrund des Handelsstreits hat Südkorea ein wichtiges Militärabkommen mit Japan über den Austausch nachrichtendienstlicher Informationen aufgekündigt. Das Präsidialamt in Seoul teilte am Donnerstag mit, das drei Jahre alte Abkommen, das sich formal General Security of Military Information Agreement (GSOMIA) nennt, nicht mehr verlängert wird. Das gegenseitige Vertrauen sei zerstört, argumentiert Seoul. Auf Grundlage des Pakts tauschten beide asiatischen Länder vor allem Informationen über Nordkoreas Atom- und Raketenprogramm aus. 

Dieser Schritt erfolgte wenige Wochen, nachdem Tokio Exportbeschränkungen für Halbleitermaterialien eingeführt hatte, die für die südkoreanische Technologieindustrie von entscheidender Bedeutung sind, berichtet der Guardian

Tokio reagierte empört. “Ich muss sagen, dass die Entscheidung der südkoreanischen Regierung, den Pakt zu beenden, eine völlige Fehleinschätzung des gegenwärtigen regionalen Sicherheitsumfelds darstellt und äußerst bedauerlich ist”, zitiert die Korea Times den japanischen Außenminister Taro Kono.

Die Vorgängerregierung Südkoreas hatte 2016 das GSOMIA-Abkommen mit Japan mit dem Argument geschlossen, der Zugriff auf Informationen von japanischen Satelliten und anderen Beobachtungssystemen sei notwendig, um sich besser gegen Bedrohungen durch Nordkorea schützen zu können, teil der englischsprachige Dienst von Reuters mit. Beide Länder sind wichtige Verbündete der USA.

Aus Sicht der südkoreanischen Landesverteidigung war es sinnvoll, sensible Informationen mit der japanischen Armee (SDF) zu teilen. Da Nordkorea Südkorea durch die Entwicklung seines Atomarsenals und der von U-Booten abgefeuerten ballistischen Raketen bedroht, konnten die japanischen Geheimdienste und die U-Boot-Abwehrkapazitäten es Südkorea ermöglichen, die Provokationen Nordkoreas sofort zu erkennen, um einen Austausch militärischer Informationen zwischen Japan und Südkorea zu ermöglichen.

Bis zum Abschluss des Abkommens 2016 wurden militärische Informationen zwischen beiden Ländern über die USA geteilt. Südkorea verfügt über GSOMIA-Abkommen mit 32 Ländern und der Nato. Japan verfügt hingegen über GSOMIA mit nur sechs Ländern, einschließlich den USA. 

Eskalation des Handelsstreits

Seoul wirft Tokio mittlerweile vor, durch eine Abwertung des Handelsstatus von Südkorea eine “grundlegende Veränderung” der Sicherheitskooperation herbeigeführt zu haben. Die Regierung sei zu dem Schluss gekommen, dass das Militärabkommen nicht mehr “dem nationalen Interesse” diene, sagte der stellvertretende Direktor des Sicherheitsbüros im Präsidialamt, Kim You Geun. Tokio werde vor Ablauf der Frist zur Verlängerung des Abkommens über diplomatische Kanäle von der Entscheidung Seouls informiert.

Die Beziehungen zwischen Seoul und Tokio sind trotz starker wirtschaftlicher Verflechtung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs auf einem neuen Tiefpunkt angelangt. Südkorea hat als Antwort auf schärfere japanische Exportkontrollen angekündigt, das Nachbarland von einer Liste mit Staaten zu streichen, für die Regeln für ein beschleunigtes Verfahren im Handel gelten.

Der eigentliche Hintergrund ist ein Disput über die Entschädigung koreanischer Zwangsarbeiter während Japans Kolonialherrschaft von 1910 bis 1945. Der Oberste Gerichtshof in Südkorea hatte im vergangenen Jahr japanische Unternehmen angewiesen, Schadenersatz zu zahlen, so die BBC. Tokio sieht das Thema Entschädigung durch den Grundlagenvertrag zwischen Japan und der Republik Korea von 1965 als abgeschlossen an.

Das US-Verteidigungsministerium fordert beide Länder auf, ihre Beziehungen erneut zu verbessern. “Wir ermutigen Japan und Korea, zusammenzuarbeiten, um ihre Differenzen zu lösen. Ich hoffe, dass sie das schnell schaffen. Wir sind alle stärker - und Nordostasien ist sicherer -, wenn die USA, Japan und Korea solidarisch und freundschaftlich zusammenarbeiten. Die nachrichtendienstliche Kooperation ist der Schlüssel zur Entwicklung unserer gemeinsamen Verteidigungspolitik und -strategie”, sagte Pentagon-Sprecher Oberstleutnant Dave Eastburn gegenüber den Japan Times

Allerdings muss erwähnt werden, dass durch die Aufkündigung des GSOMIA-Abkommens Japan und Südkorea  - jeder für sich - noch stärker auf die Kooperation mit den USA angewiesen sein werden. Für die US-Regierung könnte sich die Aufkündigung des Vertrags unter Umständen positiv auf ihre reinen bilateralen Beziehungen zu beiden Ländern auswirken. 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der XRP-ETF-Markt steht vor einem bedeutenden Wandel: Bereitet er den Weg für ein herausragendes Jahr 2026?

Der Kryptowährungsmarkt steht erneut vor einem potenziellen Wendepunkt. Während Bitcoin und Ethereum im Fokus institutioneller Anleger...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis nähert sich Rekord, Silberpreis mit Allzeithoch: Was die Edelmetallpreise treibt – und was das für Anleger heißt
17.12.2025

Der Goldpreis zieht am Mittwoch an und rückt wieder an sein Rekordniveau heran, während der Silberpreis bereits neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs aktuell: Konsolidierung und Notenbanken im Fokus
17.12.2025

Der DAX-Kurs startet freundlich in den Börsenhandel am Mittwoch, doch echte Dynamik bleibt aus. Während wichtige Marken halten, sorgt...

DWN
Finanzen
Finanzen VW-Aktie: Volkswagen startet Batteriefabrik in Salzgitter
17.12.2025

Volkswagen startet in Salzgitter die eigene Zellproduktion – ein strategischer Schritt mit Signalwirkung für Europa und direkt relevant...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wertvollstes deutsches Start-up: Trade Republic-Bewertung bei 12,5 Milliarden Euro – Frust im Kundenservice
17.12.2025

Trade Republic wächst rasant, zieht neue Spitzeninvestoren an und erreicht einen Milliarden-Unternehmenswert. Gleichzeitig mehren sich...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Karamalz-Übernahme: Veltins setzt auf Malz-Potenzial und greift Krombacher an
17.12.2025

Die Karamalz-Übernahme durch Veltins wirbelt den Markt für Malzgetränke durcheinander: Produktion, Vertrieb und Konkurrenz verschieben...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft IEA sieht Kohle-Nachfrage 2025 auf Rekordkurs
17.12.2025

Die Kohle-Nachfrage steuert laut Internationaler Energieagentur (IEA) auf einen neuen Rekord zu – doch regional verlaufen die Trends...

DWN
Politik
Politik Erst Drogen, jetzt Öl: Was Trump mit Venezuela plant – Fragen und Antworten
17.12.2025

Videos von US-Einsätzen in der Karibik, Vorwürfe gegen Maduro, und plötzlich rückt Öl ins Zentrum: Trump verschärft den Druck auf...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Batteriefirma CustomCells nach Insolvenz: Itzehoe bleibt – Restrukturierung abgeschlossen
17.12.2025

CustomCells hat monatelang unter Insolvenzbedingungen umgebaut – und meldet nun Vollzug. Was bedeutet das für Standorte, Jobs und die...