Politik

EU tatenlos: Tausende Afghanen und Pakistaner auf der Balkan-Route gestrandet

In Bosnien versuchen tausende Männer aus Afghanistan und Pakistan, nach Mitteleuropa zu kommen. Die besonders betroffene Grenzstadt Bihac wird von der EU im Stich gelassen. Schleuser und Taxifahrer bringen die Männer nach Kroatien und damit in die EU. Es herrschen chaotische Zustände.
26.08.2019 15:43
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
EU tatenlos: Tausende Afghanen und Pakistaner auf der Balkan-Route gestrandet
Flüchtlinge: Die Balkan-Route ist nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration sehr belebt.(Grafik: IOM)

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Unbemerkt von der Öffentlichkeit befinden sich im Grenzgebiet zwischen Bosnien-Herzegowina und Kroatien Tausende von Migranten, die den Weg nach Deutschland und in weitere Staaten Mittel- und Nordeuropas suchen. Die österreichische Zeitung Presse berichtet, dass es sich bei den Wirtschaftsflüchtlingen nicht um Syrer, sondern hauptsächlich um Männer aus Afghanistan und Pakistan handelt. In den bosnischen Städten Bihac und Velika Kladusa sei die Lage besonders dramatisch. Trotz der angeblichen Schließung der Balkanroute gelingt es den EU-Staaten offenbar nicht, den Zustrom außerhalb der EU-Außengrenzen aufzuhalten.

Die Presse wörtlich: “Waren es vor vier Jahren vor allem Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten Syriens – darunter viele Familien –, sind es heute fast nur noch alleinstehende, junge, männliche Wirtschaftsflüchtlinge im Alter von 18 bis zu 30 Jahren, überwiegend aus Pakistan und Afghanistan.”

Mindestens 20.000 Flüchtlingen und Migranten soll es bisher gelungen sein, über Kroatien in weitere EU-Staaten einzureisen. Das harte Vorgehen der kroatischen Polizei bleibe unwirksam, weil professionelle Schlepper ausgeklügelte Routen und Methoden nutzen. Einer Karte der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge findet die eigentliche aktuelle Flüchtlings-Krise daher nicht im Mittelmeer, sondern auf der Balkanroute statt.

Im Herbst geht es richtig los

“2019 kommen täglich etwa 180 bis 220 Migranten in Bihać an, bis zu 8000 halten sich ständig dort auf. Bei einer Stadtbevölkerung von etwa 35.000 bewirkt das riesige soziale und gesellschaftliche Probleme. Alle meine Gesprächspartner erwarteten ein starkes Ansteigen der Migration im Herbst. Das Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung steigt bedrohlich. Die Zahl der Einbrüche, Raubüberfälle etc. steigt rapide an, ebenso die gewalttätiger Auseinandersetzungen unter den Migranten”, so die Presse. 

Die Stadt Bihac wird von der EU vor Ort weitgehend alleingelassen. Bemerkenswert ist, dass offenbar unter anderem Taxifahrer vom Schlepperwesen profitieren. In Bihac habe es bis vor zwei Jahren nur zwei Taxis gegeben. Mittlerweile seien es bis zu 30 Taxis. Pro Nacht sollen etwa 400 Flüchtlinge und Migranten, begleitet von Schleppern, die Flüchtlingscamps in Bihac verlassen, um nach Westen und Norden loszuziehen. 

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen wörtlich: “Mit ihrer Abschottungspolitik wälzen EU und Mitgliedsstaaten ihre Verantwortung für Schutzsuchende auf das überforderte und politisch höchst fragile Bosnien ab. Trotz rund 24 Millionen Euro, die die EU seit 2018 für Migrationskontrolle, Unterbringung und Grenzsicherung in Bosnien und Herzegowina sowie für die Förderung ,freiwilliger Rückkehr’ bereitstellt, sind die Bedingungen in den bosnischen Camps miserabel und erfüllen keine internationalen Standards.”

Die Presse kritisiert, dass die griechische Regierung unter Alexis Tsipras die Flüchtlinge und Migranten nach Serbien und Nordmazedonien durchgewunken habe, ohne einzugreifen. Offenbar werden die Menschen von Südosteuropa aus nach Westeuropa durchgelassen, weil keiner der EU-Staaten eine Verantwortung für die Lösung dieser stillschweigend hingenommenen humanitären Katastrophe übernehmen möchte. Die Türkei, die mit 3,5 Millionen Flüchtlingen die größte Flüchtlingspopulation der Welt beherbergt, sieht es auch nicht mehr ein, warum sie alle Flüchtlinge aufnehmen soll, während die wohlhabenden EU-Staaten kein Interesse an einer Aufnahme von Flüchtlingen zeigen. Zuletzt hatte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu gesagt, dass die Türkei den Flüchtlings-Deal mit der EU aufgekündigt habe. Diese Reaktion folgte, nachdem die EU aufgrund des Zypern-Konflikts Sanktionen gegen die Türkei eingeführt hatte. 

EU-Politiker ignorieren neue Flüchtlings-Krise

Von den EU-Staats- und Regierungschefs ist angesichts der neuen Flüchtlingswelle nichts zu hören. Die Presse warnt: “In Österreich aber muss uns eines klar sein: Wer Europa im Süden oder Südosten betritt, kommt früher oder später zu uns in den Norden. Das ist die große ,Bubble’ in den Köpfen der Migranten, das fixierte Ziel, ohne jegliche Information darüber, was sie in unseren Ländern tatsächlich erwartet.”

Es ist auch bedenklich, dass die jungen männlichen Flüchtlinge aus Afghanistan und Pakistan “zum Äußersten entschlossen” sind. Es bleibt völlig unklar, warum die EU-Staats- und Regierungschefs ihre Bürger in Unkenntnis über das Ausmaß der neuen Flüchtlingswelle lassen. Besonders beschämend ist auch, dass rechtsnationale Parteien dieses große Problem unserer Zeit dazu nutzen, um politischen Profit zu ernten. 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Schnappen Sie sich den COME Mining Cloud-Mining-Vertrag und starten Sie Ihre Mining-Reise ganz einfach mit einem stabilen Tageseinkommen von über 7.000 $

Bei unseren Recherchen zum Bitcoin-Mining stellten wir fest, dass das traditionelle Mining-Modell für die meisten Nutzer ungeeignet ist....

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte unter Druck: Wie private Kreditmärkte einen Börsencrash begünstigen
15.10.2025

Die Finanzmärkte sehen sich neuen Risiken ausgesetzt, die im schlimmsten Fall zu einem Börsencrash führen könnten. Besonders die...

DWN
Panorama
Panorama Mehr Demenz-Todesfälle in Deutschland registriert
15.10.2025

Immer mehr Menschen in Deutschland sterben an Demenz. Besonders betroffen sind Frauen – doch bei Männern steigt die Zahl besonders stark.

DWN
Politik
Politik Migration: Großteil der Geflüchteten armutsgefährdet
15.10.2025

Viele der in Deutschland lebenden Flüchtlinge gelten laut einer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) als...

DWN
Finanzen
Finanzen Ethereum-Kurs erholt sich nach Marktrückgang: Chancen für Kryptowährung
15.10.2025

Die weltweiten Finanzmärkte stehen unter Druck, während geopolitische Spannungen Investoren verunsichern. Der Ethereum-Kurs rückt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen US-Autoindustrie: Autokonzern Stellantis investiert Milliarden in den USA
15.10.2025

Der Opel-Mutterkonzern Stellantis will das lahmende Geschäft auf dem wichtigen US-Markt ankurbeln und nimmt dafür viel Geld in die Hand....

DWN
Politik
Politik Ärztliches Attest: Warken offen für Gespräche über Lockerung bei Krankschreibungen
15.10.2025

Der Chef darf ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest verlangen. Diese Regel zu ändern, könnte Ärzte entlasten. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Die besten S&P 500-Aktien: Laut Analysten sollten Anleger diese Aktien aus dem S&P 500 jetzt kaufen
15.10.2025

Analysten empfehlen zehn S&P 500-Aktien zum Kauf. Doch während die Anleger an der Wall Street jubeln, bleibt die Frage: Sind sie wirklich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Öl in der Nordsee: Internationale Konzerne erzielen Milliardenumsätze
15.10.2025

Die Nordsee ist ein wichtiger Schauplatz der globalen Energiebranche, in dem internationale Konzerne hohe Umsätze erzielen und zugleich...