Politik

Wallonen: Offener Druck, um Widerstand gegen CETA zu brechen

Lesezeit: 2 min
18.10.2016 01:35
Der Regionalpräsident der Wallonen berichtet von erheblichem Druck, der auf ihn ausgeübt wird, damit die Wallonen ihren Widerstand gegen CETA aufgeben.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Das EU-Handelsabkommen Ceta mit Kanada bleibt bis zur letzten Minute umstritten. In Belgien wurde auch am Tag vor der Entscheidung der zuständigen EU-Minister am Dienstag nach einem Kompromiss mit der französischsprachige Region Wallonie gesucht, die ein Veto androht. Deren Regionalregierungschef Paul Magnette beklagte, dass Druck auf ihn ausgeübt werde, deutete jedoch an, dass er einlenken könnte.

Es habe in den vergangenen Tagen gute Diskussionen über die Forderungen der Wallonen nach Klarstellungen und Garantien gegeben, sagte er der Nachrichtenagentur Belga am Montag. Er warte auf einen neuen Text, der binnen weniger Stunden vorliegen solle.

Wenn dieser aber nicht ausreiche, bleibe er bei seiner Ablehnung, sagte Magnette. In diesem Fall müsse die für den 27. Oktober geplante feierliche Unterzeichnung von Ceta abgesagt werden. «Dies ist ein sehr schwieriger Kampf, wir erdulden manchmal sogar kaum verhüllte Drohungen in den vergangenen Stunden», sagte Magnette.

Die belgische Föderalregierung unter Ministerpräsident Charles Michel unterstützt den Pakt, der Zölle und andere Handelshindernisse zwischen Europa und Kanada abbauen und so die Wirtschaft beflügeln soll. Das Parlament der Wallonie hatte sich jedoch am Freitag gegen Ceta ausgesprochen und Nachbesserungen verlangt.

Michel braucht nach belgischer Rechtslage ein Mandat aller Regionen für die Unterschrift am 27. Oktober. Wenn Belgien - oder ein anderes der 28 EU-Länder - den Pakt nicht unterzeichnet, läge er auf Eis.

Auch der zuständige Außen- und Handelsminister Didier Reynders zeigte sich aber verhalten zuversichtlich. Man habe über das Wochenende mit der EU-Kommission gesprochen und hoffe auf einen Durchbruch bis Dienstag, sagte er am Montag in Luxemburg. Notfalls müsse beim EU-Gipfel Ende der Woche eine Lösung gesucht werden.

Bislang war die EU davon ausgegangen war, dass bis Dienstag alle Zweifel an Ceta aus der Welt geräumt seien - alle 28 EU-Handelsminister sollten dann grünes Licht für ihre Länder signalisieren. Nun könnte alles an Belgien scheitern. Das Parlament der Wallonie, des südlichen Landesteils, lehnte Ceta in seiner aktuellen Form ab. Die Wallonie verweigert der belgischen Regierung daher die Vollmacht, Ceta zu unterschreiben. Laut belgischer Verfassung kann die Regierung einem Vertrag wie Ceta aber nur dann zustimmen, wenn sie die Vollmacht aller drei Landesregionen hat.

Die AFP ist skeptisch, dass die Wallonen zur Zustimmung gedrängt werden könnten: "Das wird zwar versucht, ist aber sehr unwahrscheinlich. Walloniens Ministerpräsident Paul Magnette war Ende vergangener Woche sehr deutlich in seinen Äußerungen, bei seinem Nein zu Ceta zum jetzigen Zeitpunkt zu bleiben. Alle Bemühungen, die Wallonen noch umzustimmen, brachten bis Anfang dieser Woche keine Ergebnisse."

Als Alternativen gibt es mehrere Möglichkeiten: Sollte die Wallonie in letzter Minute doch noch einlenken, könnte Ceta wohl einstimmig angenommen werden. Rein theoretisch könnten die EU-Handelsminister Ceta auch mit einer belgischer Gegenstimme oder Enthaltung annehmen. Das Problem wird dann aber bei der Vertragsunterzeichnung wiederkommen. Da müssen alle EU-Mitgliedsländer eine Unterschrift unter den Vertrag setzen - sonst gilt er nicht. Wenn Belgien schon vorher signalisiert, nicht unterzeichnen zu wollen, wäre ein Mehrheitsbeschluss der Minister gleichsam bedeutungslos.

Muss denn in Luxemburg die endgültige Entscheidung fallen?

Nein. Die Minister können sich auch darauf verständigen, die Lösung des Problems an die EU-Staats- und Regierungschefs weiterzuleiten. Diese treffen sich planmäßig am Donnerstag und Freitag in Brüssel und wollen dabei unter anderem grundsätzlich über die EU-Handelspolitik sprechen. Vielleicht müssen sie sich dann auch mit Ceta befassen.

Die Wallonen sind aus denselben Gründen gegen das Abkommen wie die meisten Ceta-Kritiker. Sie haben Angst, dass europäische Standards zum Beispiel beim Verbraucher- und Umweltschutz gesenkt werden und kanadische Unternehmen die Möglichkeit haben sollen, gegen politische Entscheidungen in der EU gerichtlich vorgehen zu können. Wenn die ausgehandelten Standards hoch genug seien, könne man Ceta durchaus verabschieden, sagte Ministerpräsident Magnette am Freitag. Aber zurzeit seien die Standards eben noch nicht zufriedenstellend und die Bedenken der Bürger zu groß.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik SPD-Kanzlerkandidat steht fest: Pistorius zieht zurück und ebnet Weg für Scholz
21.11.2024

Nach intensiven Diskussionen innerhalb der SPD hat Verteidigungsminister Boris Pistorius Olaf Scholz den Weg für die erneute...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch kurz vor 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag hat die wichtigste Kryptowährung direkt nachgelegt. Seit dem Sieg von Donald...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...