Die mit großer Hoffnung erwartete Feuerpause im Bürgerkriegsland Jemen ist am ersten Tag mehrfach gebrochen worden. "Es gibt überhaupt keine Waffenruhe", sagte der Sprecher der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition, Ahmed Assiri, am Donnerstag. Er warf den Huthi-Rebellen mehrere Verstöße gegen die von den Vereinten Nationen vermittelte Feuerpause vor. Die Rebellen meldeten ihrerseits einen tödlichen Angriff der Militärallianz auf Zivilisten. Insgesamt wurden mindestens elf Menschen getötet.
Seit März 2015 fliegt ein von den Saudis angeführtes Militärbündnis in einem völkerrechtswidrigen Krieg Luftangriffe auf Stellungen der schiitischen Huthi-Rebellen. Saudi-Arabien und seine Verbündeten unterstützen den sunnitischen Staatschef Abd Rabbo Mansur Hadi. Die Rebellen halten dem ehemaligen Präsidenten Ali Abdallah Saleh die Treue.
Großbritannien und die USA hatten die Waffenruhe mit viel Pathos angefordert, sind jedoch die Hauptunterstützer der Saudis. Ohne die Anleitung von Militärs aus den USA und Großbritannien wäre die saudische Luftwaffe nicht in der Lage, ihre Bombardements zu fliegen. Für die britische Rüstungsindustrie ist der Krieg im Jemen ein wichtiger Absatzmarkt.
Juristen des Weißen Hauses hatten US-Präsident Barack Obama bereits vor Jahren gewarnt, dass die USA mit der Beteiligung an diesem Krieg in Kriegsverbrechen verwickelt werden könnten.
Die unter UN-Beteiligung vereinbarte dreitägige Kampfpause sollte den Weg zu Verhandlungen über einen dauerhaften Frieden ebnen.
Assiri zählte 43 Verstöße gegen die Waffenruhe entlang der saudischen Grenze. Dabei hätten die Rebellen Granaten, Raketen und Gewehrschüsse abgefeuert. In der Grenzregion Dschasan wurden dem saudischen Zivilschutz zufolge bei einem Angriff ein Mann und seine Tochter verletzt worden.
Die Militärkoalition beantworte jeden Verstoß gegen die Waffenruhe mit eigenen Luft- und Artillerieangriffen, sagte Assiri. "Wenn sie aufhören, feuern wir keine einzige Kugel ab." Die Militärkoalition sei weiterhin entschlossen, sich an die Waffenruhe zu halten, sagte Assiri. Auch um die Stadt Tais zählte ein Sprecher regierungstreuer Kräfte 69 Verstöße gegen die Waffenruhe sowie neun weitere in Nahm, nordöstlich der Hauptstadt Sanaa.
Fünf regierungstreue Kämpfer seien im Nordwesten des Landes bei Angriffen der Rebellen getötet worden, erklärten die Hadi-Truppen. Drei Rebellen seien in der Provinz Hodeida im Westen des Landes getötet worden. Unter den Todesopfern waren nach Angaben der Rebellen auch drei Zivilisten, die bei einem Luftangriff der Militärkoalition in der Provinz Saada nördlich der Hauptstadt Sanaa getötet worden seien.
Es handelt sich um den sechsten Anlauf für eine Waffenruhe in dem Konflikt mit über 6900 Toten - davon mehr als die Hälfte Zivilisten - sowie drei Millionen Vertriebenen. Noch mehr Menschen benötigen im ärmsten Land der arabischen Halbinsel dringend Nahrungsmittelhilfen.
Sollte die Waffenruhe doch noch zustande kommen, muss ein Weg zu Friedensgesprächen geebnet werden. Die Regierung fordert hierfür zunächst die Einrichtung einer Beobachtergruppe zur Überwachung der Feuerpause, ein Ende der Belagerung von Jemens drittgrößter Stadt Tais durch die Huthi-Kämpfer sowie ungehinderten Zugang zu humanitärer Hilfe. Die Huthi-Rebellen zeigen sich zwar offen für die Aufnahme von Friedensgesprächen, lehnen jedoch Vorbedingungen ab.