Politik

Merkel musste Aixtron-Übernahme auf US-Anweisung stoppen

Die Bundesregierung hat die Aixtron-Übernahme durch ein chinesisches Unternehmen offenbar auf Anweisung der USA gestoppt. Der Grund sollen militärischen Bedenken gewesen sein.
26.10.2016 13:11
Lesezeit: 1 min

Die geplante Übernahme des angeschlagenen Chipanlagenbauers Aixtron durch einen chinesischen Investor ist Reuters zufolge durch eine Intervention des US-Geheimdienstes gestoppt worden. Die Amerikaner hätten Ermittlungsergebnisse präsentiert, wonach Produkte von Aixtron auch militärisch genutzt werden könnten, berichtete das Handelsblatt am Mittwoch unter Berufung auf deutsche Geheimdienstkreise. In Washington werde befürchtet, dass China Chips von Aixtron in seinem Nuklearprogramm einsetzt. Das Bundeswirtschaftsministerium wollte sich dazu nicht äußern.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte in den vergangenen Tagen überraschend seine am 8. September erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung für den Deal zurückgezogen. Der chinesische Investor Grand Chip Investment (GCI) will für 676 Millionen Euro die defizitäre Firma übernehmen. Nach Ablauf der Annahmefrist haben die Aktionäre bereits rund 65 Prozent der Anteilsscheine zum Kauf angedient.

Bei einem Treffen in der US-Botschaft in Berlin waren der Zeitung zufolge Vertreter des Kanzleramts, des Bundeswirtschaftsministeriums, des Innenministeriums und des Verteidigungsministeriums anwesend. Die Amerikaner hätten laut Geheimdienstkreisen Beweise vorgelegt, sie der deutschen Seite aber nicht übergeben. Die deutsche Seite dringe darauf, die Beweise zu erhalten.

Es ist wegen der geopolitischen Dimension dieser Entscheidung klar, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Vorgang involviert wird. Eine derart weitreichende Entscheidung kann wegen der Richtlinienkompetenz nur von der Kanzlerin getroffen werden.

Tatsächlich sich diese Behauptung nur äußerst schwer zu überprüfen: Es gehört zum Kerngeschäft von Geheimdiensten, in der Öffentlichkeit mit gezielten Desinformationen zu arbeiten. Das Handelsblatt ist als Quelle allerdings insoweit zuverlässig, als dass das Blatt in transatlantischen Themen stets gut informiert ist. Seit kurzer Zeit positioniert sich die Zeitung auch auffallend EU-kritisch.

Es ist daher davon auszugehen, dass die Information im Kern stimmt. Der Hintergrund dürfte allerdings eine wirtschaftspolitische Überlegung sein: Die USA wollen eine Annäherung Deutschlands an China oder Russland verhindern, weil sie dann ihre Wettbewerbsvorteile im europäischen Absatzmarkt verlieren könnten. Diesem Ziel dient der Energie-Krieg gegen Russland, der politische dahingehend verbrämt wird, dass Russland als Bedrohung für den Weltfrieden stilisiert wird.

Gegen eine Annäherung Deutschlands an China sind allerdings Russen und Amerikaner. Die Hinwendung Russlands an China geschieht aus der Not, weil die US-Sanktionen den Russen eine wirtschaftliche Expansion in Europa verwehren. Dasselbe gilt für die EU-Staaten, denen der russische Absatzmarkt wegen der Sanktionen weitgehend weggebrochen ist.

In diese Kategorie könnte auch die Warnung der US-Dienste hinsichtlich Aixtron fallen: Man stilisiert China als aggressive Atommacht, um Wirtschaftsdeals zu unterbinden. Der Vorteile der Mitwirkung der Geheimdienste: Belege können niemals angefordert werden, weil es sich um Fragen der nationalen Sicherheit handelt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...

DWN
Politik
Politik USA frieren Waffenlieferungen an die Ukraine ein – Prioritäten verschieben sich
02.07.2025

Die USA stoppen zentrale Waffenlieferungen an die Ukraine. Hinter der Entscheidung steckt ein geopolitischer Kurswechsel, der Europa...

DWN
Politik
Politik Stromsteuer: Kommt jetzt die Entlastung für alle?
02.07.2025

Die Stromsteuer spaltet das schwarz-rote Bündnis – und mit ihr die Frage, ob Bürger und Betriebe wirklich entlastet werden. Während...