Politik

Experten: Trump wird globale Energiewende blockieren

Lesezeit: 2 min
10.11.2016 17:33
Nach dem Wahlsieg Donald Trumps rechnen viele Beobachter mit einer schleichenden Abkehr vieler Ländern von der globalen Energiewende.
Experten: Trump wird globale Energiewende blockieren

Mehr zum Thema:  
Klima > USA >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Klima  
USA  

Der Wahlsieg von Donald Trump stand kaum eine Stunde fest, da meldete sich Deutschlands führender Klimaforscher mit einer düsteren Prognose zu Wort: „Die Welt muss sich nun ohne die USA vorwärts bewegen auf dem Weg zur Begrenzung von Klimarisiken und zu sauberen Technologie-Innovationen“, sagte Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung laut Reuters. Und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks sah sich genötigt, einen Appell an Trump zu richten: „Wir gehen davon aus, dass völkerrechtliche Verpflichtungen gelten und natürlich auch nach Regierungswechseln eingehalten werden und fortgelten“, sagte sie mit sorgenvollem Blick auf den Weltklima-Vertrag. Die Befürchtungen gehen aber noch deutlich weiter, als dass die USA als zweitgrößter Treibhausgas-Produzent aus dem Kampf gegen den Klimawandel ausscheiden. Andere große Staaten könnten folgen, so die Sorge.

Bei der Weltklimakonferenz in Marrakesch löste die Wahl Trumps Entsetzen aus, selbst Tränen wurden gesehen. Der Delegationsleiter der Pazifik-Insel Tuvalu, die durch den Klimawandel vom Untergang bedroht ist, brachte es auf den Punkt: Es werde nicht nur mehr Hürden beim Klimaschutz geben, sagte Ian Fry. Trumps Wahl könne einen Domino-Effekt auf andere Nationen haben.

Trump hatte im Wahlkampf versprochen, die Kohle-, Öl- und Gasindustrie wiederzubeleben. Er hat den Klimawandel insgesamt als Lüge bezeichnet, die vor allem von China verbreitet werde, um den USA zu schaden. China ist der weltgrößte Produzent von Treibhausgasen. In den vergangenen Jahren war dort ebenso wie in den USA unter Barack Obama die Überzeugung gewachsen, dass gegen den Klimawandel vorgegangen werden müsse.

Beide Staaten belauerten sich jedoch und warteten mit konkreten Schritten gerne solange, bis der jeweils andere einen voranging. Hintergrund war die Angst, dass durch Klimaauflagen die Industrie im Wettbewerb geschadet werden könne. Nachdem Obama vor der Weltklimakonferenz von Paris mit Auflagen gegen die Kohlebranche vorging, zog China mit Ankündigungen nach. Am Ende stimmten vor einem Jahr beide dem Weltklimavertrag zu. Und beim G20-Treffen im September traten sie sozusagen Hand in Hand auch formal dem Vertrag bei, der damit noch vor der US-Wahl in Kraft treten konnte. Nach UN-Regeln kann ein Staat erst nach vier Jahren wieder austreten.

Dieser Gleichschritt könnte jetzt in ein Stolpern, einen Stillstand oder gar einen Rückschritt übergehen, fürchten Klimaschützer. Andere große Staaten wie Indien würden dann ebenfalls ihre Bemühungen einschränken.

Dies deutet sich bereits in unmittelbarer Nachbarschaft der USA an: Kanada hatte nach einem Regierungswechsel gerade erst seine Rolle als Bremser bei den Klimaverhandlungen aufgegeben. Das Land mit seiner großen Öl- und Kohleindustrie will eigentlich eine Kohlenstoff-Steuer einführen, um den Kohlendioxid(CO2)-Ausstoß zu begrenzen. Doch Ministerpräsident Justin Trudeau trifft jetzt damit auf noch größeren Widerstand, wo der Nachbar vor einem Kurswechsel steht. Die Steuer mache nun keinen Sinn mehr, wo der größte Konkurrent nicht mehr mitziehe, sagt der Ministerpräsident der Öl- und Gasförderregion Saskatchewan, Brad Wall.

Eine Entwicklung, auf die auch die Finanzmärkte setzten: Aktien von Öl- und Gasproduzenten legten nach Trumps Wahl weltweit zu, die aus der Ökostrombranche brachen ein. Stephanie Pfeifer, Chefin einer europäischen Investoren-Organisation mit 13 Milliarden Euro Anlagevermögen, sagt zwar, die Öko-Branche sei inzwischen zu groß und der Trend unumkehrbar. Die Kohle sei von den Erneuerbaren als weltgrößter Energielieferant abgelöst. Die Windbranche in den USA ist zudem gerade in den Staaten des mittleren Westens und in Texas besonders stark. In diesen republikanischen Hochburgen würden Subventionskürzungen für Windräder gerade die Trump-Wählerschaft der Arbeiter in der Stahlbranche treffen.

Auch in Deutschland sind schon Auswirkungen der Trump-Wahl im Bereich Klimapolitik spürbar. In Regierungskreisen hieß es, die Bergbau-Gewerkschaft IG BCE und der Industrieverband BDI wollten den umstrittenen „Klimaschutzplan 2050“ auch deshalb entschärfen, weil in kommenden Jahren ohnehin neue Forderungen kämen: Grüne, Linke und ein breite Bewegung von Umweltgruppen würden den Druck erhöhen, damit Deutschland die Lücke schließen helfe, die die USA beim Klimaschutz hinterlasse.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  
Klima > USA >

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Sichere Mobilgeräte für Ihr Business: Das Samsung Security Ecosystem

In vielen Unternehmen sind Smartphones und Tablets längst zum unverzichtbaren Arbeitsmittel geworden. Je nach Einsatzgebiet sind die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft DWN Marktreport: Rohstoffmärkte ziehen die Handbremse an
26.09.2023

Die anhaltende Dollar-Rally streut den Rohstoffbullen zunehmend Sand ins Getriebe. Auch die jüngste Zinserhöhungspause der US-Notenbank...

DWN
Politik
Politik Auf dem Weg in die Einsamkeit
26.09.2023

Wirtschafts- und Energiepolitik, Migration, Außenpolitik – die Liste der Themen wird immer länger, bei denen die Grünen mit ihren...

DWN
Politik
Politik Polen könnte Auslieferung von SS-Veteran aus Kanada beantragen
26.09.2023

Ein polnischer Minister beantragt die Auslieferung des SS-Veteranen, der im Parlament von Kanada mit stehendem Applaus für seinen Einsatz...

DWN
Politik
Politik Deutschland blockiert Asyl-Kompromiss in der EU
26.09.2023

Die anderen EU-Staaten verlieren langsam die Geduld mit Deutschland, weil die Bundesregierung einen Kompromiss in der Asylpolitik...

DWN
Politik
Politik Bund muss deutlich weniger Schulden machen
26.09.2023

Der Bund muss sich im vierten Quartal 31 Milliarden Euro weniger am Finanzmarkt leihen, als bisher geplant. Grund sind die niedrigeren...

DWN
Immobilien
Immobilien Büro-Immobilien: „Die Mischung aus Präsenz und Mobilität macht es"
26.09.2023

Seit der Pandemie ist hybrides Arbeiten das Schlagwort in Deutschland. Vor einem Hintergrund wachsender Büroleerstände, stark steigender...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesanleihe verzeichnet höchste Rendite seit 2011
25.09.2023

Anleger haben die Hoffnung auf ein baldiges Ende der hohen Zinsen aufgegeben. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen liegt auf dem...

DWN
Politik
Politik EU-Staaten verhindern Deutschlands strengere Abgasnorm
25.09.2023

Deutschland konnte sich in der EU mit Forderungen nach der Abgasnorm Euro 7 nicht durchsetzen. Die anderen Staaten lehnten die strengeren...