Politik

Fake News Plugin warnt vor deutscher Satire-Website „Postillon“

Die deutsche Satire-Website „Der Postillon“ ist auf eine Fake News-Liste geraten, auf der US-Leser vor Russen, Iranern, Rassisten und Alternativmedien gewarnt werden.
06.12.2016 03:15
Lesezeit: 2 min
Fake News Plugin warnt vor deutscher Satire-Website „Postillon“
Der Postillon auf einer US-Liste für Fake News. (Screenshot: B.S.Detector)

In den USA gibt es seit einigen Tagen ein Plugin, mit welchem die Leser vor sogenannten "Fake News" gewarnt werden sollen. Das Plugin namens „B.S. Detector“, das laut Motherboard "von dem Aktivisten und unabhängigen Journalisten Daniel Sieradski entwickelt wurde", beruht nach Angaben des Entwicklers auf einer "Liste der nicht vertrauenswürdigen Nachrichtenseiten", die "aus verschiedenen Online-Quellen erstellt" wurde. Aktuell enthält die Liste 560 verdächtige Sites. Wenn sie bei Facebook geteilt werden, wird automatisch eine Warnung erstellt: "Diese Website ist keine vertrauenswürdige Nachrichtenquelle."

Der Gründer sagte Motherboard: "Es beunruhigt mich, dass Fehlinformationen eine viel zu große Rolle in unseren politischen Debatten spielen. Du kannst keine fundierten Entscheidungen treffen, wenn dein Wissen auf falschen Informationen beruht."

Die gefährlichen Websites werden nach verschiedenen Kategorien klassifiziert: "Fake News, Satire, Extrem parteiisch, Verschwörungstheorien, Gerüchteküchen, Staatsmedien, Unsinn, Hass-Gruppen, Clickbait, Mit Vorsicht zu genießen."

Die Liste enthält jenseitige Websites wie die von Alex Jones (InfoWars), rassistische wie die Seite von David Duke, den russischen Staatssender RT oder den iranischen Staatssender PressTV. In Teilen ist die Liste deckungsgleich mit jener der Washington Post, die in den USA für große Empörung sorgt, weil auch zahlreiche Websites diffamiert werden, die zu den klassischen Alternativ-Medien gehören wie der Finanzblog Zerohedge, der Drudge Report, das von vielen Medien gerne zitierte Wikileaks oder die kritischen Websites von David Stockman und des früheren Präsidentschaftsbewerbers Ron Paul. Die Liste der Post wurde von einer anonymen Gruppe von "Wissenschaftlern, früheren Regierungsmitarbeitern und Sicherheitsexperten" erstellt. Glenn Greenwald bezeichnet die Liste auf The Intercept als eine üble Schmierenkampagne, der New Yorker schreibt, dass die obskure PropOrNot-Gruppe mit üblen Methoden "legitime abweichende Meinung als Fake News bezeichnet".

B.S.Detector bietet allerdings für deutsche Leser eine Überraschung: So wird neben den gefährlichen Putin-Verstehern und den Mullahs aus Teheran auch vor dem Besuch der Satire-Website "Der Postillon" gewarnt. Dieser hat sich offenkundig in der Kategorie "Satire" qualifiziert.

Die vielleicht geistreichste Website Deutschlands arbeitet mit dem Prinzip der vollkommenen Ironie und bringt dann Schlagzeilen wie: "Damit diesmal nichts schiefgeht: Stimmabgabe bei Österreichwahl soll mündlich erfolgen" oder ",Damit er nicht hinfällt': Alte Frau hilft Timo Werner über die Straße". Den Postillon gibt es auch auf Englisch. Dort finden sich Geschichten wie: "Boy last seen online on WhatsApp three hours ago: 17-year-old reported missing". Das Geheimnis des Erfolgs des Postillons besteht darin, dass er die Leser für intelligent genug hält, dass sie zwischen echter Information und Satire/Fälschung unterscheiden können.

Der Gründer von [B.S.Detector] muss allerdings nicht mit Problemen wegen des Listings des Postillons rechnen: Der Postillon schreibt in seinem Impressum ausdrücklich: "Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Inhalte können wir jedoch keine Gewähr übernehmen."

Sollten sich die Satiriker jedoch dennoch nur in Maßen über die Gesellschaft freuen, in die sie geraten sind, können sie vermutlich auf dem kurzen Dienstweg die Löschung erreichen: Der Postillon wird vom US-Konzern Vice vermarktet, zu dem auch Motherboard gehört, das das interessante Interview mit dem [B.S.Detector] geführt hat.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Silberpreis aktuell: Der arme Cousin des Goldes – warum die Silber-Preisentwicklung nicht mitzieht
12.04.2025

Während der Goldpreis zuletzt neue Allzeithochs erklomm und Investoren in aller Welt in seinen sicheren Hafen strömten, hat sich der...

DWN
Technologie
Technologie Big Tech: Trumps Zolloffensive könnte Europas Abkopplung von US-Giganten auslösen
12.04.2025

Die jüngsten Schritte der US-Regierung unter Donald Trump, die erneut protektionistische Zölle gegen Europa verhängte, könnten die...

DWN
Politik
Politik Fake News: Meta beendet Faktencheck in den USA - in Europa geht die Überprüfung weiter
12.04.2025

Mit dem Faktenprüfungs-Programm ging Meta gegen sogenannte Falschinformationen auf seinen Plattformen vor. US-Nutzer können jetzt selbst...

DWN
Technologie
Technologie Strom aus Solaranlagen: Weltweit immer mehr Stromgewinnung aus Sonnenlicht
12.04.2025

Sonnenstrom boomt global, der Anteil an der Stromerzeugung ist 2024 stark angestiegen – laut einer Analyse der britischen Denkfabrik...

DWN
Politik
Politik Ukraine Krieg: Neues NATO-Hauptquartier in Wiesbaden in Militäreinsätze verwickelt?
12.04.2025

Der ehemalige ukrainische Oberbefehlshaber und heutige Botschafter in Großbritannien, Walerij Saluschnyj, hat bestätigt, dass die Ukraine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Sekthersteller Rotkäppchen-Mumm: Vom ostdeutschen Sanierungsfall zum Marktführer
11.04.2025

Rotkäppchen-Mumm entwickelt sich wertmäßig bei Schaumwein und Wein deutlich über dem Marktniveau. Der Marktanteil ist mit 38 Prozent so...

DWN
Politik
Politik Trump Zölle gegen EU-Handelsbarrieren richtig: EU drohe sonst Öko-Sozialismus
11.04.2025

Mit provokanten Aussagen zu Trumps Zöllen überrascht Václav Klaus (83), Ex-Präsident der Tschechischen Republik und prominenter...

DWN
Politik
Politik Treffen mit Putin dauert noch an - Gespräch mit US-Sondergesandten Witkoff noch ohne offizielle Ergebnisse
11.04.2025

Der US-Sondergesandte Steve Witkoff ist nach Russland gereist und in St. Petersburg gelandet. Treffen zwischen Russlands Präsident...