Trumps Strafzölle, Europas Ausnahmen – und Putins Kassen klingeln weiter
Gotteslästerlich, aber Realität: Indien und China sollen keine russische Energie kaufen, doch die EU darf weiter russisches Gas importieren. Wer wird die Geschichte Europas schreiben?
US-Präsident Donald Trump meint, ein Preisverfall bei Energie könne Putin zum Einlenken zwingen. „Putin wird aufhören, Menschen zu töten, wenn der Ölpreis um zehn Dollar pro Barrel fällt. Er wird keine Wahl haben, denn seine Wirtschaft stinkt“, sagte Trump gegenüber CNBC. Trump drohte auch mit Strafzöllen gegen Länder, die weiterhin russisches Öl kaufen. Waren aus diesen Staaten sollen beim Import in die USA zusätzlich verzollt werden. Zielscheibe Nummer eins: Indien. China wird derzeit noch geschont. Auch die Türkei kauft russisches Öl – ist jedoch NATO-Mitglied. Indien und Russland erklärten unterdessen gemeinsam, Indien sei ein souveräner Staat, der eigenständig über seine Energiepolitik entscheide. Dennoch belegte Trump indische Importe mit einem 25-prozentigen Strafzoll – insgesamt nun 50 Prozent –, der in 21 Tagen in Kraft treten soll. Die Zollandrohung ist Teil eines Ultimatums an Putin und dessen Verbündete: Bis Freitag, den 8. August, soll ein Waffenstillstand vereinbart werden. Russland ist weiterhin der drittgrößte Ölproduzent der Welt – und finanziert seinen Krieg in der Ukraine maßgeblich über die Ölexporte.
Ohne russisches Öl steigen die Preise
Natürlich ist es ehrenwert zu sagen, dass menschliches Leben unbezahlbar sei. Doch das stimmt nicht: Leben hat ökonomisch betrachtet einen Preis – je nach Land, je nach Mensch, auch wenn Moralisten toben. Keine Sanktion ist kostenlos. Jeder Schritt hat einen Preis. Ein vollständiger Boykott russischen Öls würde die Nachfrage auf US-Öl und OPEC-Exporte umleiten. Ohne massiven Produktionsausbau durch OPEC stiege der Ölpreis dramatisch. Trumps Drohungen und Strafmaßnahmen würden – über höhere Ölpreise – direkt europäische Unternehmen und Haushalte treffen. Steigende Energiepreise mindern die Wohlstandsbasis. Wenn Trump also sagt, Russland sei nur mit Ölpreisen unter 60 Dollar zu stoppen, und gleichzeitig Strafzölle gegen Käufer russischen Öls ankündigt, treibt er die Preise nach oben. Die Welt ist der Trump’schen Drohkulisse inzwischen überdrüssig.
Wie lange kann Putin diesen Krieg durchhalten?
Historisch gilt: Kriegswirtschaften halten fünf Jahre durch. Nazi-Deutschland fiel nach fünf Jahren, die Sowjetunion hätte den Zweiten Weltkrieg ohne Verbündete kaum länger durchgestanden. Der Irak-Iran-Krieg dauerte sieben Jahre, der Koreakrieg drei. Nach fünf Jahren kollabiert gewöhnlich alles: Unternehmen brechen weg, Kapital fehlt, Innovationen versiegen, Investitionen fließen ausschließlich ins Militär. Einkommen und Vermögen schrumpfen, Konsum versiegt. Inflationsschübe und innere Machtkämpfe sind oft die Folge. Russland marschierte im Februar 2022 in die Ukraine ein – es läuft also das vierte Kriegsjahr. Die Offensive ist begrenzt, was die Belastbarkeit erhöht. Zudem ist Russland durch die global uneinheitlichen Sanktionen nicht vollständig isoliert – Umgehung und Parallelstrukturen sind Alltag. Russland ist auch nicht allein – es hat mächtige Verbündete.
Wie steht es um Russlands Wirtschaft?
Zu gut, um wahr zu sein? Der russische Wirtschaftsminister warnte kürzlich: Nach Überhitzung durch Militärausgaben steht das Land nun an der Schwelle zur Rezession. Nach 40 Monaten Krieg droht der Einbruch. 2022 schrumpfte die russische Wirtschaft trotz Sanktionen nur um 1,4 %. Die Zentralbank hatte 8 % Einbruch erwartet. 2023 und 2024 wuchs das BIP jeweils um rund 4 %. Der IWF erwartet für 2025 nur noch 0,9 % Wachstum, für 2026 etwa 1 %. Fast 7 % des russischen BIP fließen ins Militär – deutlich mehr als das alte NATO-Ziel von 2 %. Anders als westliche Staaten baut Russland aus diesen Geldern keine Militärresorts auf Sizilien. Die Inflation liegt bei rund 9 %. Die Zentralbank rechnet mit 7–8 %, die Bevölkerung erwartet 13 %. Der Leitzins liegt bei 18 %. Die Öl- und Gaseinnahmen sanken im Mai 2025 um 35 % gegenüber dem Vorjahr. Unternehmenspleiten steigen. Die russische Wirtschaft ist erschöpft – aber nicht tot, so internationale Beobachter.
Was importiert die EU noch aus Russland?
Seit Januar 2022 importierte die EU russische Güter im Wert von fast 300 Milliarden Euro, so Eurostat-Daten via Reuters. Im ersten Quartal 2025 summierte sich der russische Import auf rund 9 Milliarden Euro – gegenüber über 30 Mrd. Euro im gleichen Zeitraum 2021. Damals war Russland größter Öllieferant der EU. Ein Ölimportverbot reduzierte den russischen Anteil von knapp 30 % (2021) auf 2 % (2025). Im Q1/2025 fiel der Ölimport von 14,06 auf 1,48 Milliarden Euro. Doch 17 % des EU-Gases kommt weiter aus Russland – via Turkish Stream oder LNG-Lieferungen. Der Anteil ist rückläufig, aber signifikant. Beim Import von Eisen und Stahl sank Russlands Anteil von 18,28 % auf 7,71 %. Bei Düngemitteln aber bleibt Russland mit knapp 26 % Marktführer.
Das Scheitern der wichtigsten EU-Sanktionen
Die EU hat 18 Sanktionspakete gegen Russland beschlossen – fast 3.000 Einzelmaßnahmen gegen Unternehmen, Personen und „alles, was lebt“. Doch Russland schwimmt weiter oben. Drei Beispiele des Scheiterns:
1. Die große Show um beschlagnahmte Yachten
Mit Pomp kündigten EU und Biden-Regierung an, die russische Elite gegen Putin aufzubringen. Man konfiszierte Yachten, frierte Vermögen ein, verbot Reisen. Medienwirksam – aber ineffektiv. Putin hat die Oligarchen erschaffen – sie überleben ohne Yacht, aber nicht ohne Putin. Wer sich abwendet, fällt in Russland wortwörtlich aus dem Fenster. Die beschlagnahmten Boote stehen teuer in europäischen Häfen. Ihre Instandhaltung zahlt der Steuerzahler. Die Idee, Erlöse aus dem Verkauf für die Ukraine zu verwenden, scheiterte. Laut Handelsblatt wurden bislang nur zwei Yachten verkauft – mit hohen Abschlägen. Von dem Geld sah die Ukraine keinen Cent.
2. Europas LNG-Rekordimporte aus Russland
Trotz Sanktionen erreichte der LNG-Import 2024 Rekordniveau – plus 19 % im Vergleich zu 2023. Deutschland importierte sechsmal mehr als 2022. Sanktionen gegen russisches Gas? Fehlanzeige. EU-Staaten blockieren – selbst der jüngste Kommissionsvorschlag zur Gas-Umgehungsverordnung bis 2027 ist umstritten. Die ARD deckte im Juni auf: Das staatliche deutsche Unternehmen SEFE bezieht 2025 rund 50 LNG-Lieferungen aus Russland im Wert von 2 Mrd. Euro. Linke Politiker sprechen von einer „Kriegsfinanzierung“. Die Doppelmoral: Russland wird sanktioniert – aber mit Ausnahmen. Die EU unterstützt den Krieg angeblich nicht, finanziert ihn aber faktisch mit.
3. SWIFT-Ausschluss: Die atomare Finanzbombe verpufft
Der Ausschluss russischer Banken aus dem SWIFT-System galt als „finanzielle Atombombe“. Doch sie explodierte nicht. Der Zahlungsverkehr funktioniert weiter – über Schlupflöcher und neue Kanäle. Die EU lässt bewusst Ausnahmen zu, weil sie russisches Gas, Dünger oder Rohstoffe braucht. Russland zahlt und wird bezahlt – Umgehungen lohnen sich. Russland handelt bilateral mit China, entwickelt alternative Zahlungssysteme in den BRICS-Staaten und nutzt Drittstaaten wie Serbien. Serbische Medien berichteten 2023 von hohen Gewinnen durch Sanktionsumgehung. Die EU sanktioniert nun gezielt einzelne serbische Firmen – nicht aber den Staat.
Kasparow warnt: „Russland wird Europas Geschichte schreiben“
Schachlegende Garri Kasparow erklärte in Politico: Europa kann sich nicht gegen Russland behaupten – schlimmer noch: Es kann sich nicht gegen jene wehren, die es zerstören wollen. Europa wurde für Kompromisse geschaffen – aber jetzt ist eine Zeit des Kampfes. Nur Sieger überleben. 18 Sanktionspakete – doch Putin führt weiter Krieg, hält die Front, pflegt globale Allianzen. Keine Maßnahme zielte auf den entscheidenden Schlag. Die EU will Gegner „sanft“ an den Verhandlungstisch zwingen – ein Rezept für das Gegenteil: mehr Aggression. Wenn Europas Führer nicht handeln, wird Russland die Geschichte schreiben. Europa ist nicht zum Scheitern verdammt – aber Freiheit ist nicht gratis. Wer überleben will, muss sie verteidigen. Mit allem, was nötig ist.


