Ministerpräsident Matteo Renzi reichte am Mittwochabend seinen Rücktritt ein. Zuvor hatte das Parlament in Rom den Haushalt für 2017 verabschiedet, was Staatspräsident Sergio Mattarella zur Bedingung für Renzis Entlassung gemacht hatte. Er muss nun entscheiden, wem er den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erteilt.
Das Budget für 2017 zeigt die Probleme Italiens deutlich auf: Die EU-Kommission geht davon aus, dass mit dem Zahlenwerk die EU-Vorgaben gebrochen werden. Eigentlich sollte das Defizit nur 1,8 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) betragen, nun wird es voraussichtlich bei 2,3 Prozent liegen. Das chronisch wachstumsschwache Italien ist mit rund 130 Prozent des BIP stark verschuldet. Schlechter steht in der Euro-Zone nur noch Griechenland da. In Deutschland ist die Schuldenstandsquote des Staates lediglich halb so hoch.
Dazu kommen die Probleme der Banken, die rund 300 Milliarden Euro an faulen Krediten in den Büchern haben. Das drittgrößte Institut Monte dei Paschi braucht dringend frisches Kapital. Der ursprüngliche Plan sah vor, bis zum Monatsende über eine Kapitalerhöhung fünf Milliarden Euro am Markt einzusammeln. Wegen der Regierungskrise ist das fraglich geworden. Die Sorgen um die Banken und die politische Zukunft des Landes hatten zudem die Risikoaufschläge für Staatsanleihen nach oben getrieben.
Am Mittwoch schossen die Aktien von Monte dei Paschi um neun Prozent in die Höhe, der heimische Bankenindex zog um fast fünf Prozent an. Die Regierung hatte zwar zuvor einen Medienbericht dementiert, wonach sie einen Milliarden-Kredit beim Euro-Rettungsschirm ESM zur Stützung der Banken erwägt. Die Ratingagentur Moody’s hat inzwischen den Ausblick für die Kreditwürdigkeit Italiens wegen der hohen Schuldenlast auf „negativ“ von „stabil“ gesenkt.
Italiens Wirtschaft ist angeschlagen. 2015 erlebte Italien das erste Mal seit dem Einbruch seiner Wirtschaftsleistung um 9 Prozent gegenüber dem Vorkrisenniveau 2008 ein Wachstum in Höhe von 0,8 Prozent. Im dritten Quartal 2016 hatte das BIP gegenüber dem Vorjahreszeitraum lediglich um ein Prozent zugelegt. Im Vergleich zum 2. Quartal war das BIP um 0,3 Prozent gewachsen. Die Nachfrage aus dem Ausland war der nationalen Statistikbehörde zufolge zurückgegangen. Das einzige EU-Land mit einem geringeren BIP-Wachstum im dritten Quartal war Lettland. Die Industrieproduktion des Landes war im September um 0,8 Prozent gegenüber dem Vormonat geschrumpft. Die Inlandsnachfrage ist ebenfalls zurückgegangen.
Dementsprechend ist für die kommenden Monate angesichts der politischen Unsicherheit mit einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Beschaffenheit des Landes zu rechnen. Die Zuversicht der Unternehmen ist im November zurückgegangen.
Die starke industrielle Verflechtung zur deutschen Wirtschaft birgt demzufolge für die kommenden Monate auch für die deutsche Wirtschaft Unsicherheiten. „Brexit, Regierungswechsel in den USA, Italien-Referendum, in 2017 anstehende Wahlen in den EU- und Euro-Kernländern Frankreich und Deutschland – all das überschattet die wirtschaftliche Entwicklung“, teilten die Forscher des Hamburgischen Welt Wirtschafts Instituts in dieser Woche mit. Deshalb senkten sie ihre Wachstumsprognose auf 1,1 von 1,4 Prozent und gehören damit eher zu den Skeptikern. Für das laufende Jahr setzen die Ökonomen auf einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes von 1,8 (bisher 1,9) Prozent.
Wie sich die Risiken konkret auf die Wirtschaft auswirken werden, sei schwer abzuschätzen, aber einige Ankündigungen sorgten bereits für Verunsicherung. „Alles in allem haben sich die ökonomischen Rahmenbedingungen dadurch tendenziell eher verschlechtert.“ Die deutliche Abwertung des Euros in den letzten Monaten spiegele diese Tendenzen wider. Die Währung notierte im August noch bei rund 1,13 Dollar, lag aber am Vormittag nur noch bei etwa 1,07 Dollar.
Die Hamburger Forscher erwarten, dass sich im Laufe des kommenden Jahres einige der „politisch bedingten Unwägbarkeiten“ weitgehend auflösen und weniger drastisch ausfallen könnten als derzeit noch befürchtet. Somit dürfte sich etwa die Zurückhaltung der Firmen bei Investitionen normalisieren „und die konjunkturelle Dynamik könnte 2018 wieder zulegen“. „Deutschland ist wichtigster Handelspartner Italiens mit einem Anteil von 12,6 Prozent an den italienischen Exporten und 15,2 Prozent an den italienischen Importen“, so das Auswärtige Amt.