Politik

Söldner-Milizen am Ende: Russland bringt tausende Kämpfer aus Aleppo

Russland und Syrien transportieren tausende internationale und islamistische Kämpfer aus Aleppo nach Idlib. Damit scheint die Niederlage der Söldner-Milizen besiegelt.
15.12.2016 13:26
Lesezeit: 2 min

In der syrischen Großstadt Aleppo sind die Kämpfer der Söldner-Milizen laut Reuters nach russischen Angaben aus allen Vierteln vertrieben worden. Seit August hätten mehr als 3000 Aufständische die Stadt verlassen, erklärte das Verteidigungsministerium am Donnerstag in Moskau. Insgesamt hätten sich mehr als 108.000 Zivilisten in Sicherheit bringen können.

Zuvor war in der Stadt eine Evakuierungsaktion für tausende Kämpfer angelaufen, die in Söldner-Verbänden die Stadt überfallen und den Ost-Teil mehrere Jahre unter ihrer Kontrolle gehalten hatten. Mehr als 20 Busse sowie Rettungswagen fuhren am Donnerstag in das zerstörte Gebiet der syrischen Großstadt, wie eine Reuters-Reporterin beobachtete. Nach russischen Angaben geht es bei der Aktion um insgesamt 5000 Aufständische und deren Angehörige. Sie werden demnach über einen 21 Kilometer langen Korridor in die Stadt Idlib gebracht. Reuters berichtet von einem Zwischenfall, bei dem "regierungstreue Kämpfer...nach Angaben eines Rettungsdienstes auf Krankenwagen" gefeuert haben sollen. Belege für diesen Vorfall gibt es nicht.

Sollte die Evakuierungsaktion gelingen, wäre es der bislang wichtigste Sieg für Staatschef Baschar al-Assad. Ganz Aleppo wäre dann unter seiner Kontrolle. Er wird bei den Kämpfen auch von schiitischen Milizionären etwa aus dem Libanon, dem Iran und dem Irak sowie der russischen Luftwaffe unterstützt. Die Söldner werden von Großbritannien, Frankreich, der Türkei, den Golfstaaten und den USA unterstützt. Russland und die Türkei hatten bereits am Dienstag eine Feuerpause ausgehandelt. Sie scheiterte jedoch, so dass auch die Evakuierung zunächst abgesagt wurde. Nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz geht es zunächst darum, 200 Verletzte aus Ost-Aleppo in Sicherheit zu bringen.

Die neue Feuerpause gilt nach Reuters-Angaben laut der Söldner-Truppe "Dschabha Schamija" seit dem frühen Donnerstagmorgen. Diese Truppe ist auch unter dem Namen "Levante Front" bekannt und wird laut Carnegie Middle East von Saudi-Arabien unterstützt. Die Kämpfe tobten noch bis kurz vor Beginn. So nahmen Pro-Assad-Einheiten einen Teil des Stadtteils Sukkari ein. Schon davor kontrollierten die Söldner nach russischen Angaben nur noch 2,5 Quadratkilometer und damit einen winzigen Bruchteil der früheren Handelsmetropole.

Die Kämpfer der internationalen und islamistischen Söldner-Milizen sollen laut Moskauer Verteidigungsministerium auch von russischen Soldaten begleitet werden. Die syrische Regierung garantiere für die Sicherheit der Aufständischen und deren Familien. Demnach will Russland Drohnen einsetzen, um den Transport mit 20 Bussen und zehn Krankenwagen zu überwachen. Der Leiter des UN-Hilfseinsatzes in Syrien, Jan Egeland, sagte, Tausende Menschen müssten in Sicherheit gebracht werden. Besonders dringend sei die Hilfe für Kinder, Verletzte und Kranke.

Etwa 50 Kilometer südwestlich von Aleppo lief in der Provinz Idlib eine weitere Evakuierungsaktion an. Dort machten sich nach einem Bericht des syrischen Staatsfernsehens 29 Last- und Rettungswagen auf den Weg in die Ortschaften Al-Fua und Kefraja, die von Rebellen belagert werden. Ziel sei es, Verletzte und Familien in Sicherheit zu bringen. Die Evakuierung der beiden Dörfer war nach Rebellenangaben eine Bedingung schiitischer Milizionäre für die ähnliche Aktion in Aleppo.

Wohin die Kämpfer letzten Endes gebracht werden ist unklar. In Fragen kommen die Türkei oder andere Verbündete der US-geführten Koalition.

Die britische Premierministerin Theresa May fordert eine klare Antwort der EU. Die Schuldigen müssten zur Verantwortung gezogen werden. May erwähnte jedoch die Involvierung der britischen und französischen Geheimdienste in die Operationen gegen Syrien nicht. EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bezeichnete die Lage der Zivilisten als "absolut inakzeptabel". Österreichs Bundeskanzler Christian Kern rechnet wegen der Unterstützung des russischen Präsidenten Wladimir Putin für Assad indes nicht mit weiteren Sanktionen gegen die Regierung in Moskau, wie er vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel sagte.

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