Politik

Russischer Oppositionspolitiker Nawalny zu fünf Jahren Haft verurteilt

Lesezeit: 2 min
08.02.2017 22:47
Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist wegen Veruntreuung zu fünf Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden.
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Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist in seinem neu aufgerollten Prozess erneut zu fünf Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Ein Gericht im rund 900 Kilometer östlich von Moskau gelegenen Kirow sprach den Angeklagten am Mittwoch wegen Veruntreuung schuldig. Nawalny kündigte umgehend an, trotzdem bei der für März 2018 geplanten Präsidentschaftswahl anzutreten. Nach dem Schuldspruch wird er möglicherweise aber nicht kandidieren dürfen, sagte sein Anwalt nach dem Urteil.

"Gemäß der Verfassung habe ich das volle Recht, an der Wahl teilzunehmen, und das werde ich auch tun", sagte der 40-jährige Nawalny nach der Urteilsverkündung vor Journalisten. Er werde zudem weiterhin die Interessen derjenigen Menschen vertreten, die sich Russland als "normales, ehrliches und nicht korruptes Land" wünschten.

Das Wahlgesetz sieht vor, dass wegen eines schweren Vergehens Verurteilte von der Präsidentschaftswahl ausgeschlossen sind. Die Verfassung jedoch legt fest, dass Nicht-Inhaftierte zur Wahl antreten können.

Nawalny war bereits 2013 wegen Veruntreuung von Geldern bei einem staatlichen Unternehmen zu fünf Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Dies hinderte ihn schon damals daran, sich für ein politisches Amt zu bewerben. Er und seine Anhänger kritisierten das Urteil als politisch motiviert. Nach einer Rüge des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Februar 2016 hob die russische Justiz die Verurteilung auf, strengte aber ein neues Verfahren in gleicher Sache an.

In dem neu aufgerollten Prozess forderte die Staatsanwaltschaft erneut eine fünfjährige Bewährungsstrafe für Nawalny. "Sie wollen damit nur erreichen, mich von der Teilnahme an den Wahlen auszuschließen", erklärte Nawalny mit Blick auf die Wahl im kommenden Jahr.

Laut dem Urteil sollen Nawalny und sein Mitangeklagter, der Geschäftsmann Pjotr Ofizerow, den staatlichen Holzbetrieb Kirowles im Jahr 2009 um etwa 16 Millionen Rubel (fast 253.000) geschädigt haben.

Die stundenlange Urteilsbegründung am Mittwoch war Nawalny zufolge nahezu wortgleich mit der von 2013. Sie habe sogar dieselben Schreibfehler enthalten, schrieb Nawalny im Kurzbotschaftendienst Twitter. Der 40-jährige Jurist wurde letztlich erneut zu einer fünfjährigen Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe von 500.000 Rubel verurteilt. Nawalnys Verteidigerin Olga Michailowa kündigte Berufung gegen das Urteil an.

Nawalny hatte im vergangenen Dezember den Startschuss für seinen Wahlkampf um das Präsidentenamt gegeben. Im Ausland ist er als Wortführer der Proteste gegen die umstrittene Parlamentswahl im Dezember 2011 und die Wiederwahl Wladimir Putins ins Präsidentenamt im Mai 2012 bekannt.

Seinen Ruf als mutiger Kritiker der Mächtigen verdankt Nawalny vor allem seinem Blog, in dem er seit 2007 kritische Recherchen über die dubiosen Geschäftspraktiken russischer Großkonzerne veröffentlicht. 2013 erzielte Nawalny bei der Bürgermeisterwahl in Moskau 27 Prozent der Stimmen und landete damit überraschend stark hinter dem Kreml-Kandidaten und derzeitigen Amtsinhaber Sergej Sobjanin.

Das Auswärtige Amt nahm das Urteil gegen Nawalny "mit Besorgnis" zur Kenntnis. Ein Sprecher sagte, es blieben "Zweifel hinsichtlich der Gewährleistung des Rechts auf ein faires Verfahren" gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention bestehen. Nawalny müsse auch künftig die Möglichkeit haben, am politischen Leben in Russland teilzunehmen.


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