Politik

Polen droht mit völliger Blockade des EU-Gipfels

Polen eskaliert den Streit um den Ratspräsidenten Tusk und droht mit einer Blockade des EU-Gipfels. Bundeskanzlerin Merkel besteht auf Tusk. Tatsächlich geht es bei dem Streit um die Grundsatzfrage, ob die Staatszugehörigkeit eines EU-Funktionärs noch eine Rolle bei der Besetzung von Spitzenpositionen spielen soll.
09.03.2017 11:03
Lesezeit: 1 min

Die polnische Regierung hat am Donnerstag laut AFP mit einer Blockade des gesamten EU-Gipfels gedroht. Polen werde die anderen EU-Staaten informieren, "dass der ganze Gipfel gefährdet sein wird", wenn eine Abstimmung über die Personalie Tusk erzwungen werde, sagte Außenminister Witold Waszczykowski im Fernsehsender TVN24. "Wir werden alles tun, damit die Abstimmung heute nicht stattfindet", fügte er hinzu. Die Polen werfen Tusk vor, im Interesse Deutschlands zu agieren und seine Neutralität nicht gewahrt zu haben.

Polnische Medien sprachen nun von zwei Szenarien: Entweder bekommt Warschau die Zusage, dass über den Ratspräsidenten nur einstimmig abgestimmt wird, oder die polnische Regierung werde sich weigern, den gesamten Gipfelschlussfolgerungen zuzustimmen. Bei dem Gipfel wollen die Staats- und Regierungschefs eine Reihe von Beschlüssen verabschieden. Sie müssen im Einvernehmen getroffen werden, Polen könnte sie damit blockieren.

Die Regierung in Polen lehnt Tusk ab und hat den Europaabgeordneten Jacek Saryusz-Wolski als Gegenkandidaten aufgestellt. Alleine kann Warschau die Wiederwahl Tusks aber nicht verhindern, dafür wären insgesamt acht Länder nötig.

Tatsächlich ist noch nie ein Land in einer Personalie gegen seinen ausdrücklichen Widerstand übergangen worden. Die Konflikt um Tusk ist daher mehr als nur ein Streit zwischen Polen und der EU: Die EU möchte, unter Führung von Deutschland zeigen, dass Nationalitäten in den EU-Gremien untergeordnet sind. Tusk war schon in Polen äußerst umstritten, was sich auch im Wahlergebnis niedergeschlagen hatte: Seine Partei hatte die Wahlen verloren, die heutige Regierungspartei PiS ist durch ordnungsgemäße demokratische Wahlen mit der Regierung beauftragt worden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich für eine zweite Amtszeit von Tusk ausgesprochen. "Ich sehe seine Wiederwahl als Zeichen der Stabilität für die gesamte Europäische Union an", sagte Merkel am Donnerstag in einer Regierungserklärung zum EU-Gipfel im Bundestag. Sie freue sich darauf, "die Zusammenarbeit mit ihm fortzusetzen".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt noch vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel mit der polnischen Regierungschefin Beata Szydlo zusammen. Das Treffen ist für 15.00 Uhr im Gipfelgebäude angesetzt, wie die polnische Regierung am Donnerstag auf ihrer Website mitteilte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.