Politik

EU prüft Beteiligung der Steuerzahler an Banken-Rettung

EU überlegt Beteiligung der Steuerzahler an Banken-Rettung. (Dieser Artikel ist nur für Abonnenten zugänglich)
01.05.2017 01:29
Lesezeit: 3 min

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Die Banken in Europa haben insgesamt 1,1 Billionen Euro an faulen Krediten in ihren Bilanzen stehen. Daher gibt es auf EU-Ebene Überlegungen, ihnen beim Verkauf ausfallgefährdeter Kredite den Zugriff auf öffentliche Mittel zu ermöglichen, um Verluste zu vermeiden, wie Bloomberg berichtet. Hintergrund: Der Schuldenberg sei kaum zu stemmen und ersticke das Wirtschaftswachstum.

Beamte in Brüssel suchen daher eine Möglichkeit, wertgeminderte Aktiva für eine so genannte vorsorgliche Rekapitalisierung zu qualifizieren. Staatliche Beihilfen wären dabei eine Möglichkeit. Dies könnte den Weg für „Rettungsaktionen“ für die am stärksten betroffenen Länder ebnen, darunter Zypern, Portugal und Italien.

Das Ziel muss allerdings mit einer bestehenden EU-Richtlinie in Einklang gebracht werden, nämlich mit der „Richtlinie zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen“, bezeichnet auch als Recovery and Resolution Directive, BRRD, oder Abwicklungsrichtlinie. Und diese besagt, dass temporäre staatliche Beihilfen hinsichtlich einer Kapitallücke zuvor in einem Stress-Test identifiziert werden müssen. Und dass nur dann eine Ausnahme gemacht wird, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Am Beispiel der italienischen Bank Monte dei Paschi konnte man jedoch unlängst erkennen, dass bestimmte Bedingungen keineswegs erfüllt sein mussten, um mit Steuergeldern „gerettet“ zu werden und die BRRD-Richtlinie unterlaufen wurde.

Andrea Enria, Leiter der Europäischen Bankaufsichtsbehörde, hat nun die Möglichkeit erkundet, wie eine öffentliche Unterstützung für Banken möglich gemacht werden kann, die mit faulen Krediten kämpfen. Er argumentiert, dass die genannte „vorsorgliche Rekapitaliseriung“ dazu genutzt werden kann, „umgehend und entscheidend mit dem ‚bedeutenden Erbe von Asset-Quality-Problemen‘ im europäischen Bankensektor umzugehen, die die EU-Wirtschaft weiterhin belastet“.

Auf einer Konferenz, veranstaltet vom Euro-Krisenfonds ESM Anfang Januar 2017 sagte der Italiener, vor allem in Italien litten die Banken unter den hohen Lasten fauler Kredite. [Diese betrugen laut der italienischen Zentralbank (Banca d’Italia) mit Stand Februar 2017 rund 203 Milliarden Euro.] Enria fügte zwar hinzu, es gäbe „erhebliche Unterschiede zwischen den EU-Staaten, doch handele es sich unverändert um ein gesamteuropäisches Problem, weshalb es auch eine gesamteuropäische Lösung brauche.

Offenbar finden Enrias Überlegungen auch Gehör bei einigen hohen EU-Beamten der EU-Kommission. Nach einem Dokument, das Bloomberg vorliegt, sei es „denkbar, dass dies mit Hilfe vorbeugender Rekapitalisierung zur Finanzierung einer Maßnahme bei beeinträchtigten Assets eine Möglichkeit zu bieten scheint“. Eine Sprecherin der Kommission lehnte es Bloomberg gegenüber ab, das Dokument zu kommentieren.

Enria fordert eine Bad Bank für die gesamte EU. Nach seinen Überlegungen soll ein Institut für die Verwaltung der faulen Kredite mit Hilfe staatlicher Garantien gegründet werden. Diese Einrichtung soll die Lücke zwischen dem „tatsächlichen wirtschaftlichen Wert“ des Vermögens und dem Preis schließen, den Anleger für den Kauf fauler Kredite zu zahlen bereit sind. Auf diese neue EU-Einrichtung könnten die Banken dann ihre Problemkredite übertragen. Jedoch: Dieser „EU-weite“ Vorschlag für alle EU-Banken entwickelte keine Zugkraft. Und so signalisierten die EU-Finanzminister Anfang April „breite Unterstützung“ hinsichtlich der Pläne für nationale Asset-Management-Gesellschaften.

ESM-Chef Regling sah das positiv, denn damit sei keine Vergemeinschaftung von Risiken verbunden. Er sah jedoch die Schwachstelle darin, dass die Finanzierung eines solchen EU-Instituts ungeklärt sei. Wegen der Problemkredite müssten an eine solche Institution bis zu 250 Milliarden Euro übertragen werden. Damit könnten dann Milliarden am Finanzmarkt aufgenommen werden. Dennoch bedürfe dies der Rückendeckung des „öffentlichen Sektors“.

Gunnar Hoekmark, der die BRRD-Richtlinie durch das Europäische Parlament begleitete, sagte dagegen, dass staatliche Beihilfen nach dem Gesetz für diesen Zweck durchaus zugelassen werden könnten.

Die “vorsorgliche Rekapitalisierung war nicht dazu gedacht, negative Ergebnisse in einer Bank zu kompensieren, sondern ist da, um die Stabilität in einer Stresssituation zu gewährleisten“, sagte er in einem Telefoninterview. “Je nach Situation kann die Tatsache, dass eine Bank mit NPL umgehen muss, Teil dieser Stabilität sein“.

Denn zum Problem der faulen Krediten gehört, dass die BRRD-Richtlinie offenbar jenen Regierungen zu wenig Flexibilität erlaubt, die mit Steuergeldern intervenieren möchten, um eine Bank zu stabilisieren. Sie werden legal als solvent betrachtet, dennoch bezeichnet Daniele Nouy, Leiterin der Europäischen Zentralbank-Aufsicht dies als „Fischen im Trüben“.

Enria entwickelt die Logik weiter, indem er sagt, dass es „möglicherweise Situationen gibt, in denen eine Bank oder eine Reihe von Banken nicht scheitern oder womöglich zum Scheitern verurteilt sind, aber eine Bilanz voll von notleidenden Krediten haben. Dann sind sie nicht in der Lage, ihre Kunden zu bedienen, wie sie sollten. Sie verfügen somit über sehr geringen Rentabilität und bleiben die Art von leistungsschwachen Banken für einen langen Zeitraum“. In solchen Fällen würden die Behörden davon profitieren, dass sie die Macht haben, „etwas staatliche Beihilfen einzusetzen, um dem Prozess zu helfen, voranzukommen“.

Doch die Idee wird in Berlin schwer zu verkaufen sein, meint dazu Bloomberg, Das deutsche Finanzministerium sei skeptisch gegenüber italienischen Plänen, einzelnen Banken mit „bail-outs“ zu helfen. Denn die BRRD-Richtlinie sah ja gerade ein „bail-in“ vor, also die Beteiligung von Anteilseignern der Banken und Kundeneinlagen von über 100.000 Euro. Und eine wachsende Zahl von Kritikern führt ins Feld, dass die vorsorgliche Rekapitalisierung überholt ist oder gar in der BRRD-Richtlinie gestrichen werden sollte.

„Wenn Sie staatliche Beihilfen als ein letztes Mittel erlauben, die älteren Probleme mit den faulen Kredite loszuwerden, wäre es nur eine Unterstützung wert, wenn Sie gleichzeitig die vorsorgliche Rekapitalisierung loswerden, sagte Christian Stiefmüller von Finance Watch, eine Brüsseler Watchdog-Gruppe. „Du würdest sagen: ‚Sobald wir damit fertig sind, gibt es nur eins: die Abwicklung‘“.

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