Österreichs Vizekanzler und Parteichef der konservativen Volkspartei ÖVP, Reinhold Mitterlehner, legt seine Funktionen nieder. "Ich habe in den letzten Monaten und Tagen einfach keinen Sinn mehr gesehen", sagte Mitterlehner am Mittwoch auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz.
Mitterlehner steht seit Tagen parteiintern unter Druck. Erst am Vortag hatte er Rücktrittsgerüchte dementiert. Als möglicher Nachfolger wird Außenminister Sebastian Kurz genannt. Dieser hatte allerdings zuletzt gesagt, er wolle die Partei zum derzeitigen Zeitpunkt nicht übernehmen.
Welche Auswirkungen der Rücktritt auf die rot-schwarze Koalition hat, ist derzeit noch nicht absehbar. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) wollte noch am Mittwoch eine Stellungnahme abgeben.
Sebastian Kurz ist Umfragen zufolge der einzige Kandidat, der sowohl SPÖ-Chef Kern als auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache besiegen könnte. Mit jedem anderen Kandidaten droht der ÖVP der Sturz in die Bedeutungslosigkeit. Es ist daher unwahrscheinlich, dass sich Kurz zu diesem kritischen Zeitpunkt dem Ruf der Partei entziehen könnte. Kurz vertritt in der Frage der Flüchtlinge und der offenen Grenzen eine restriktive Position, die den seiner Ansicht nach begrenzten Möglichkeiten Österreichs Rechnung trägt.
Es wäre denkbar, dass Kern den Abtritt von Mitterlehner zum Anlass nimmt, um Neuwahlen auszurufen. Je schneller solche Wahlen kommen, desto stärker kann Kern noch von seinem Bonus als politischer Quereinsteiger profitieren. Zugleich könnte er verhindern, dass Kurz ausreichend Zeit hat, um sich an der Spitze der ÖVP zu positionieren.