Politik

EU nach dem Brexit: Die Landesgrenze der Zukunft ist unsichtbar

EU nach dem Brexit: Die Landesgrenze der Zukunft ist unsichtbar.
28.05.2017 00:37
Lesezeit: 2 min

Die Verhandlungen zum Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union nähern sich einem brisanten Thema – der einzigen Landgrenze zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Diese 500-Kilometer lange Trennlinie verläuft zwischen der Republik Irland und Nordirland und muss eventuell nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU im Jahr 2019 abhängig vom Verhandlungsergebnis gesichert werden. Denn noch ist vollkommen unklar, welche Form eine Einigung zwischen Brüssel und London haben wird, insbesondere bei wichtigen Fragen wie Freizügigkeit, Handelsabkommen und möglicherweise neuen Zöllen.

Möglich ist, dass eine neue Grenze nicht auf Zäunen, Beobachtungsposten und Straßensperren basieren, sondern subtiler arbeiten wird.

„Grenzübergänge müssen nicht die ganze Zeit mit Personal ausgestattet sein, man muss keine Straßen sperren. Es ist wie bei der Polizei, es handelt sich nicht um physische, sondern um elektronische Überwachung. Autos werden nicht ständig angehalten und durchsucht werden und niemand wird nachts einen Schwertransporter mit einem 10 Meter langen Container wenden lassen“, wird der für die irische Grenzsicherung zuständige Beamte Tony Buckley von Bloomberg zitiert.

Stattdessen soll der Einreiseverkehr durch elektronische Überwachung aus sicherer Entfernung bereits vor der Einreise nach Irland bewertet werden. Einige Kilometer nach der Grenze sollen dann verdächtige Fahrzeuge gezielt von den Grenzschützern heraus gewunken und untersucht werden. Dies werde Buckley zufolge rund 2 Prozent aller einreisenden Fahrzeuge betreffen. Allerdings räumt er ein, dass die Art der Grenzsicherung stark vom Ausgang der Verhandlungen abhängen wird. „Ich denke wir werden ein sehr unscheinbares System haben. Aber unter der Wasseroberfläche werden die Beine extrem paddeln müssen, damit alles funktioniert.“

Andersherum betrachtet wirft der irische Entwurf die Frage auf, wie die britische Regierung die Außengrenzen ohne starke Befestigungen schützen will – ein zentrales Versprechen der erfolgreichen Brexit-Befürworter. Auch französische Bauern haben sich bereits besorgt darüber geäußert, dass eine offene Grenze zwischen Irland und Nordirland dazu führen könnte, dass billige Importe aus Drittstaaten über die irische Grenze in die EU einsickern könnten.

Der britische Verhandlungsführer David Davis erwartet, dass die Frage zum „Dauerstreit des Sommers“ ausarten werde, weil die Grenzfrage unmittelbar mit dem Gesamtverlauf der Verhandlungen zusammenhängt. „Wie in aller Welt können Sie das Problem der Grenze zwischen Irland und Nordirland lösen, wenn Sie nicht genau wissen, wie die generelle Grenzpolitik aussieht, ob man plötzlich wieder Einfuhrzölle erheben muss und wie es um die Zukunft der vielfältigen Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien stehen wird.“

„Wir haben die Pflicht, ehrlich zu sein“, sagt EU-Chefunterhändler Michel Barnier. „Zollkontrollen sind Teil der EU-Grenzpolitik.“ Zu den kritischen Stimmen, die letztendlich doch mit befestigten Grenzen rechnen, gehört außerdem der Gründer der irischen Fluglinie Ryanair, Michael O’Leary. Dieser nannte die Idee offener Grenzen in Irland nach einem Austritt Großbritanniens „Luftnummern“. Das Ziel der EU, Großbritannien den Zugang zum einheitlichen Markt zu verweigern, habe zwangsläufig die Durchführung geregelter Grenzkontrollen zur Folge.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...