Deutschland

Schuldenkrise: Charité-Chef erwartet Klinik-Sterben in Deutschland

Der Chef des Berliner Uni-Klinikums Einhäupl beklagt den schleichenden Verfall der deutschen Kliniken. Beim Personal und bei den Investitionen hat die Charité bis zur Grenze der Belastbarkeit gestrichen. Dennoch schreibt sie rote Zahlen.
25.02.2013 00:25
Lesezeit: 1 min

Der Chef der Berliner Charité, Karl Max Einhäupl, beklagt den unaufhaltsamen Verfall der deutschen Kliniken. Gerade die hoch spezialisierten Universitätskliniken könnten den Kostendruck des Gesundheitssystems kaum noch schultern. Für die kommenden Jahre sagt der Professor daher in Deutschland ein Kliniksterben voraus, wenn am Finanzierungssystem nichts geändert werde, berichtet die Berliner Morgenpost. Patienten und Mitarbeitern klagten über Engpässe in der Pflege und der normalen Krankenbetreuung.

Auch die Kliniken haben sich in den vergangenen Jahren massiv verschuldet. Nun drückt der Schuldendienst. Wie schon die Kommunen müssen auch die Krankenhäuser einen signifikanten Anteil ihrer Haushalte für Zinsen und Tilgung verwenden (mehr zu den Bailouts der Kommunen - hier). Daher können die Kommunen den Krankenhäusern auch keine neue Mittel zur Verfügung stellen.

Nachdem das größte Universitätsklinikum Europas in den Jahren 2008 bis 2010 Verluste von zusammen knapp 100 Millionen Euro verzeichnet hatte, wurden unter anderem mehr als 1.000 Vollzeitstellen nicht neu besetzt. Allerdings arbeitet die Klinik nun am Limit. „Das Geld reicht nur, wenn uns nichts Wesentliches kaputtgeht“, sagte Einhäupl. Die Charité werbe bereits 154 Millionen Euro an Sponsorengeldern aus Wissenschaft und Industrie selbst ein. Insgesamt hat die Berliner Uni-Klinik einen Sanierungsstau in Höhe von mehr als 600 Millionen Euro.

Die Charité rechnet für dieses Jahr nicht mehr mit einem Gewinn. „Wir streben einen Abschluss plus/minus null an, und das ist schon ein ehrgeiziges Ziel“, zitiert die Berliner Morgenpost den Finanzvorstand Matthias Scheller. Die Grenze der Belastbarkeit sei erreicht und an einigen Stellen sogar schon überschritten. Die finanzielle Situation des Uni-Klinikums mache ihm manchmal Angst. „Denn ich sehe keinen Weg, das aufzulösen“, sagte Scheller. Der Bund müsse die Kliniken besser finanzieren.

Die Vernachlässigung der Klinik geht inzwischen so weit, dass eine Krankenhausküche geschlossen werden musste, nachdem Dreck aus den vielen Ritzen ins Essen gefallen war. Der Berliner Senat erwartet, dass die Charité das Geld für die nötigen Investitionen selbst erwirtschaftet. Wenn das Land ihm nicht entgegenkommt, wird Einhäupl seinen bis August 2013 laufenden Vertrag nicht verlängern. Doch eine Einigung ist ungewiss, denn das Land Berlin ist selbst pleite (mehr hier).

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