Politik

Fahnder finden Gift bei mutmaßlichem Supermarkt-Erpresser

Ein bei Tübingen gefasster Mann soll der Supermarkt-Erpresser sein, der Gläschen mit Babynahrung vergiftet hat. Trotzdem geben die Behörden noch keine endgültige Entwarnung.
01.10.2017 01:02
Lesezeit: 1 min

Die Supermarkt-Erpressung mit vergifteter Babynahrung ist aller Wahrscheinlichkeit nach aufgeklärt: Ein 53-jähriger Tatverdächtiger aus dem Kreis Tübingen hat am Samstag ein Geständnis abgelegt, wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Abend mitteilten. Demnach sagte der Mann auch aus, keine weiteren vergifteten Lebensmittel verteilt zu haben. Am Nachmittag hatte ein Richter in Ravensburg Haftbefehl erlassen, der dringend Tatverdächtige wurde inzwischen in eine Justizvollzugsanstalt gebracht.

Der Erpresser hatte damit gedroht, 20 vergiftete Lebensmittel in Umlauf zu bringen, und per E-Mail einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag gefordert. Mitte September hatte er fünf Gläschen Babynahrung mit Ethylenglycol vergiftet und in einen Supermarkt in Friedrichshafen am Bodensee gebracht. Als die Polizei Bilder einer Überwachungskamera veröffentlichte, gingen Hunderte Hinweise aus der Bevölkerung ein - darunter auch Hinweise auf den nun gefassten Tatverdächtigen.

Der Leitende Oberstaatsanwalt Alexander Boger sprach am Samstag auf einer Pressekonferenz in Konstanz von einer erdrückenden Beweislast. Bei einer Wohnungsdurchsuchung am Freitag in Ofterdingen habe man eine Flasche mit dem Gift Ethylenglycol gefunden, mit dem die sichergestellte Babynahrung in Friedrichshafen versetzt worden war. DNA-Spuren an den vergifteten Gläschen deuteten ebenfalls auf den Mann hin. Der Verdächtige habe die Vernichtung von Beweismitteln vorbereitet. Einen Laptop fanden die Beamten in einem Altkleider-Container.

Die Polizei geht von einem Einzeltäter aus. Der Verdächtige lebte demnach seit 2005 in Baden-Württemberg. Zuvor war er in Bayern gemeldet gewesen.

Der Vorwurf gegen den Verdächtigen lautet auf versuchte räuberische Erpressung. Laut Boger drohen ihm im Fall einer Verurteilung zwischen 5 und 15 Jahren Haft. Er schloss eine mögliche Beschuldigung auch wegen versuchter Tötung nicht aus. In dem Fall wäre eine lebenslange Strafe möglich.

Der Verdächtige sei ein Mann mit psychischen Auffälligkeiten und Brüchen in der Biografie, sagte Stürmer. Er sei ein exzentrischer Einzelgänger. Weitere Angaben wollte der Vizepräsident nicht machen, um das Presönlichkeitsrecht des Verdächtigen nicht zu verletzen. Boger sagte, der Mann sei nach ersten Erkenntnissen strafrechtlich vorbelastet. Details nannte er nicht, weil ihm die Akte noch nicht vorliege.

Nach Auffassung des Kriminologen und Psychologen Martin Rettenberger handelt es sich um einen äußerst seltenen Verbrechensfall. «Das ist auf jeden Fall eine ungewöhnliche Konstellation», sagte der Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden der dpa.

Eine Gemeinsamkeit von Erpressungsversuchen mit vergifteten Lebensmitteln sei, dass die Täter innerhalb kurzer Zeit bundesweit, zum Teil darüber hinaus, einen «maximalen Aufmerksamkeitsfokus» erhielten. Er vermutet beim Täter ein «ausgeprägtes Geltungsbedürfnis». Wenn es nur um die Gier nach Geld ginge, ließen sich für Täter andere Wege finden.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...

DWN
Politik
Politik USA frieren Waffenlieferungen an die Ukraine ein – Prioritäten verschieben sich
02.07.2025

Die USA stoppen zentrale Waffenlieferungen an die Ukraine. Hinter der Entscheidung steckt ein geopolitischer Kurswechsel, der Europa...