Politik

Unesco-Austritt der USA ist Geste Trumps für Israel

Lesezeit: 2 min
12.10.2017 15:18
Die USA und Israel treten aus der Unesco aus. Die Aktion ist vor allem im Kontext der jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten zu verstehen.
Unesco-Austritt der USA ist Geste Trumps für Israel

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Nach den USA hat auch Israel seinen Austritt aus der UN-Kulturorganisation Unesco angekündigt. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe das Außenministerium angewiesen, den Austritt Israels an der Seite der USA vorzubereiten, hieß es in einer am Donnerstag in Jerusalem veröffentlichten Erklärung von Netanjahus Büro. Der Regierungschef "begrüßte" demnach die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, die Unesco zu verlassen. International erntete Trump Kritik.

"Dies ist eine mutige und moralische Entscheidung, weil die Unesco ein absurdes Theater geworden ist und weil sie, anstatt Geschichte zu bewahren, diese verzerrt", hieß es in der Erklärung. Die US-Regierung hatte ihren Austritt am Donnerstag unter anderem damit begründet, dass die Unesco in zunehmendem Maße anti-israelische Positionen vertrete. Außerdem brauche die Organisation eine "grundlegende Reform", hieß es aus Washington.

Israels UN-Botschafter erklärte, die Entscheidung der US-Regierung läute eine "neue Ära" bei der UNO ein. "Die absurden und beschämenden Resolutionen der Unesco gegen Israel haben Konsequenzen", sagte Danny Danon. Die Organisation hatte mehrfach israelkritische Resolutionen angenommen, woraufhin die Regierung in Jerusalem ihre Beitragszahlungen verringert hatte.

All diese Erklärungen sind allerdings vermutlich nur vorgeschoben.

Beobachter sehen in dem Rückzug der Amerikaner eine Geste an Israel in einem kritische Moment im Nahen Osten: Die Palästinenserorganisationen Fatah und Hamas haben ihre Versöhnung erklärt. Viele Anzeichen sprechen dafür, dass die Einigung Teil eines Friedensplans der Amerikaner und Russen für den Nahen Osten sein könnte. Der Austritt verdrängte die Palästinenser-Einigung am Donnerstag rasch aus den Schlagzeilen der israelischen Medien. Netanjahu kann mit der Meldung Stärke zeigen und muss keine großen Erklärungen zur neuen Lage in den palästinensischen Gebieten abgeben. Außerdem wird mit der gemeinsamen Aktion die Schmach der Stimmenthaltung der USA unter Obama ein wenig getilgt, als die UN den Siedlungsbau in Israel verurteilten.

Für die Unesco hält sich der Schaden ohnehin in Grenzen: Die US-Zahlungen an die Organisation sind bereits seit 2011 eingefroren. Die Regierung von Präsident Barack Obama protestierte damit gegen die Aufnahme Palästinas als Unesco-Vollmitglied. Wegen der ausbleibenden Zahlungen der USA und Israels musste die Organisation ihr Budget zuletzt um mehr als ein Fünftel kürzen.

Nach Angaben des State Department wird der Rückzug aus der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur im Dezember 2018 wirksam. Danach würden die USA einen Beobachterstatus behalten. Unesco-Generaldirektorin Irina Bukova äußerte "tiefes Bedauern" über die Entscheidung der US-Regierung. "Es ist ein Verlust für die Unesco", erklärte die Bulgarin.

Der Deutsche Kulturrat erinnerte daran, dass die USA der Unesco bereits vor Trumps Amtsantritt im Januar kritisch gegenüberstanden. Auch schon unter seinem Vorgänger Barack Obama "haben die USA erschreckend wenig Interesse an internationaler Kulturzusammenarbeit im Rahmen der Unesco gezeigt", erklärte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann.

Es ist bereits der zweite Rückzug der Vereinigten Staaten in der jüngeren Geschichte. Unter Präsident Ronald Reagan traten die USA bereits 1984 aus der Kulturorganisation aus. Reagan protestierte damit gegen angebliche Misswirtschaft und eine anti-amerikanische Haltung der Unesco. Erst 2002 traten die USA unter Präsident George W. Bush wieder ein.

Streit gibt es derzeit in der Unesco auch um die neue Führungsspitze: Vor einer vierten Wahlrunde im Exekutivrat am Donnerstagabend lag der Kandidat Katars, Hamad bin Abdulasis al-Kawari, gleichauf mit der französischen Anwärterin Audrey Azoulay – dem 69-jährigen al-Kawari wird aber Antisemitismus vorgeworfen. Sollte er sich durchsetzen, könnte das den Konflikt mit Israel weiter verschärfen.

Die Unesco zählt derzeit 193 Mitgliedstaaten. Die 1945 gegründete Organisation ist vor allem durch ihre Liste der Welterbestätten bekannt, die jedes Jahr ergänzt wird.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - es fällt schwer, in deutschen Großstädten beim Angebot der Essenskuriere den Überblick zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Familienunternehmer in Sorge: Land verliert an Wettbewerbsfähigkeit
25.04.2024

In einer Umfrage kritisieren zahlreiche Familienunternehmer die Politik aufgrund von übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Besonders...

DWN
Finanzen
Finanzen So wählt Warren Buffett seine Investments aus
25.04.2024

Warren Buffett, auch als „Orakel von Omaha“ bekannt, ist eine Ikone der Investment-Welt. Doch worauf basiert seine Investmentstrategie,...

DWN
Technologie
Technologie KI-Chips trotz Exportbeschränkungen: China sichert sich US-Technologie durch die Hintertür
25.04.2024

Trotz der US-Exportbeschränkungen für Hochleistungsprozessoren scheint China einen Weg gefunden zu haben, sich dennoch mit den neuesten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Russlands Kriegswirtschaft: Putin geht das Geld nicht aus
25.04.2024

Russlands Wirtschaft wächst weiterhin, ist aber stark von der der Kriegsproduktion abhängig. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...