Finanzen

Venezuela meldet Bond-Zahlung in letzter Sekunde

Lesezeit: 2 min
27.10.2017 17:30
Venezuela hat nach eigenen Angaben die Staatspleite um Haaresbreite vermieden.
Venezuela meldet Bond-Zahlung in letzter Sekunde

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Venezuelas staatliches Ölunternehmen PDVSA sagte, es habe den notwendigen Betrag überwiesen, um am Freitag eine Zahlung in Höhe von 842 Millionen US-Dollar auf seine Anleihen zu tätigen und damit die erste von vielen Hürden zu überwinden, denen das Land in den kommenden Tagen begegnen wird.

Die Ankündigung sorgte für Erleichterung bei den Anlegern auf dem Rentenmarkt. Die Preise für venezolanische Vermögenswerte stiegen am Freitag durchgängig. Eine zweite große Zahlung ist am 2. November fällig. Die Entscheidung der Regierung, die erste Zahlung zu tätigen, deutet laut Bloomberg darauf hin, dass Venezuela auch seine nächste Zahlung durchführen will.

Doch noch gibt es etliche Hürden: So muss das Geld erst auf den Konten der Gläubiger ankommen. Bloomberg zitiert venezolanische Beamte mit der Aussage, dass es in den vergangenen Tagen wegen der US-Sanktionen immer wieder zu Verspätungen bei Überweisungen gekommen sei, weil die Banken Angst hätten, die Zahlungen auszuführen.

"Angesichts der Logistik und der notwendigen Schritte, um Zahlungen an die Anleihegläubiger zu erhalten, bezweifle ich, dass das Geld bis zum Ende des Tages ankommen wird", sagte Ray Zucaro, Chief Investment Officer bei RVX Asset Management in Miami, auf Bloomberg. "Montag ist realistischer, und dann werden wir einen großen Seufzer der Erleichterung hören."

Venezuela hat in den vergangenen Wochen mehrere Zinszahlungen auf ausstehende Staats- und Unternehmensanleihen nicht fristgerecht begleichen können. Am vergangenen Wochenende wurden Zinsen in Gesamthöhe von 237 Millionen Dollar fällig, die das südamerikanische Land nicht beglichen hat, berichtet der US-amerikanische Sender CNBC. Der insgesamt ausstehende Betrag an unbezahlten Zinsen stieg dadurch auf etwa 586 Millionen Dollar.

Da in den kommenden Tagen zwei weitere, hohe Rückzahlungen anstehen, mehren sich die Befürchtungen, dass das Land schon bald die Zahlungsunfähigkeit erklären muss. Am Freitag werden Tilgungs- und Zinszahlungen für eine Unternehmensanleihe des staatlichen Ölkonzerns PDVSA in Höhe von 841 Millionen Dollar fällig. Als Pfand dient in diesem Fall die PDVSA-Niederlassung in Houston.

Wenige Tage, danach, am 2. November, muss die Regierung fast 1,2 Milliarden Dollar für Anleihen von PDVSA zurückzahlen. Verschärft wird die Situation durch den Umstand, dass diese beiden hohen Rückzahlungen im Gegensatz zu den kleineren Zinszahlungen keine 30-tägige Zahlungsfrist beinhalten, also sofort beglichen werden müssen.

„Ich sehe nicht, wie jemand, der dem Land Geld geliehen hat, nicht beunruhigt sein könnte – außer vielleicht jene, die Kreditausfallversicherungen abgeschlossen haben“, wird ein Manager von Caracas Capital Markets von CNBC zitiert. „Am kommenden Wochenende werden eine ganze Menge Anleihehalter und Händler entweder Champagner trinken, oder es wird eine ganze Menge gestresster Fondsverwalter geben.“

Andere Beobachter mahnen zur Zurückhaltung. Venezuela werde die 841 Millionen Dollar am Freitag begleichen, ebenso wie die Zinszahlungen, für deren Rückzahlung es noch einige Tage Zeit hätte, berichtet CNBC.

Inzwischen ist auch der Internationale Währungsfonds (IWF) auf die Vorgänge aufmerksam geworden. Wie die Financial Times berichtet, sondiert der Fonds derzeit die Bedingungen für die Ausgabe von Notkrediten im Umfang von bis zu 30 Milliarden Dollar pro Jahr. Dies wäre bemerkenswert, weil es seit 2007 zwischen Venezuela und dem IWF keine offiziellen Kontakte mehr gibt. Die letzte Prüfmission des IWF wurde vor 13 Jahren in die venezolanische Hauptstadt Caracas geschickt.

Beobachter rechnen im Fall einer Zahlungsunfähigkeit mit weitreichenden Folge für das globale Finanzsystem. „Die Märkte müssen auf diesen Fall sehr gut vorbereitet sein“, wird ein hochrangiger Angestellter des IWF von der FT zitiert. „Was die Komplexität des Falles Venezuela betrifft, so ist diese höher als bei Griechenland und Argentinien zusammen“, wird ein anderer Beobachter zitiert.

Die Volkswirtschaft Venezuelas leidet seit Monaten unter eine extrem hohen Inflation. In dem Land herrschen seit Monaten teilweise bürgerkriegsähnliche Zustände, die sich aus einer Konfrontation der sozialistischen Regierung um Staatspräsident Nicolas Maduro mit der Opposition ergeben haben.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...