Politik

Machtkampf in Saudi-Arabien könnte Durchbruch für Bitcoin bringen

Der Machtkampf in Saudi-Arabien und in der ganzen Golfregion könnte Bitcoin und anderen Krptowährungen einen massiven Schub bringen.
09.11.2017 02:16
Lesezeit: 3 min

Der Grund liegt auf der Hand: Der neue saudische Kronprinz will Assets im Wert von 800 Milliarden Dollar konfiszieren. Die Säuberung vom vergangenen Wochenende hat gezeigt, dass Mohamend bin Salman (MBS) mit großer Härte vorgeht und auch sehr effizient agieren kann: Saudi-Arabien ist eine religiöse Diktatur, in der alle staatlichen Stellen und die gesamten Finanzmarktbehörden gleichgeschaltet sind.

Es ist eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet Prinz Alwaled bin Talal, der reichste Araber und einer der einflussreichsten Oligarchen der Welt, bei der Säuberung aus dem Verkehr gezogen wurde: Er hatte noch wenige Tage vor dem Machtkampf gesagt, Bitcoin sei wie ein Enron ein reines Betrugssystem und zum Scheitern verurteilt.

Hätte er geahnt, dass wenige Tage später seine Konten gesperrt und sein Vermögen unwiderruflich entzogen sein würde, er hätte vermutlich kurz darüber nachgedacht, einen Notgroschen in Bitcoin zu investieren.

Denn die virtuelle Währung bietet – wie alle anderen Kryptowährungen aktuell vor allem die Sicherheit von dem Zugriff durch staatliche Stellen. Diese Garantie hatte erst vor wenigen Tagen ein Top-Berater der Saudi Arabian Monetary Agency (SAMA), also der Finanzmarktaufsicht gegeben: Abdulmalik Al-Sheikh sagte CNBC, dass Kryptowährungen noch keine signifikante Bedeutung in Saudi-Arabien hätten und die saudische Aufsicht daher noch keine Regulierung plane. Die Währungen befänden sich in einer „Pilot-Phase“, mit einer Regulierung sei frühestens in fünf Jahren zu rechnen.

Damit bietet sich für reiche Saudis in der nächsten Zeit die Chance, auf Bitcoin zu wetten. Für einen von der Enteignung bedrohten Oligarchen ist das Risiko einer Kursschwankung Nebensache: Er hat als Alternative den Totalverlust durch seine Gegner – und zwar ganz ohne Upside. Bei Bitcoin kann er theoretisch sogar auf eine ordentliche Rendite hoffen.

Die Lobby-Website Cointelegraph nutzt die Saudi-Krise daher auch bereits zu einer Marketing-Aktion in eigener Sache und schreibt im Hinblick auf die Probleme in Saudi-Arabien, Katar und Bahrain: „Die Unberechenbarkeit von Regierungen, sei es im politischen oder im Währungsbereich, führt dazu, dass Menschen versuchen, sichere Zufluchtsorte für ihren Wohlstand zu finden. Traditionell war dies Gold, aber Bitcoin entwickelt sich schnell zu einem alternativen sicheren Hafen mit seiner dezentralisierten und grenzenlosen Natur.“

Cointelegraph weiter: „Der Nahe Osten ist strategisch wichtig, sowohl wegen seiner riesigen Öl- und Erdgasvorkommen als auch wegen des enormen Reichtums seiner Bürger. Wenn reiche Scheichs im Nahen Osten glauben, dass ein gewisser Anteil ihres Vermögens angesichts der Unsicherheit in der Region in Pitcoin geparkt wird,, könnte der Preis von Bitcoin neue Höchststände erreichen.“

Auch ein anderer wichtiger Verbündeter der Saudis, der US-Milliardär und Trump-Berater Peter Thiel sieht Bitcoin als einen möglichen sicheren Hafen in unsicheren Zeiten. Thiel sagte bei eiern Technologie-Konferenz in Riad laut CNBC: „Genau wie Gold ist es ein Wertspeicher. Wenn Bitcoins einmal das Cyber-Äquivalent zu Gold sein werden, haben sie noch jede Menge Potenzial.“ Thiel gluabt, dass traditionelle Währungen keine Zukunft haben, sondern dass diese bei globalen, verschlüsselten Währungen liegen werde.

Tatsächlich erreichte Bitcoin am Mittwoch auch einen neuen Höchststand. In der Community wird dafür in erster Line die Abwendung einer geplanten Aufspaltung („hard fork“) gesehen. Eine Gruppe von Entwicklern hatte den als SegWit2x bezeichnete upgrade verschoben, um, wie Forbes zitiert, „die Community vereint zu halten“.

Das mag sicher eine Rolle beim Anstieg des Kurses gespielt haben. Doch auf lange Sicht würden sich Investments von reichen Golf-Oligarchen dramatisch auf den Kurs auswirken. Bitcoin hat aktuell eine Marktkapitalisierung von 205 Milliarden Dollar. Anders als virtuelles Zentralbank-Geld ist Bitcoin durch das Mining begrenzt, kann daher nicht ohne weiteres inflationiert werden. Wenn man bedenkt, dass die Saudis jetzt Assets von 800 Milliarden Dollar eingefroren haben, lässt sich das Potential für Bitcoin ermessen. Die Kryptowährungen könnten mit Saudi-Arabien den Durchbruch auch in Investoren-Segmente schaffen, die sich bisher nicht an diese Asset-Klasse herangetraut haben. Sie Golf-Scheichs sind naturgemäß bereit, unkonventionelle Wege zu gehen - wenn ihnen der Verlust des Reichtums droht umso mehr. Andere könnten ihnen folgen und so die Transformation des globalen Finanzsystems beschleunigen.

Das muss keine Prognose für die Zukunft sein. Nouriel Roubini sagte am Mittwoch, dass Bitcoin eines Tages durch die Regulierung umgebracht würde. Das ist möglich – wird aber dauern, weil Regulierungen nie von heute auf morgen umgesetzt werden. Über die Finanztransaktionssteuer wurde nach der Finanzkrise jahrelang gestritten, bis sie schließlich still und leise beerdigt wurde.

Reale Krisen im globalen Banken-System sind dagegen jederzeit möglich, wie man in Lateinamerika, Europa oder eben am Golf sieht. In jeder dieser Krisen werden Investoren sichere Häfen suchen. Kryptowährungen werden in dieser Zeit als Investment vermutlich genutzt werden, um Schuldenschnitten oder Totalverlusten zu entgehen. Sollte es zu keinen signifikanten technischen Ausfällen kommen – wie zuletzt bei der Wallet Parity von Ethereum – könnte risikobereite Reiche auf Kryptowährungen als Versteck mit Rendite setzen, um zu überwintern.

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