Unternehmen

Deutschland: Der Mittelstand will keine Kredite mehr

Die Kreditnachfrage im deutschen Mittelstand lässt nach. In Südeuropa ist das Bild spiegelverkehrt: Unternehmen brauchen Kredite, bekommen diese aber kaum oder nur zu schlechten Konditionen.
28.02.2013 01:23
Lesezeit: 2 min

Der deutsche Mittelstand kann dem schwierigen konjunkturellen Umfeld in Europa noch gut trotzen. Der deutsche Mittelstand gilt in den europäischen Nachbarländern als Vorbild und Garant für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand. Die Nachfrage deutscher Klein- und Mittelstandsunternehmen (KMU) ist im zweiten Halbjahr 2012 sogar gesunken.

Wegen der wirtschaftlichen Stagnation in Deutschland ist dies jedoch als ein Zeichen der Vorsicht zu verstehen: Eine hohe Kreditvergabe an die Unternehmen ist nämlich nicht gleichzusetzen mit einer schlechten Finanzlage. Vielmehr ist die Bonität eines Unternehmens als gut bis sehr gut einzuschätzen, wenn es in seiner Bilanz viele Kredite aufgenommen und vollständig bedient hat. Kredite sind auch Investitions- und Wachstumsindikatoren. Ein Unternehmen, welches Kredite aufnimmt, kämpft nicht unmittelbar gegen die Insolvenz: Es will expandieren, renovieren, neue Mitarbeiter einstellen oder investieren.

Eine Studie der EZB bewertet die rückläufige Nachfrage nach Krediten hingegen als positiv. Über die Korrelation zu Investitionen sagt die Studie jedoch nichts aus. Vielmehr wird die Kreditnachfrage in Deutschland mit der in Südeuropa verglichen und festgestellt: „Die Schere geht immer weiter auf.“ Durch die unterschiedlichen Voraussetzungen bei der Staats- und Unternehmensverschuldung und Deutschland und der europäischen Peripherie ist dies jedoch keine Überraschung.

Einem Bericht von Economic Research der KFW-Bankengruppe zufolge stemmen deutsche Unternehmen Investitionen nämlich verstärkt aus eigenen Mitteln, ohne die Aufnahme von zusätzlichen Krediten: „Wurden im Jahr 2006 noch 43 % der Investitionsausgaben mit Eigenmitteln bestritten, waren es im Jahr 2011 bereits 54 %.“ Für Große und etablierte Unternehmen ist das kein Problem, für kleine und neue Firmen hingegen schon. Aller Anfang ist schwer und Investitionen wiegen bei kleinen Unternehmen schwerer, als bei großen.

Diese kleinen Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten wiederum – immerhin 92 Prozent aller mittelständischen, deutschen Unternehmen – haben ihre Eigenkapitalquote im Jahr 2011 „um 1,9 Prozentpunkte auf 23,5 %“ erhöht. Rücklagen werden immer in unsicheren Zeiten gebildet. Im gesamten Mittelstand liegt die Quote mit 26,9 Prozent sogar acht Prozent über dem Wert von 2002, berichtet die KFW.

Andere Studien weisen für das Jahr 2011 deutlich niedrigere Eigenkapitalquoten der mittelständischen Unternehmen aus. Bilanzauswertungen der Sparkassen zufolge kann eine Eigenkapitalquote von knapp 27 Prozent nur erreicht werden, wenn man die Großunternehmen in Deutschland in die Berechnungen mit einbezieht.

Für die Bilanzen der deutschen Unternehmen ist eine hohe Eigenkapitalquote jedoch gut. Die Abhängigkeit von Kreditinstituten sinkt. Die Kreditablehnungsquote ist in den letzten vier Jahren von 27 Prozent auf 17 Prozent gesunken. Demzufolge verbessern sich die Konditionen für neue Kredite, da Banken nun in einem echten Wettbewerb um neue Kunden stehen. Dies kann mittelfristig auch wieder zu einer verstärkten Inanspruchnahme für Investitions- und Gründungskredite führen. Momentan ist dies jedoch noch nicht zu beobachten.

Für südeuropäische Unternehmen ist die Einschätzung der EZB richtig: Viele kämpfen um das Überleben, müssen Stellen streichen, Schulden machen und auf Investitionen verzichten. Der Zugang zu Krediten, der in Deutschland ungebrochen gut ist, verschlechtert sich in Südeuropa von Jahr zu Jahr. Trotz niedrigem Leitzins und Bankenrettung sind die Zinsen für Unternehmer im Ausland unverändert hoch.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik IfW-Analyse: Europa verstärkt Ukraine-Hilfe deutlich
16.06.2025

Die europäische Ukraine-Hilfe hat in den vergangenen Monaten stark zugenommen – doch nicht überall im gleichen Maß. Während die USA...

DWN
Politik
Politik Einbürgerungsantrag: Entscheidung dauert mitunter Jahre
16.06.2025

Die Entscheidung über einen Einbürgerungsantrag kann lange dauern – warum profitieren bislang nur wenige von der verkürzten Frist? Wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple-Kurs legt kräftig zu: Woran das liegt und was Anleger jetzt wissen müssen
16.06.2025

Der Ripple-Kurs zeigt sich oft von seiner volatilen Seite. Doch zum Auftakt in die neue Handelswoche klettert der XRP-Coin kräftig –...

DWN
Politik
Politik SPD drängt auf gemeinsame Linie bei AfD-Verbotsverfahren
16.06.2025

Soll die AfD verboten werden? Während einige Bundespolitiker ein AfD-Verbotsverfahren fordern, mahnen andere zur Vorsicht. Im Raum steht...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Blackstone setzt auf Europa – Anleger an der Wall Street uneins über US-Ausblick
16.06.2025

Das Vertrauen der Wall Street in Europa wächst weiter. Mit Blackstone signalisiert nun ein weiteres Schwergewicht der Finanzwelt seine...

DWN
Politik
Politik G7-Gipfel in Kanada: Zerrissene Wertegemeinschaft vor Bewährungsprobe
16.06.2025

Der G7-Gipfel in Kanada steht vor enormen Herausforderungen: Konflikte, Uneinigkeit und globale Krisen prägen das Treffen. Wie finden die...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzprofis zeigen: So bauen sich Studenten ihre Geldmaschine
16.06.2025

Sie zeigen jungen Anlegern, wie man es richtig macht: Zwei schwedische Börsenprofis legen Musterportfolios auf – und erklären, warum...

DWN
Panorama
Panorama Rundfunkbeitrag: Was sich ändert – und was passiert, wenn man nicht zahlt
16.06.2025

Der Rundfunkbeitrag sorgt regelmäßig für Ärger – sei es wegen der Pflichtzahlung oder neuer Regeln. Millionen Bürger sind betroffen,...