Finanzen

Zahl feindlicher Übernahmen steigt weltweit

Lesezeit: 2 min
02.01.2018 02:36
Die Anzahl feindlicher Übernahmeversuche ist im laufenden Jahr deutlich gestiegen.
Zahl feindlicher Übernahmen steigt weltweit

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Immer mehr Konzerne lassen sich bei Übernahmen nicht davon stören, dass sie als ungebetene Gäste wahrgenommen werden. Feindliche und nicht mit dem Vorstand abgestimmte Kaufangebote trieben das Fusionsvolumen in diesem Jahr auf weltweit 3,54 Billionen Dollar, wie aus den am Freitag veröffentlichten vorläufigen Daten von Thomson Reuters hervorgeht. In beinahe 80 Prozent der erfolgreichen Fusionen weltweit sei die Initiative vom Käufer ausgegangen, schätzt Michael Carr, der das Geschäft mit Firmenzusammenschlüssen bei der führenden Investmentbank Goldman Sachs mitverantwortet. „Vor allem wenn Käufer das Gefühl haben, dass sie keine Konkurrenz fürchten müssen, setzen sie ihre Übernahme-Objekte hinter verschlossenen Türen unter Druck – mit der impliziten Drohung, dass sie sich sonst direkt an ihre Aktionäre wenden.“

Bestes Beispiel dafür ist eine der größten Übernahmen, die sich in diesem Jahr anbahnte: Der US-Chipriese Broadcom bietet 103 Milliarden Dollar für den Rivalen Qualcomm, obwohl sich dessen Führung nicht auf Gespräche einlassen wollte. Auch in Deutschland kommt das vor: Der finnische Stromversorger Fortum greift nach Uniper, obwohl der Vorstand Sturm dagegen läuft, weiß aber den Großaktionär E.ON auf seiner Seite.

Weil sich solch aggressive Vorgehensweisen häufen, blieb das Volumen der angekündigten Firmen-Zusammenschlüsse 2017 beinahe auf dem Niveau des Vorjahres (3,59 Billionen Dollar). Kredite seien günstig, die Konzernchefs trauten sich große Übernahmen zu und ließen sich von den geopolitischen Risiken nicht stören, sagt Investmentbanker Cyrus Kapadia vom Fusionsberater Lazard.

An den Höchststand seit der Finanzkrise – die 4,22 Billionen Dollar aus dem Jahr 2015 – kam der Markt für Mergers & Acquisitions (M&A) aber nicht heran. Das lag daran, dass das Transaktionsvolumen in den USA um 16 Prozent sank. Zuwächse in Europa (plus 16 Prozent) und Asien (plus elf Prozent) konnten das nicht ganz wettmachen. Goldman Sachs allein mischte als Berater bei Übernahmen im Volumen von 908 Milliarden Dollar mit und blieb damit die Nummer eins unter den Investmentbanken.

Die steigenden Börsenkurse unterstützen einen zweiten Trend: Immer mehr Übernahmen werden – zumindest zum Teil – mit eigenen Aktien bezahlt. Das liege zum einen daran, dass die Deals größer werden, sagt Wirtschaftsanwalt Stephen Arcano von der Kanzlei Skadden Arps. Zum anderen lockten die Käufer das Zielunternehmen und dessen Aktionäre mit der Hoffnung auf einen höheren Erlös, wenn die Aktie nach der Übernahme steigt.

Das unterstreicht auch die Thomson-Reuters-Statistik zu den Aktivitäten am Kapitalmarkt. Das Volumen von Kapitalerhöhungen und Börsengängen ist in diesem Jahr weltweit um 19 Prozent auf 780 Milliarden Dollar gestiegen. Allein Börsengänge brachten mit 179 Milliarden Dollar 35 Prozent mehr ein als ein Jahr zuvor. Bei den Kapitalerhöhungen dominierten freilich europäische Banken wie UniCredit, die Deutsche Bank, Credit Suisse und Santander, die zusammen 35 Milliarden Dollar einsammelten - nicht um zuzukaufen, sondern um ihre Bilanzen aufzumöbeln. Für das neue Jahr wird unter anderem eine große Kapitalerhöhung bei Bayer zur Finanzierung des Monsanto-Kaufs erwartet.

Die große Steuerreform in den USA habe bisher wenig Einfluss auf Fusionen, sagen Investmentbanker. Steuerquoten spielten eine untergeordnete Rolle, wenn Vorstandschefs den Sinn von Zukäufen durchrechneten. Aber das könne sich nächstes Jahr ändern. US-Firmen, die viel Geld im Ausland geparkt hätten, könnten dieses leichter einsetzen um zuzukaufen, argumentiert Investmentbanker Dietrich Becker von Perella Weinberg. Und die Europäer könnten versuchen, von den günstigen Steuersätzen in den USA zu profitierten, indem sie mit Übernahmen dort aktiv würden.

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Robert Habeck sollte endlich die Kehrtwende vollziehen - im Heizungskeller Deutschlands
03.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Finanzen
Finanzen Wirtschaftsstandort in der Kritik: Deutsche Ökonomen fordern Reformen
03.05.2024

Deutschlands Wirtschaftskraft schwächelt: Volkswirte geben alarmierend schlechte Noten. Erfahren Sie, welche Reformen jetzt dringend...

DWN
Politik
Politik Rheinmetall-Chef: Deutschland muss Militärausgaben um 30 Milliarden Euro erhöhen
03.05.2024

Armin Papperger, der CEO von Rheinmetall, drängt darauf, dass Deutschland seine Militärausgaben um mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Indische Arbeitskräfte im Fokus: Deutschland öffnet die Türen für Fachkräfte
03.05.2024

Die Bundesregierung strebt an, einen bedeutenden Anteil der indischen Bevölkerung nach Deutschland zu holen, um hier zu arbeiten. Viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie lege ich mein Geld an – wichtige Tipps für Anfänger
03.05.2024

Die Tipps zur Geldanlage können wirklich spannend sein, besonders wenn es darum geht, die eigenen finanziellen Ziele zu erreichen und eine...

DWN
Politik
Politik Die Bundesregierung macht Russland für den Cyberangriff auf SPD verantwortlich
03.05.2024

Im Januar des Vorjahres wurden die E-Mail-Konten der SPD von Hackern attackiert. Die Bundesregierung gibt nun "eindeutig" Russland die...

DWN
Finanzen
Finanzen Der komplette Guide zur Bankvollmacht: Sicherheit und Flexibilität im Finanzmanagement
03.05.2024

Eine Bankvollmacht kann entscheidend dafür sein, Sicherheit und Flexibilität in Ihren finanziellen Angelegenheiten zu gewährleisten....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fleischersatz auf dem Vormarsch: Deutschland erlebt Produktionsboom
03.05.2024

Vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte gewinnen in Deutschland an Beliebtheit: Produktion verdoppelt sich seit 2019. Fleischkonsum...