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In Spanien kündigt sich eine neue Immobilien-Blase an

Lesezeit: 2 min
04.04.2018 17:03
Die Nachfrage nach Wohnraum sinkt, Leerstände sind hoch - und doch forcieren die Banken in Spanien den Neubau von Immobilien.
In Spanien kündigt sich eine neue Immobilien-Blase an

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In Spanien kündigen sich rund 10 Jahre nach dem Platzen der letzten Immobilienblase neue Verwerfungen im Häusermarkt an. Denn obwohl die Nachfrage nach Neubauten gering ist und die Leerstände einen beachtlichen Umfang erreicht haben, arbeiten Banken und die Regierung in Madrid an einer deutlichen Ausweitung der Bautätigkeit.

Wie der Finanzblog Wolfstreet berichtet, hat Spaniens zweitgrößte Bank BBVA vor Kurzem angekündigt, künftig wieder Immobilienkredite mit einer hundertprozentigen Hypothek anzubieten. Dies bedeutet, dass sich potentielle Käufer künftig genau so viel Geld von der Bank leihen können, wie es dem Kaufpreis der Immobilie entspricht. Eine solche hundertprozentige Deckung durch einen Kredit war nach der Immobilienkrise verboten worden, weil ihr eine tragende Rolle bei der Überschuldung zahlreicher Spanier zugeschrieben wurde. Auch eine Anzahlung wird entgegen der bisherigen Regelungen von der BBVA nicht mehr gefordert.

Die Änderung der Geschäftsbedingungen bei der BBVA zeigt den Wunsch zahlreicher spanischer Banken an, ihre Aktivitäten im Immobiliensektor auszubauen, um die aufgrund der Niedrigzinspolitik der EZB geschwächte Einnahmesituation auszugleichen.

Auch Projektentwickler und Bauträger gehören zu jenen Kräften, denen an einer deutlichen Ausweitung der Bautätigkeit gelegen ist. In Zukunft wollen sie jährlich zwischen 120.000 und 150.000 neue Wohnungs- und Hauseinheiten bauen. Im vergangenen Jahr hingegen wurden in Spanien nur 43.300 neue Wohnungen und Häuser gebaut.

Die spärliche Bautätigkeit ist Folge der Tatsache, dass es kaum Nachfrage nach neuem Wohnraum gibt. In Spanien stehen als Hinterlassenschaft der vergangenen Krise etwa 1,36 Millionen Wohneinheiten leer – ein Viertel resultieren aus Zwangsräumungen und gehören inzwischen Banken oder Investmentfonds. Das bedeutet, dass es bereits ein großes Angebot an Wohnraum gibt und eigentlich keine neuen Einheiten mehr benötigt werden.

Die Nachfrage wird aufgrund weiterer wichtiger Faktoren auf absehbare Zeit auch nicht mehr ansteigen: Zum einen herrscht in Spanien noch immer eine hohe Arbeitslosigkeit. Als Folge davon wohnen viele arbeitslose Bürger bei nahen Verwandten und scheuen sich, auf Kredit Wohneigentum anzuschaffen oder zur Miete zu wohnen.

Den Baufinanzierern ist dieses Problem bewusst. „Die Häuser, die derzeit gebaut werden, können von einem Großteil der Nachfrage nicht erreicht werden. Obwohl die Leute also ein Haus kaufen möchten, können sie dies nicht, weil sie über keine ausreichenden Ersparnisse oder Kaufkraft verfügen“, wird die Vizepräsidentin der Vereinigung der Immobilienentwickler von Madrid von Wolfstreet zitiert.

Zum anderen macht sich auch in Spanien die negative demografische Entwicklung in einer sinkenden Zahl junger Menschen bemerkbar. Junge Menschen stellen jedoch in der Regel die treibende Kraft im Immobilienmarkt dar. Im Zuge der weltweiten Finanzkrise und der anschließenden Euro-Krise haben zudem viele gut ausgebildete Spanier ihre Heimat verlassen, um in Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden zu arbeiten.

„Der Großteil der derzeitigen Nachfrage nach Immobilien kommt aus dem Ausland. Im Jahr 2016 wurden insgesamt 53.500 Einheiten in Spanien von Ausländern gekauft oder verkauft. Davon waren nur 8.700 Einheiten neu gebaute Häuser oder Wohnungen. Dies erinnert daran, dass die Bauindustrie und die Immobilien-Finanzierer dringend frisches Blut brauchen um wiederaufzuerstehen – etwas, was es in Spanien nicht in ausreichendem Maße gibt.

Während die Nachfrage aus dem Inland stagniert, hat die ausländische Nachfrage in ausgewählten Regionen wie Madrid, Barcelona, den Balearen und einigen Küstenstädten zu massiven Steigerungen der durchschnittlichen Mieten geführt.

Um die heimische Nachfrage anzukurbeln, hat die Regierung in Madrid nun umfangreiche Subventionen angekündigt. So sollen Geringverdiener bis zu 10.800 Euro bekommen, um sich ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen.

Andererseits werden Bauträger mit Steuergeldern animiert, um Großprojekte des sozialen Wohnungsbaus zu verwirklichen. Das Versprechen, den neuen Wohnraum an bedürftige Geringverdiener zu vergeben, steht aber auf wackeligen Beinen. „Trotz der großzügigen Vergabe öffentlicher Gelder – Bauherren erhalten für jede von ihnen gebaute Wohnung bis zu 36.750 Euro – wird so gut wie keines der Neubauten als geschützter sozialer Wohnungsbau eingestuft werden“, spekuliert Wolfstreet. „Aber bei den Plänen der Regierung geht es wahrscheinlich überhaupt nicht darum, armen Mietern bezahlbaren Wohnraum zu bieten, sondern darum, die Immobilienwirtschaft anzuschieben was wiederum zu großen Gewinnen für Immobilienentwickler, Baufirmen und Banken führen wird. Wenn die Party vorbei ist, dürfen die Steuerzahler die Scherben aufsammeln.“


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