Politik

Italien: Jurist Giuseppe Conte soll Regierungschef werden

Lesezeit: 2 min
22.05.2018 01:58
In Italien haben sich Lega und Fünf Sterne auf einen Kandidaten für den Posten des Ministerpräsidenten geeinigt.
Italien: Jurist Giuseppe Conte soll Regierungschef werden

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Italien  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die beiden potenziellen Koalitionspartner in Italien wollen ihre neue Regierung von einem Juraprofessor ohne politische Erfahrung leiten lassen. Die Fünf-Sterne-Bewegung präsentierte am Montag den 54-jährigen Giuseppe Conte als Kandidaten, der den Fünf Sternen nahesteht und im Wahlkampf für den Abbau der Bürokratie geworben hatte. Präsident Sergio Mattarella zögerte allerdings, dem Experten das Mandat zu erteilen. Er werde am Dienstag mit den Präsidenten der beiden Parlamentskammern sprechen, teilte das Präsidialamt mit. Aus seinem Umfeld verlautete, Mattarella benötige Zeit zum Nachdenken. An den Finanzmärkten sorgte die Aussicht auf ein Bündnis der populistischen Bewegungen erneut für Verluste.

Conte lehrt an der Universität Florenz und war bisher den meisten Italienern unbekannt. Er wird auch von der Lega unterstützt, die mit den Fünf Sternen eine Regierung bilden will. Fünf Sterne-Chef Luigi Di Maio sagte nach einem Treffen mit Mattarella, bei dem er Conte vorschlug: "Ich bin auf diese Entscheidung sehr stolz." Lega-Chef Matteo Salvini erklärte, man habe sich auf eine annehmbare Person mit tadelloser beruflicher Erfahrung geeinigt.

Dass ein nicht gewählter Experte die Regierung leitet, ist in Italien nicht ungewöhnlich. Angestoßen wurde dieses Modell aber in der Vergangenheit durch den Präsidenten, um das Land aus einer Krise zu führen. Die Ministerpräsidenten suchten sich dann ihre Kabinettsmitglieder aus und setzten eigene Themen.

Fünf Sterne und Lega planen für das Euro-Land höhere Sozialausgaben, Steuersenkungen und eine Rücknahme der Rentenreform. Das würde viele Milliarden Euro kosten. Vertreter anderer Euro-Staaten und der EU-Kommission sind daher in Sorge. Auch an den Finanzmärkten herrscht Unruhe. Am Montag stieg der Risikoaufschlag, den Investoren für italienische Staatsanleihen im Vergleich zu deutschen verlangen, auf den höchsten Stand seit Juni 2017. Die Mailänder Aktienbörse gab um 1,5 Prozent nach.

Italien hat im Vergleich zur eigenen Wirtschaftsleistung einen Schuldenberg von 130 Prozent. Dieser Wert wird in der Euro-Zone nur von Griechenland übertroffen, das mit Milliardenpaketen der anderen Mitgliedsländer vor der Pleite gerettet wurde. Salvini sagte am Montag, man müsse die neue Regierung nicht fürchten. Ziel sei es, dass Wirtschaftswachstum anzukurbeln, um so die Verschuldung zu senken.

EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny äußerte sich über das Bündnis skeptisch. "Ich hoffe, dass sich in der Praxis ein klügerer Ansatz ergeben wird als das, was heute in den Zeitungen steht", sagte der österreichische Notenbankchef in Prag. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire hatte die Einhaltung der Haushaltsverpflichtungen gefordert. Sollte sich Italien nicht daran halten, sei die Stabilität in der Euro-Zone in Gefahr.

Bisher wird die italienische Regierung von den Sozialisten des Partito Democratico (PD) geführt. Die PD wurde bei der jüngsten Wahl mit schweren Verlusten abgewählt. Sollte das Bündnis der beiden Parteien zustande kommen, könnte Di Maio Arbeits- und Sozialminister werden und in dem Amt ein Grundeinkommen für Arme einführen. Salvini dürfte das Innenministerium übernehmen, das für die Einwanderungspolitik zuständig ist. Die Flüchtlingskrise der vergangenen Jahre war ein Grund, warum die Lega noch vor der konservativen Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi landete.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Sichere Mobilgeräte für Ihr Business: Das Samsung Security Ecosystem

In vielen Unternehmen sind Smartphones und Tablets längst zum unverzichtbaren Arbeitsmittel geworden. Je nach Einsatzgebiet sind die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Wie die USA Europa eroberten
24.09.2023

Der Publizist Werner Rügemer äußert sich im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten zum Anspruch der USA, alleinige Weltmacht...

DWN
Finanzen
Finanzen Beginn einer Ent-Euroisierung? Euro-Nutzung bricht laut Swift ein
24.09.2023

Der Euro wird im internationalen Handel viel weniger verwendet. Das zeigen kürzlich erschienene Swift-Zahlen. Ökonomen sehen darin eine...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kritische Rohstoffe: Wie die EU ihre Versorgung sichern will
24.09.2023

Lernen auf die harte Tour: Pandemiebedingte Engpässe, geopolitische Veränderungen und der Krieg in der Ukraine zwingen Europa zum...

DWN
Politik
Politik Gewalt-Eskalation im Kosovo: Spannungen mit Serbien nehmen massiv zu
24.09.2023

Bei Kämpfen mit einem bewaffnetem Kampftrupp im Nord-Kosovo gab es Tote. Die Spannungen in der Region nahmen zuletzt zu. Nun ist es zu den...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Startups: Wenn die Gazelle das Rennen verliert
24.09.2023

Nur sehr wenige Startups schaffen es von null auf hundert auf der Erfolgsskala in kürzester Zeit. Für die meisten jungen Gründer ist der...

DWN
Politik
Politik Länder warnen vor Aus für Deutschlandticket
24.09.2023

Das beliebte Deutschlandticket für Millionen Fahrgäste könnte schon bald wieder Geschichte sein – heißt es aus den Ländern gen...

DWN
Technologie
Technologie Die politische Ökonomie der Technologie
24.09.2023

Das System der industrialisierten westlichen Welt und ihrer Machtverteilung und -ausübung unterliegt einer großen Spannung. Diese wird...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Es geht schlicht um die Neuordnung Europas
23.09.2023

Bei Friedensverhandlungen zwischen Brüssel, wo die Zentralen der EU und der NATO stehen, und Moskau geht es unweigerlich um eine...