Politik

Italien: Neue Regierung attackiert EZB wegen Ankauf-Programm

Lesezeit: 2 min
04.06.2018 17:22
Die neue italienische Regierung äußert den Verdacht, die EZB könnte bewusst Öl ins Feuer einer neuen Euro-Krise schütten.
Italien: Neue Regierung attackiert EZB wegen Ankauf-Programm

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die EZB hat im Mai im Rahmen ihres langfristigen Programms italienische Staatsanleihen in Höhe von 3,6 Milliarden Euro gekauft, wie neue Zahlen laut Financial Times zeigen. Obwohl dies höher ist als der Betrag, den sie in den Monaten zuvor gekauft hat, verringerte sich der Anteil von italienischen Papieren im Gesamtpaket der OMT-Ankäufe.

Insgesamt stammten 28 Prozent ihrer Nettoeinkäufe im letzten Monat aus deutschen Anleihen, während 15 Prozent italienische Schuldtitel waren. Dies war die niedrigste proportionale Zuteilung nach Italien seit Beginn des Anleihekaufprogramms im März 2015.

Die EZB bestritt alles, was mit politischen Ereignissen zu tun hat, und sagte, der Rückkauf sei wegen einer großen Menge an fällig werdenden deutschen Anleihen, die in den Markt reinvestiert werden mussten. Der Anteil der EZB-Anleihenkäufe, die von anderen großen Staaten aufgenommen wurden, ging ebenfalls zurück. 17 Prozent der Nettokäufe entfielen auf die französische Schuldtitel, die niedrigste jemals verzeichnete Rate. Zwölf Prozent entfielen auf Spanien, was im normalen Bereich lag.

Die Preise für italienische Staatsanleihen fielen in den letzten zwei Wochen, als die Sorge wegen der neuen Regierung aus Lega und Fünf Sternen besonders groß war. Der Spread zwischen der Rendite der italienischen Staatsverschuldung und deutschen Bonds stieg auf das höchste Niveau seit fünf Jahren.

Claudio Borghi, der Wirtschaftsberater der Lega, sagte, es sei „keine Überraschung“, dass die EZB mehr deutsche Anleihen gekauft habe. „Da Draghi versprochen hat, alles zu tun, was immer nötig ist, waren die größten Akteure auf dem italienischen Anleihenmarkt die EZB und sie legen den Preis fest“, sagte er der FT: „Es ist notwendig, den Hintergrund über italienische Schulden zu klären. Es sind nicht die allgemeinen Märkte, die den größten Einfluss auf den Preis haben, sondern die EZB ist mit Abstand der größte Faktor.“

Einige Politiker der neuen euroskeptischen Regierungskoalition unterstellten der Zentralbank, dass die EZB die Bewegungen am Rentenmarkt verschärfen würde. „Es wäre nützlich zu wissen, wie viel Schulden die Bank von Italien und die EZB im Vergleich zur Gesamteinkauf gekauft haben? Sind die Anschaffungen zurückgegangen?“, twitterte Carla Ruocco, eine Fünf-Sterne-Abgeordnete, auf dem Höhepunkt der Marktturbulenzen in der vergangenen Woche. Castelli sagte in einem Interview mit der Huffington Post: „Die EZB und die italienischen Banken haben ihren Kauf von italienischen Staatsanleihen reduziert, was den Druck auf den Spread erhöht.“ Sie behauptete, dass „die quantitative Lockerung genau dann zurückgefahren wird, wenn wir sie hätten stärken müssen, um die Stabilität der EU zu sichern.“

Die EZB wies den Vorwurf zurück: „Mehrere Länder, darunter Frankreich, Österreich und Belgien, haben im Mai Rückgänge in ihrem Anteil an den Nettokäufen zu verzeichnen, nicht nur Italien“, heißt es in einer Erklärung: „Dies ist das Ergebnis der vereinbarten und kommunizierten Regeln für den Zeitpunkt der Neuinvestitionen.“

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Politik
Politik Chinesische Spionage: Verfassungsschutz mahnt Unternehmen zu mehr Vorsicht
24.04.2024

Der Verfassungsschutz warnt vor Wirtschaftsspionage und Einflussnahme aus China. Vor allem für deutsche Unternehmen wäre eine naive...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...

DWN
Technologie
Technologie KI-Hype in Deutschland: Welle von neuen Startups formiert sich
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, werden in Deutschland gerade unzählige KI-Startups gegründet....

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...