Politik

EU-Gericht: Milliarden-Beihilfen für Atomkraft sind zulässig

Das EU-Gericht hat eine Entscheidung getroffen, die zu einem Aufschwung der Kernenergie in Europa führen könnte.
12.07.2018 23:34
Lesezeit: 2 min

Großbritannien kann mit dem ersten Reaktor-Neubau seit rund zwei Jahrzehnten fortfahren. Das Gericht der Europäischen Union (EuG) wies am Donnerstag eine Klage Österreichs gegen die staatlichen Beihilfen für das geplante Akw Hinkley Point ab und bestätigte damit die Genehmigung der Subventionen durch die EU. Wettbewerber aus der alternativen Energie fordern nun eine Anpassung der EU-Grundlagen für die Atomförderung. (Az. T-356/15)

Hinkley Point soll vom französischen Staatskonzern EDF zusammen mit einem chinesischen Unternehmen gebaut werden und 2025 ans Netz gehen. Das Akw soll sieben Prozent des britischen Strombedarfs abdecken. EDF erhielt von der britischen Regierung eine Strompreisgarantie für 35 Jahre nach Inbetriebnahme.

Österreich wollte erreichen, dass das EU-Gericht die Genehmigung der Beihilfen durch die Kommission im Jahr 2014 für nichtig erklärt. Luxemburg unterstützte die Klage - an die Seite der Kommission stellten sich neben Großbritannien auch Tschechien, Frankreich, Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei.

Das EU-Gericht bestätigte nun die Annahme der EU-Kommission, dass Großbritannien die Entwicklung der Atomenergie als ein Ziel von gemeinsamen Interessen definieren könne. Ein solches Ziel müsse nicht unbedingt im Interesse aller Mitgliedsstaaten oder einer Mehrheit der Staaten liegen. Jedes Land habe das Recht, zwischen verschiedenen Energiequellen zu wählen.

Großbritannien könne seinen Energiemix bestimmen und darin die Kernenergie als eine Energiequelle beibehalten, erklärte das Gericht. Es wies zudem darauf hin, dass die Technologie des geplanten Meilers fortschrittlicher sei als diejenige der Atomkraftwerke, die ersetzt werden sollten. Die Entscheidung in erster Instanz kann noch vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angegriffen werden.

Klagen von deutschen und österreichischen Stromversorgern gegen die Subventionen für das Atomkraftwerk waren vom EU-Gericht bereits im Jahr 2016 als unzulässig abgewiesen worden. Das Gericht sah unter anderem den Ökostromanbieter Greenpeace Energy nicht als klagebefugt an.

Der Chef von Greenpeace Energy, Sönke Tangermann, nannte das Urteil einen "Weckruf", endlich die juristischen Grundlagen für die Förderung von Atomprojekten zu ändern. Die EU-Kommission und die britische Regierung hätten sich hinter "den verstaubten Paragrafen des Euratom-Vertrages von 1957 verschanzt". Euratom gewähre atomfreundlichen Regierungen freie Hand bei der Förderung der "Risikotechnologie". Tatsächlich hält der Euratom-Vertrag die Verpflichtung aller Staaten fest, die Kernenergie zu fördern. Die freie Entscheidung, auf Kernengerie zu setzen, steht über dem EU-Beihilferecht.

Die Grünen-Politikerin Sylvia Kotting-Uhl, Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, erklärte, das Urteil sei "ein schwarzer für Tag für die Energiewende in Europa". Atomwillige Länder könnten nun nachziehen und sich auf "wohlwollende Entscheidungen für horrende und völlig absurde Akw-Beihilfen verlassen". Die erneuerbaren Energien gerieten durch dieses Urteil ins Hintertreffen.

Das Urteil dürfte vor allem Osteuropa weitreichende Folgen haben: Im ungarischen Paks und im tschechischen Dukovany sollen bereits bestehende Meiler ausgebaut werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Mulfin Trade hat seine Schutzsysteme für mehr Sicherheit aktualisiert

Der Schutz persönlicher Daten ist einer der Schlüsselfaktoren, die das Vertrauen der Kunden in einen Service beeinflussen. Mulfin Trade...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Silicon Valley dominierte Big Tech – Europas Chance heißt Deep Tech
06.06.2025

Während Europa an bahnbrechenden Technologien tüftelt, fließt das große Geld aus den USA. Wenn Europa jetzt nicht handelt, gehört die...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Verteidigung der Zukunft: Hensoldt rüstet Europa mit Hightech auf
06.06.2025

Kaum ein Rüstungsunternehmen in Europa hat sich in den vergangenen Jahren so grundlegend gewandelt wie Hensoldt. Aus einer ehemaligen...

DWN
Politik
Politik Trump gegen Europa: Ein ideologischer Feldzug beginnt
06.06.2025

Donald Trump hat Europa zum ideologischen Feind erklärt – und arbeitet systematisch daran, den Kontinent nach seinen Vorstellungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Die wertvollsten Marken der Welt: Top 5 fest in US-Hand
06.06.2025

Während die Weltwirtschaft stagniert, explodieren die Markenwerte amerikanischer Konzerne. Apple regiert unangefochten – China und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Star-Investorin: „Wir erleben eine neue Generation von KI-Gründern“
06.06.2025

US-Chaos, Trump und Kapitalflucht: Europas KI-Talente kehren dem Silicon Valley den Rücken – und bauen die Tech-Giganten der Zukunft vor...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Konjunkturprognose unter Druck: Wie der Zollstreit Deutschlands Exporte trifft
06.06.2025

Zölle, Exporteinbrüche und schwache Industrieproduktion setzen Deutschlands Wirtschaft zu. Die aktuelle Konjunkturprognose gibt wenig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Internationale Handelskonflikte: So schützen sich exportorientierte KMU
06.06.2025

Ob Strafzölle, Exportverbote oder politische Sanktionen – internationale Handelskonflikte bedrohen zunehmend die Geschäftsmodelle...

DWN
Panorama
Panorama Musk gegen Trump: Politische Zweckbeziehung artet in öffentlichen Machtkampf aus – die Tesla-Aktie leidet
06.06.2025

Elon Musk und Donald Trump galten als Zweckbündnis mit Einfluss – doch nun eskaliert der Streit. Was steckt hinter dem Zerwürfnis der...