Politik

Analyst: US-Flüssiggas kann Gas aus Russland nicht verdrängen

Flüssiggas aus den USA wird nach Einschätzung von Analysten keine dominante Rolle auf dem europäischen Energiemarkt spielen.
27.07.2018 00:50
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die US-Exporte von Flüssiggas (LNG) erreichten im Jahr 2017 1,94 Milliarden Kubikfuß pro Tag (Bcf/d). Ein Jahr zuvor lag dieser Anteil bei 0,5 Bcf/d. Die US-amerikanischen LNG-Exporte gingen in 25 Länder und wurden ausschließlich vom LNG-Terminal Sabine Pass in Louisiana geliefert, berichtet die US-Energieagentur EIA. 53 Prozent der US-LNG-Exporte wurden 2017 in drei Länder geliefert: Mexiko, Südkorea und China. Mexiko erhielt den größten Anteil an US-LNG-Exporten mit 20 Prozent des Gesamtvolumens im Jahr 2017.

Die europäischen Länder erhielten nach den asiatischen Ländern und Mexiko den drittgrößten Anteil an US-LNG. Damit war Europa der drittgrößte Exportmarkt für US-LNG. LNG-Importe in mehreren europäischen Ländern stiegen 2017 an. sie wurden angetrieben von einer erhöhten Nachfrage, hauptsächlich, wie in Mexiko, aus dem Stromerzeugungs-Sektor. Im Jahr 2017 exportierten die USA 12,4 Millionen Tonnen LNG, ein deutlicher Anstieg gegenüber den 3,1 Millionen Tonnen LNG-Export im Jahr 2016, so McKinsey Energy Insights.

Die USA haben in Europa bisher Portugal, die Türkei, Italien und Spanien mit LNG beliefert, berichtet das US-Energieministerium. Es erfolgten auch vereinzelte Lieferungen an Polen und Litauen. Politifact führt aus: „Die Top-Erdgaslieferanten nach Europa, entweder über Pipelines oder LNG, sind in dieser Reihenfolge: Russland, Norwegen, Algerien, Katar, Nigeria, Aserbaidschan, Libyen, Trinidad und Tobago und Peru. Selbst für Polen und Litauen, die in diesem Jahr amerikanische Lieferungen erhalten haben, sind die führenden LNG-Lieferanten derzeit Katar und Norwegen”. Daraus folgt, dass die USA nicht nur mit Russland, sondern auch mit Norwegen und vor allem Katar als LNG-Lieferanten konkurrieren.

Auf eine Anfrage der Deutschen Wirtschaftsnachrichten, ob US-LNG eine Konkurrenz für das Pipeline-Gas aus Russland werden könnte, sagte Eugen Weinberg von der Commerzbank: „Es ist mir bewusst, dass Medien und die Politik meinen, LNG-Gas aus den USA sei ein großer Konkurrent zum russischen Gas und deshalb seien die Sanktionen auch als Handelskrieg zu werten. Ich würde diesen Effekt nicht überbewerten. Denn auch ohne Nord Stream 2 würden die USA Flüssiggas (LNG) nach Europa liefern. Allerdings wird der Effekt von US-LNG im gesamten Energiemix recht gering sein. Zum anderen aber wird auch Russland weiterhin Erdgas nach Europa im gleichen Umfang liefern. Natürlich ist LNG aus den USA eine Konkurrenz für russisches Gas, doch sind die Dimensionen überhaupt nicht vergleichbar. LNG aus den USA wird einen kleinen Einfluss haben und dürfte eher den Konkurrenzkampf um europäische Kunden stärken.”

US-LNG teurer als russisches Gas

Die Brookings Institution führt in einem Bericht aus, dass LNG grundsätzlich teurer sei als russisches Gas. Die US-Denkfabrik wörtlich: „Wir sind der Ansicht, dass der Markt angesichts rückläufiger Inlandsproduktion in Großbritannien und den Niederlanden und rückläufiger Produktion in wichtigen Lieferländern wie Norwegen und Algerien zunehmend dazu führen wird, dass die russische Erdgasversorgung diese Versorgungslücke schließt. Dies liegt daran, dass LNG teurer ist und es viele Jahre dauern wird, bis andere wettbewerbsfähige Vorräte, beispielsweise aus der kaspischen Region, auf den Markt kommen.”

Oilprice.com bestätigt, dass US-LNG im Vergleich zu russischem Gas einen Kostennachteil aufweist. Das Magazin wörtlich: „Unter Zugrundelegung eines Henry-Hub-Gaspreises von 2,85 US-Dollar / MMBtu (MMBBtu umschreibt den Erdgaspreis an der Börse und bedeutet Millionen British Thermal Unit, Anm. d. Red.) als Basis schätzte Gazprom vor kurzem, dass die Kosten für die Verarbeitung und den Transport von LNG aus den USA in Europa 6,0 US-Dollar / MMBtu oder höher angesiedelt sein müssten - ein steiler Preisaufschlag (...) Russisches Gas wird auf den europäischen Märkten für rund 5,0 US-Dollar / MMBtu verkauft und könnte in Zukunft sogar zu niedrigeren Preisen gehandelt werden, da Gazprom die Ölpreisindexierung der Ware aufhebt.”

„Russland liefert 100 Prozent oder fast 100 Prozent der Erdgasimporte in einigen Ländern Mittel- und Südosteuropas, darunter Estland, Lettland, Bulgarien, die Slowakei, Finnland und bis vor kurzem Litauen”, sagte Jason Bordoff, Direktor von am Zentrum für Globale Energiepolitik der Columbia University Politifact.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Saab-Aktie: Neue Drohnenkiller-Rakete Nimbrix soll den Markt revolutionieren
31.08.2025

Saab hat eine neue Waffe entwickelt, die Drohnen und ganze Schwärme zerstören soll. Mit dem Projekt „Nimbrix“ hofft der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zwischen Stagnation und Rezession: Was es konkret heißt, dass die deutsche Wirtschaft schrumpft
31.08.2025

Deutschlands Wirtschaft steckt weiter fest: Das Bruttoinlandsprodukt schrumpft stärker als erwartet, die Rezession dauert an. Während...

DWN
Immobilien
Immobilien House Flipping: Wie Sie mit sanierungsbedürftigen Objekten Geld machen können
31.08.2025

Der USA-Trend findet auch hierzulande immer mehr Anklang: Beim House Flipping geht es darum, möglichst günstig Immobilien zu erwerben,...

DWN
Technologie
Technologie Fachkräftemangel? Roboter bauen schon heute Häuser – schneller, günstiger, sicherer
31.08.2025

Die Baustelle der Zukunft: Roboter, Drohnen und autonome Helfer übernehmen Aufgaben rund um den Bau – präzise, effizient und 24 Stunden...

DWN
Politik
Politik Was will Trump, der „amerikanische Erdogan“?
31.08.2025

Donald Trump greift die Fed und Amerikas Institutionen frontal an – mit Folgen, die weit über die USA hinausreichen. Droht Europa ein...

DWN
Politik
Politik Trump-Krise: Rebellion im Herzen der MAGA-Bewegung
31.08.2025

Donald Trump sieht sich mit der größten internen Rebellion seiner Amtszeit konfrontiert. Der Epstein-Skandal droht, seine Machtbasis in...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienerwerb: Umfrage offenbart Wissenslücken beim Immobilienkauf
31.08.2025

Der Kauf eines Hauses oder einer Wohnung kann schnell Hunderttausende Euro kosten, doch viele Menschen kennen wichtige Bedingungen nicht....

DWN
Finanzen
Finanzen Polen setzt auf Atomenergie: Orlen verspricht den Bau des ersten SMR-Reaktor Europas
31.08.2025

Polen baut Europas ersten Small Modular Reactor (SMR) vom Typ BWRX-300. Während Warschau auf Kernkraft setzt, könnte Deutschland bald...